Nach der Trockenheit kommt der Frost
Obstbauern am bayerischen Bodensee bleibt zu Saisonbeginn nichts erspart – Sie kommen glimpflich davon
- Man könnte meinen, den Obstbauern bliebe in diesem Jahr zu Saisonbeginn nichts erspart. Wochenlange Trockenheit mit viel Sonne, dann ein Wintereinbruch und schließlich noch eine Frostnacht. Da könnte ja nicht mehr viel übrig bleiben von dem, was dann als Bodenseeobst in den Regalen und in den Hofläden so beliebt ist.
Doch der Lindauer Florian Nüberlin sieht das Ganze gelassen, zumindest bis jetzt. „Die Trockenheit hat bei uns im Lindauer Raum keine so tragischen Folgen wie anderswo“, sagt er. Sein Kollege Philipp Erletz bestätigt das. Dank der Bodenbeschaffenheit seien nur die ersten fünf Zentimeter ausgetrocknet gewesen, darunter habe der Boden noch Feuchtigkeit gehabt. Weiter unten am See, im baden-württembergischen Teil, wo der Boden kieshaltiger sei, sähe die Situation schon wieder ganz anders aus, der Boden dort könne Feuchtigkeit nicht so gut speichern. Das war die Situation noch bis vor einer Woche.
Mit der Rückkehr des Winters wuchsen dann die Sorgen, was der nun anrichten könnte. „Wirklich Sorgen mussten wir uns für die Nacht vom Sonntag auf Montag machen“, blickt Florian Nüberlin zurück. Da war es klar, dass Frost kommen würde. Die beiden Nächte zuvor bestand zwar die Gefahr, „aber zum Glück war der Himmel bedeckt, was uns in die Karten spielte“, sagt der Obstbauer. Was seine Plantagen betrifft, sank die Temperatur denn auch in der fraglichen Nacht auf lediglich minus zwei, zweieinhalb Grad, was beim derzeitigen Stand seiner Pflanzen und Bäume kein Problem darstellte. „Das Gute in der Trockenphase war, dass die Nächte stets kühl waren. Das hat den Austrieb gebremst, was sich als sehr vorteilhaft gezeigt hat“, fügt Nüberlin hinzu. Kollegen aus Kressbronn und vor allem Markdorf, mit denen er in Kontakt stehe, habe es allerdings wesentlich härter getroffen, erzählt er weiter. Bei dem in Markdorf ist vermutlich die gesamte Xenia-Birne dieses Jahr ein Totalausfall, denn die hätten zwischen minus vier und minus fünf Grad in der Nacht gehabt. Wobei man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genau abschätzen könne, wie groß der Schaden wirklich ist. „Wir hatten ja 2018 auch fast Totalausfall, gut 90 Prozent waren erfroren. Aber die restlichen zehn Prozent ergaben einen brauchbaren Ertrag“, erinnert er sich.
Philipp Erletz meint dazu: „Wichtig ist, dass die sogenannte Königinblüte, die mittlere der Fünfergruppen, durchkommt. Aus der kommt die beste Frucht. Das ist auch die erste, die blüht und die erste, die verblüht.“Das erklärt, warum vermeintlich inmitten der Blüte die Traktoren durch die Reihen fahren und die Blüte auslichten, denn die wichtigste hat ja dann bereits geblüht.
Während Nüberlin und die allermeisten anderen in der Nacht zu Montag lediglich die Thermometer im Auge behielten, hatte Philipp Erletz vorsorglich alles für nächtliche Rauchfeuer vorbereitet und setzte die schließlich auch ein, etwa in der Plantage zwischen Schönau und Bodolz. Unter Planen habe das sehr gut funktioniert, meint er, morgens fuhr er dann regelmäßig mit einer Art Nebelwerfer durch die Reihen. Der Nebel aus extrem nassem Brennmaterial legte sich seiner Schilderung nach auch schon in den Kirschbäumen fest und schützte so vor Minustemperaturen. In einer anderen Plantage, die nicht so exponiert liegt und in der er kein Rauch einsetzte, habe er kurz kontrolliert. Da sei aber nur sehr wenig kaputt gegangen, erzählt er erleichtert. Eine weitere Obstanlage, die auch vom Frost gefährdet worden war, habe er ebenfalls eingeräuchert. „Ich würde ja sofort beregnen in solchen Nächten, wenn das nur genehmigt würde“, klagt er mit Blick auf mögliche Belästigungen aufgrund des Rauchs in den umliegenden Gemeinden. Aber da stellten sich die Behörden quer, sagt er. So bleibt nur der etwas neidische und sehnsüchtige Blick auf die württembergischen Nachbarn, bei denen diese Technik, mit feiner Berieselung die Knospen und notfalls die Blüten unter Eis zu setzen und dadurch zu schützen, ziemlich verbreitet ist.
Nun stehen regnerische Tage mit wärmeren Nächten bevor. Die kommende Woche könnte wieder sonnig und trocken werden. Frostgefahr scheint also in der nächsten Zeit keine vorhanden zu sein. Was den Obstbauern die letzten Sorgenfalten aus dem Gesicht bügeln würde, denn in der nächsten Zeit wird wohl die Blüte mit voller Kraft austreiben.
Philipp Erletz zieht noch ein kleines Zwischenfazit: „Wir haben vom aktuellen Stand der Vegetation ein eher normales Jahr, wie es früher normal war. In den vergangenen Jahren zog sich der Beginn der Blüte um gut zwei Wochen nach vorne, was die Gefahr von Nachtfrösten während der Blüte massiv erhöht hatte.“Somit sollte einer erfolgreichen Blüte wohl nicht mehr so viel entgegenstehen.
Obstbauer Florian Nüberlin