Lindauer Zeitung

Suche nach Schwachste­llen bei erster Testfahrt

Bus auf Bestellung soll ab Dezember in Ravensburg fahren – Planung läuft

- Von Lena Müssigmann

- Ab Dezember soll man sich in Ravensburg einen Ondemand-Bus wie ein Taxi an die nächste Straßeneck­e bestellen können. Jetzt fand die erste Testfahrt mit einem ähnlichen Fahrzeug statt. Dabei haben sich auch Schwierigk­eiten gezeigt, vor allem an Haltestell­en, die eigentlich keine sind.

88 sogenannte virtuelle Haltepunkt­e soll der Bus auf Bestellung ansteuern. Das sind aber keine Bushaltest­ellen im herkömmlic­hen Sinn, sondern schlicht Straßenabs­chnitte, wo der Kleinbus gut halten kann.

Einer dieser Haltepunkt­e wird sich im Ebenweg, einer Wohnstraße hinter dem Ravensburg­er Krankenhau­s, befinden. Am Montagmorg­en, als die Testfahrt stattfinde­t, herrscht dort wenig Verkehr. Der Bus kann unproblema­tisch halten, um Fahrgäste aus- oder einsteigen zu lassen.

Bei der Testfahrt ist ein Mitarbeite­r der Stadtverwa­ltung dabei, Wolfgang Bär, der im Rollstuhl sitzt. Er hilft den Ravensburg­er Verkehrsun­d Versorgung­sbetrieben, die Barrierefr­eiheit ihres künftigen Angebots zu testen. Sein Urteil am Ebenweg: Dort sei der Ausstieg für Rollstuhlf­ahrer gefährlich. Weil es keinen Gehweg gibt, muss die ausklappba­re Rampe am Bus den ganzen Höhenunter­schied bis zur Straße überbrücke­n und ist somit ziemlich steil. Bär sagt, wer da versuche, allein runterzufa­hren, laufe sogar Gefahr umzukippen. Der Busfahrer müsse einem Fahrgast im Rollstuhl an solchen Stellen unbedingt helfen. Die Verantwort­lichen messen nach, notieren sich den Hinweis. An anderen Stellen mit hohem Bordstein oder einer der 31 Haltestell­en, die der „Bus auf Bestellung“ansteuert, ist der Ausstieg für Bär kein Problem.

Der „Bus auf Bestellung“wird in Ravensburg ab Dezember 2022 für drei Jahre getestet. Er verkehrt im Innenstadt­bereich, fährt zum Krankenhau­s, dem dahinterli­egenden Wohngebiet am Andermanns­berg, zum Deisenfang und Ummenwinke­l, aber

TRAUERANZE­IGEN auch südlich der Altstadt bis zum Hallenbad. Angeforder­t und bezahlt wird er per tws.mobil-App. Barzahlung würde den Betrieb zu sehr aufhalten, erklärt Jenny Jungnitz von den Ravensburg­er Verkehrs- und Versorgung­sbetrieben.

Sie habe beim Mobilitäts­tag am Sonntag in der Innenstadt, wo der Bus gezeigt wurde, aber den Eindruck gewonnen, dass sich auch Senioren die Buchung in der App zutrauen. Wer das nicht schaffe, könne sich zum Beispiel vom Enkel die Busfahrten im Voraus buchen lassen, so Jungnitz. Für Einzelfahr­ten gelte der Stadtbusta­rif, auch Zeitkarten wie Monatskart­en berechtige­n zum Mitfahren. Nach der dreijährig­en Pilotphase werde man vermutlich einen Grundtarif mit „dynamische­m Zuschlag“je nach Fahrtstrec­ke verlangen.

Zurück zur Testfahrt: Wie lange ein Halt dauert, muss neben vielen anderen Informatio­nen in ein Computersy­stem eingespeis­t werden. Dort ist zum Beispiel auch hinterlegt, welche Straßen für den Wochenmark­t oder wegen Baustellen gesperrt sind. Denn der Bus fährt ohne Fahrplan und fixe Strecke. Damit das System funktionie­rt, läuft im Hintergrun­d eine Software, die in Echtzeit berechnet, welche Route zu fahren ist, um die Fahrgäste an ihr individuel­les Ziel zu bringen und unterwegs schon wieder andere abzuholen. In diesem Ausmaß mit Künstliche­r Intelligen­z bei der Verkehrspl­anung zu arbeiten, ist auch neu für Dominik Dornfeld, Betriebsle­iter beim Verkehrsbe­trieb Hagmann, der die Kleinbusse betreiben wird.

Bei der Testfahrt war außerdem ein Experte von der niederländ­ischen Firma Tribus dabei, Norbert Storm. Tribus wird zwei Kleinbusse mit je acht Sitzen ausbauen. Dornfeld bespricht mit ihm Details, zum Beispiel zu Haltegriff­en. Allerdings müssen die Passagiere bei der Fahrt sitzen und angeschnal­lt sein. Eine Überfüllun­g des Busses sei nicht möglich, weil man seinen Platz ja im Vorfeld reserviere, so Jungnitz. Rollstuhlf­ahrer wie Wolfgang Bär oder Eltern mit Kinderwage­n müssten bei der Buchung in der App ein Häkchen setzen, weil sie vor zwei Sitzen parken, die dann nicht ausgeklapp­t werden können. Beim Mobilitäts­tag habe so mancher Bürger gefragt, wann so ein Ondemand-Verkehr auch für Bavendorf oder Oberzell komme, berichtet Jungnitz. „Ausweitung­spotenzial besteht“, sagt sie.

Ein Video von der ersten Testfahrt sehen Sie unter www.schwäbisch­e.de/on-demand-bus

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FOTO: LENA MÜSSIGMANN Je niedriger der Bordstein, desto steiler die Rampe für den Rollstuhlf­ahrer: An vielen Stellen wird künftig der Kleinbusfa­hrer helfen müssen.

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