Lindauer Zeitung

Nach der Trockenhei­t kommt der Frost

Obstbauern am bayerische­n Bodensee bleibt zu Saisonbegi­nn nichts erspart – Sie kommen glimpflich davon

- Von Christian Flemming

- Man könnte meinen, den Obstbauern bliebe in diesem Jahr zu Saisonbegi­nn nichts erspart. Wochenlang­e Trockenhei­t mit viel Sonne, dann ein Wintereinb­ruch und schließlic­h noch eine Frostnacht. Da könnte ja nicht mehr viel übrig bleiben von dem, was dann als Bodenseeob­st in den Regalen und in den Hofläden so beliebt ist.

Doch der Lindauer Florian Nüberlin sieht das Ganze gelassen, zumindest bis jetzt. „Die Trockenhei­t hat bei uns im Lindauer Raum keine so tragischen Folgen wie anderswo“, sagt er. Sein Kollege Philipp Erletz bestätigt das. Dank der Bodenbesch­affenheit seien nur die ersten fünf Zentimeter ausgetrock­net gewesen, darunter habe der Boden noch Feuchtigke­it gehabt. Weiter unten am See, im baden-württember­gischen Teil, wo der Boden kieshaltig­er sei, sähe die Situation schon wieder ganz anders aus, der Boden dort könne Feuchtigke­it nicht so gut speichern. Das war die Situation noch bis vor einer Woche.

Mit der Rückkehr des Winters wuchsen dann die Sorgen, was der nun anrichten könnte. „Wirklich Sorgen mussten wir uns für die Nacht vom Sonntag auf Montag machen“, blickt Florian Nüberlin zurück. Da war es klar, dass Frost kommen würde. Die beiden Nächte zuvor bestand zwar die Gefahr, „aber zum Glück war der Himmel bedeckt, was uns in die Karten spielte“, sagt der Obstbauer. Was seine Plantagen betrifft, sank die Temperatur denn auch in der fraglichen Nacht auf lediglich minus zwei, zweieinhal­b Grad, was beim derzeitige­n Stand seiner Pflanzen und Bäume kein Problem darstellte. „Das Gute in der Trockenpha­se war, dass die Nächte stets kühl waren. Das hat den Austrieb gebremst, was sich als sehr vorteilhaf­t gezeigt hat“, fügt Nüberlin hinzu. Kollegen aus Kressbronn und vor allem Markdorf, mit denen er in Kontakt stehe, habe es allerdings wesentlich härter getroffen, erzählt er weiter. Bei dem in Markdorf ist vermutlich die gesamte Xenia-Birne dieses Jahr ein Totalausfa­ll, denn die hätten zwischen minus vier und minus fünf Grad in der Nacht gehabt. Wobei man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genau abschätzen könne, wie groß der Schaden wirklich ist. „Wir hatten ja 2018 auch fast Totalausfa­ll, gut 90 Prozent waren erfroren. Aber die restlichen zehn Prozent ergaben einen brauchbare­n Ertrag“, erinnert er sich.

Philipp Erletz meint dazu: „Wichtig ist, dass die sogenannte Königinblü­te, die mittlere der Fünfergrup­pen, durchkommt. Aus der kommt die beste Frucht. Das ist auch die erste, die blüht und die erste, die verblüht.“Das erklärt, warum vermeintli­ch inmitten der Blüte die Traktoren durch die Reihen fahren und die Blüte auslichten, denn die wichtigste hat ja dann bereits geblüht.

Während Nüberlin und die allermeist­en anderen in der Nacht zu Montag lediglich die Thermomete­r im Auge behielten, hatte Philipp Erletz vorsorglic­h alles für nächtliche Rauchfeuer vorbereite­t und setzte die schließlic­h auch ein, etwa in der Plantage zwischen Schönau und Bodolz. Unter Planen habe das sehr gut funktionie­rt, meint er, morgens fuhr er dann regelmäßig mit einer Art Nebelwerfe­r durch die Reihen. Der Nebel aus extrem nassem Brennmater­ial legte sich seiner Schilderun­g nach auch schon in den Kirschbäum­en fest und schützte so vor Minustempe­raturen. In einer anderen Plantage, die nicht so exponiert liegt und in der er kein Rauch einsetzte, habe er kurz kontrollie­rt. Da sei aber nur sehr wenig kaputt gegangen, erzählt er erleichter­t. Eine weitere Obstanlage, die auch vom Frost gefährdet worden war, habe er ebenfalls eingeräuch­ert. „Ich würde ja sofort beregnen in solchen Nächten, wenn das nur genehmigt würde“, klagt er mit Blick auf mögliche Belästigun­gen aufgrund des Rauchs in den umliegende­n Gemeinden. Aber da stellten sich die Behörden quer, sagt er. So bleibt nur der etwas neidische und sehnsüchti­ge Blick auf die württember­gischen Nachbarn, bei denen diese Technik, mit feiner Berieselun­g die Knospen und notfalls die Blüten unter Eis zu setzen und dadurch zu schützen, ziemlich verbreitet ist.

Nun stehen regnerisch­e Tage mit wärmeren Nächten bevor. Die kommende Woche könnte wieder sonnig und trocken werden. Frostgefah­r scheint also in der nächsten Zeit keine vorhanden zu sein. Was den Obstbauern die letzten Sorgenfalt­en aus dem Gesicht bügeln würde, denn in der nächsten Zeit wird wohl die Blüte mit voller Kraft austreiben.

Philipp Erletz zieht noch ein kleines Zwischenfa­zit: „Wir haben vom aktuellen Stand der Vegetation ein eher normales Jahr, wie es früher normal war. In den vergangene­n Jahren zog sich der Beginn der Blüte um gut zwei Wochen nach vorne, was die Gefahr von Nachtfröst­en während der Blüte massiv erhöht hatte.“Somit sollte einer erfolgreic­hen Blüte wohl nicht mehr so viel entgegenst­ehen.

Obstbauer Florian Nüberlin

 ?? FOTO: CHRISTIAN FLEMMING ?? Philipp Erletz bekämpft mit seinen Mitarbeite­rn in einer Kirschplan­tage den Frost mit Feuer und Rauch.
FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Philipp Erletz bekämpft mit seinen Mitarbeite­rn in einer Kirschplan­tage den Frost mit Feuer und Rauch.

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