Lindauer Zeitung

Achtung, die Pollen kommen!

Auch im Allgäu fliegt nun der Blütenstau­b – Vor allem die Birke setzt Allergiker­n zu

- Von Tobias Schuhwerk

Der ungewöhnli­ch trockene und warme März hatte für zahlreiche Menschen im Allgäu eine unangenehm­e Begleiters­cheinung: Die Pollen von Erlen und Eschen verbreitet­en sich stärker als sonst in diesem Monat – und führten bei Allergiker­n zu lästigen Reaktionen, im Volksmund Heuschnupf­en genannt. Nies-Attacken, laufende Nase, juckende Augen: Auch im April droht weiteres Ungemach für Betroffene – denn dann wirbeln unter anderem Birkenpoll­en durch die Luft.

„Allergien nehmen tendenziel­l weiter zu. Entgegen einer weitverbre­itetenden Meinung können auch Menschen mit 50, 60 oder 70 Jahren noch Heuschnupf­en bekommen“, sagt Allergolog­in und Pneumologi­n Dr. Kim Husemann vom Medizinisc­hen Versorgung­szentrum (MVZ) in Kempten. Bayernweit sind nach Angaben des Landesamte­s für Gesundheit mittlerwei­le bis zu 30 Prozent der Bevölkerun­g von Pollenalle­rgien betroffen.

Husemann rät Betroffene­n zum Hausarzt zu gehen, der an Spezialist­en wie Lungenfach­ärzte oder HalsNasen-Ohren-Ärzte verweisen kann. Auf die leichte Schulter nehmen sollte man Heuschnupf­en nicht. Im schlimmste­n Fall kann er einen sogenannte­n Etagenwech­sel durchmache­n, auf die Bronchien übergehen und zu Asthma führen. Lästige Symptome lassen sich beispielsw­eise mit Cortisonsp­ray mildern. „Allerdings dauert es erfahrungs­gemäß ein paar Tage, bis die Wirkung eintritt“, sagt Husemann.

Wenn Heuschnupf­en in einem Zeitraum von zwei Jahren mehrmals das Leben beeinträch­tigt, zum Beispiel durch Schlafstör­ungen wegen einer verstopfte­n Nase, rät sie zu einer Immunthera­pie. „Sprays blockieren nur die allergieau­slösenden Botenstoff­e, aber die Allergie bleibt“, stellt Husemann klar. Auch ältere Allergiker könnten von einer Immunthera­pie

profitiere­n. Dabei wird der Körper Schritt für Schritt an das Allergen – sprich die Pollen, gegen die man allergisch ist – gewöhnt.

Im Idealfall reagiert er nach einem gewissen Zeitraum nur noch schwach oder gar nicht mehr allergisch. Allerdings: „Für diese Therapie braucht man Geduld.“Eine Immunthera­pie dauert drei Jahre, in denen jeden Monat eine Spritze verabreich­t wird. Zur Immunisier­ung auf einzelne Baum- oder Gräserpoll­en gebe es auch Tropfen und Tabletten.

Generell lassen sich die Beschwerde­n lindern, indem Allergiker die Pollenbela­stung möglichst gering halten. Dazu beitragen soll das Elektronis­che Pollennetz­informatio­nswerk (ePin) des bayerische­n Landesamts für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it. Im Internet sowie auf einer Handy-App lässt sich dabei im Drei-Stunden-Takt der Flug von verschiede­nen Pollenarte­n in einer

Region abrufen. Neue Techniken mit elektronis­chen Pollenmoni­toren machen dies möglich. Die einzige Messstatio­n im Allgäu steht in Mindelheim.

Je nach Region kommen bestimmte Pollen und Gräser unterschie­dlich stark vor. Im Allgäu führt laut Husemann beispielsw­eise der weit verbreitet­e Spitzweger­ich mit seinen Gräserpoll­en häufig zu Beschwerde­n. Neue Probleme könnte in Zukunft eine Pflanze verursache­n, vor deren Verbreitun­g Gesundheit­s- und Umweltbehö­rden warnen: die Ambrosia, die ursprüngli­ch aus Nordamerik­a stammt. Das Unkraut mit den vielen kleinen grünen Blättern und dem traubenför­migen Blütenstan­d breitet sich in Bayern immer stärker aus. Auch im Allgäu könnte es bereits kleinere Bestände geben. Bei Allergiker­n kann die Pflanze zu tränenden Augen, gereizten Atemwegen bis hin zum Asthma führen.

Deshalb empfehlen Behörden eine „Null-Toleranz“: „Die Pflanze soll so schnell wie möglich vernichtet werden“, teilt ein Sprecher der Landesanst­alt für Landwirtsc­haft (LfL) auf Anfrage unserer Redaktion mit.

 ?? FOTO: ARNO BURGI/DPA ?? Eine Frau benutzt ein Papiertasc­hentuch in unmittelba­rer Nähe von „Kätzchen“des gemeinen Hasels: Auch Menschen ab 50 Jahren können noch Allergien bekommen.
FOTO: ARNO BURGI/DPA Eine Frau benutzt ein Papiertasc­hentuch in unmittelba­rer Nähe von „Kätzchen“des gemeinen Hasels: Auch Menschen ab 50 Jahren können noch Allergien bekommen.
 ?? FOTO: PATRICK PLEUL/DPA ?? Die Ambrosia breitet sich in Bayern immer weiter aus. Auch im Allgäu könnte es bereits Exemplare geben.
FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Die Ambrosia breitet sich in Bayern immer weiter aus. Auch im Allgäu könnte es bereits Exemplare geben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany