Sonderkommission befragt alte und neue Zeugen
Brandanschlag von 1990 in Kempten: Ermittler gehen nach wie vor Hinweisen aus der Fernsehsendung „Aktenzeichen XY ungelöst“nach
(sih) - Im November 1990 bricht in einem Mehrfamilienhaus in Kempten ein Feuer aus. Ein fünfjähriger türkischstämmiger Junge stirbt an einer Rauchvergiftung, 27 Menschen werden obdachlos: Lange Zeit war der Fall in Vergessenheit geraten, die Ermittlungen wegen vorsätzlicher Brandstiftung gegen Unbekannt wurden knapp zwei Jahre nach dem Vorfall eingestellt. Die Täter waren Zeitzeugen zufolge offenbar innerhalb der türkischen Gemeinschaft gesucht worden. Im Jahr 2020 wurde das Verfahren nach Anfragen der Presse wieder aufgenommen – eine Sonderkommission ermittelt seither wegen Mordes. Dabei geht es auch um ein Bekennerschreiben der „Anti-Kanaken-Front Kempten“, das einen ausländerfeindlichen Hintergrund der Tat in den Fokus rückt.
Anfang dieses Jahres wurde der Fall in der ZDF Fernsehsendung „Aktenzeichen XY ungelöst“vorgestellt. Dabei wurde auch auf das Schreiben eingegangen, in dem unter anderem steht: „Wir werden nicht ruhen, bis Kempten von allen undeutschen Kreaturen befreit ist.“Auch ist darin zu lesen, dass Kempten die erste Stadt sein werde, die „nicht von Schwulen, Linken, Ausländern und anderen Schweinen geplagt“werde.
„In und nach der Sendung gingen Hinweise im unteren zweistelligen Bereich ein, die aktuell weiter abgearbeitet werden“, sagt Florian Weinzierl,
Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München. Dort ist der Fall bei der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus angesiedelt. Angaben zur Wertigkeit der Hinweise sind laut Weinzierl noch nicht möglich. Generell sagt er zum aktuellen Stand der Dinge, die eingesetzte Sonderkommission sei noch immer tätig. Ermittlungen werden „weiterhin in alle Richtungen geführt“. „Hierbei werden, soweit möglich, die ,alten’ Zeugen erneut vernommen, natürlich aber auch ,neue’ Zeugen befragt, um eine umfassende Bewertung zu ermöglichen.“
Florian Weinzierl, Sprecher der
Generalstaatsanwaltschaft