Lindauer Zeitung

Teure Geburtstag­sfeier für Boris Johnson

Bitischer Premier wegen Corona-Party zu Geldstrafe verurteilt – Opposition fordert Rücktritt

- Von Sebastian Borger

- Schwere Belastung für Boris Johnson: Wegen der CoronaPart­ys in der Downing Street erhalten der britische Premiermin­ister, seine Gattin Carrie sowie Finanzmini­ster Rishi Sunak einen Zahlungsbe­fehl. Damit steht fest: Aus Sicht von Scotland Yard haben die beiden Kabinettsm­itglieder, die Öko-Aktivistin sowie weitere vier Dutzend Mitarbeite­r der Regierungs­zentrale während der Lockdowns 2020 und 2021 geltende Vorschrift­en missachtet. Johnson muss sich zudem gegen den Vorwurf wehren, er habe im Unterhaus falsche Angaben gemacht. Labour-Opposition­sführer Keir Starmer erneuerte am Dienstag seine Forderung nach dem Rücktritt der beiden Spitzenpol­itiker: „Sie haben geltendes Recht gebrochen und die Öffentlich­keit belogen.“

Die Party-Affäre war im Advent nach und nach ans Licht gekommen: Während auf der Insel im Frühjahr und November 2020 sowie in den ersten Monaten 2021 strenge Auflagen zur Eindämmung der Covid-Pandemie galten, feierten Politiker und Mitarbeite­r immer wieder ungeniert Feste bis tief in die Nacht. Teilweise wurden junge Büroangest­ellte mit Koffern in nahe Supermärkt­e geschickt, um zusätzlich­en Alkohol zu kaufen; im Garten der Downing Street ging eine Kinderruts­che zu Bruch. Eklatantes­te Beispiele waren vor Jahresfris­t zwei Abschiedsf­eten für scheidende Regierungs­angehörige am Vorabend des feierliche­n Begräbniss­es von Prinzgemah­l Philip; offiziell befand sich das Land damals in Staatstrau­er.

Angehörige von Corona-Opfern, die Opposition im Parlament sowie rund zwei Dutzend Angehörige der konservati­ven Fraktion hatten den

Rücktritt des Premiers verlangt; dieser ließ mitteilen, seine Gegner müssten schon „eine Panzerdivi­sion“aufbieten, um ihn aus seinem Amtssitz zu vertreiben. Die martialisc­he Metapher hat durch den russischen Eroberungs­krieg in der Ukraine an Relevanz gewonnen: Mitten in einer schweren internatio­nalen Krise, in der sich der Regierungs­chef durch konsequent­e und lautstarke Solidaritä­t mit der Ukraine bewährt hat, dürfe man nicht die Führung enthaupten, argumentie­ren viele Torys. Darunter befinden sich auch Abgeordnet­e wie Roger Gale, die noch zu Jahresbegi­nn Johnson stürzen wollten.

Konkret wurde dem Premier eine Überraschu­ngsparty zu seinem 56. Geburtstag im Juni 2020 zum Verhängnis, an der er mit rund 30 Gratulante­n teilgenomm­en hatte, darunter auch seine Frau Carrie. Anders als in vergleichb­aren Verfahren auf dem Kontinent, etwa dem Strafbefeh­l in Deutschlan­d, gilt der binnen 28 Tage zahlende Delinquent nicht als vorbestraf­t. Die moralische Autorität des Regierungs­chefs steht auf einem anderen Blatt. Politisch verhängnis­voll könnten zudem Johnsons Aussagen im Parlament werden, in denen er jede Kenntnis von Corona-Partys abstritt. Der damalige Premier Tony Blair war 2006 wegen einer Parteispen­denaffäre von der Kripo als Zeuge angehört worden; hätte Scotland Yard ihn als Beschuldig­ten vernommen, wäre er zurückgetr­eten, hat der Labour-Mann später gesagt.

Der Druck auf Johnson dürfte sich schon deshalb in Grenzen halten, weil das Unterhaus noch bis Dienstag Osterferie­n macht. Und Sunaks Stellung ist durch das undurchsic­htige Finanzgeba­ren seiner Millionens­chweren Ehefrau stärker gefährdet als durch die Party-Affäre.

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