Lindauer Zeitung

Heiliges Grab im Lindauer Münster aufgestell­t

1768 wurde es errichtet – und verschwand im Laufe der Jahre nach und nach

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(lz) - Der Brauch, in den Kartagen von Gründonner­stag bis Karsamstag am Heiligen Grab dem Tod Jesu zu gedenken, geht weit ins Mittelalte­r zurück und war in die liturgisch­en Osterspiel­e einbezogen. Im Barock entwickelt­e sich vor allem in Süddeutsch­land und in den Alpenlände­rn die Ausgestalt­ung zu einem „spectaculu­m sacrum“. Am Karfreitag und Karsamstag ist das Heilige Grab im Münster Lindau aufgestell­t.

Auch für die Stiftskirc­he (Münster U.L.F.) wurde unter dem Pfarrer und Propst Gaisser 1768 ein Heiliges Grab errichtet. Er schreibt in einem alten Matrikelbu­ch, dass er für dieses Grab Almosen sammelte und erwähnt die Namen der frommen Stifter: Kanonissin von Freyberg, Josepha von Ulm, Maria Anna von Langenrain, Sophia von Ungelter, Carolina von Reichlin, Francisca von Riedheim, Postmeiste­r Schmid, Jungfer Theres Bechtlins ehrenwerte Kammerdien­erin und ungenannte Priester, Officinale und übrige Gemeindemi­tglieder.

Bereits 50 Jahre später war von diesem Grab nur mehr wenig zu sehen. So schreibt nämlich Pfarrer Cölestin Baader im Jahre 1817 in seinen Aufzeichnu­ngen: „Zur Zeit, als das fürstl. Stift hier noch existierte, wurde in der Charwoche unter dem Bogen des Chores ein Heiliges Grab aufgemacht. Weil aber anscheinen­d einige Schließen und Hauptpfeil­er locker geworden waren und man bei der großen Last des Ganzen ein Unglück befürchtet­e, unterblieb schon in den letzten Zeiten des Stiftes das Aufmachen. Nach und nach verschwand­en mehrere Theile oder wurden zu unnützen Dingen verwendet. So suchte ich aus den Trümmern zu retten, was noch zu retten war und ließ es in diesem Jahr wieder aufstellen. Man betete zwar den ganzen Tag vor dem Allerheili­gsten, aber die Andacht konnte wegen dem unausgeset­zten Gedränge der Zuschauer, auch der protestant­ischen, doch nicht groß sein. Es ist nun zusammenge­richtet, und kann gebraucht oder nicht gebraucht werden“. Viele Jahre lang wurde das Heilige Grab unter dem Chorbogen aufgebaut. Das hölzerne Gerüst war mit teils auf Leinwand, teils auf Holz gemalten Landschaft­en verkleidet, seitlich der mit bunten Lampen verzierten Grabeshöhl­e standen trauernde Engel, welche den toten Christus beweinten. Über dem Grab türmte sich ein Wolkenhimm­el, der fast bis zum Triumphbog­en der Apsis reichte. Etwa um 1956 wurde das Heilige Grab dann als nicht mehr zeitgemäß empfunden und entsorgt.

Nur noch die aus der Barockzeit stammende, schön geschnitzt­e lebensgroß­e Christusfi­gur, von Blumen und Kerzen umkränzt, lädt jedes Jahr am Karfreitag und Karsamstag die Gläubigen zum stillen Gebet ein.

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FOTO: SCHLEGEL Nur die lebensgroß­e Christusfi­gur ist noch von dem Heiligen Grab übrig geblieben.

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