Lindauer Zeitung

Irgendwann hat’s klick gemacht

Lisa Schmidt (33) aus Immenstaad hat ihr Körpergewi­cht von über 150 auf 101 Kilo verringert

- Von Jochen Dedeleit

- Ist es eine gute Idee, jemandem, der 50 Kilogramm abgenommen hat und noch nicht am Ende seiner Reise ist, einen selbst gebackenen Kuchen zum Gesprächst­ermin am Sonntagnac­hmittag mitzubring­en? Lisa Schmidt lacht – und gewährt Einlass. Den Kuchen überlässt die 33-Jährige aber ihren Gästen. „Am Anfang war es echt schwer. Die Ernährungs­umstellung, die fünfstündi­ge Pause zwischen den Mahlzeiten, abends keine Kohlenhydr­ate“, sagt die Immenstaad­erin. „Vor allem die fünf Stunden sind knackig. Aber nach vier Wochen hatte ich es intus.“

Beim Ausmisten fand Lisa Schmidt im März vor einem Jahr das Kochbuch „Schlank im Schlaf“von Dr. Detlef Pape. Sie las darin und entschied, „nicht am Montag damit zu beginnen, sondern sofort“. Der Mahlzeiten-Rhythmus und InsulinTre­nnkost seien die vorherrsch­enden Themen, denen sich die gelernte Köchin und jetzige Bürokauffr­au seit einem Jahr bei ihrer Essenzuber­eitung widmet. „Morgens nichts Tierisches, da gibt es ja vegane Ersatzprod­ukte. Abends Eiweiß, Gemüse und Salat. Und mittags darf es auch mal Pizza und zum Nachtisch ein Kuchen sein, da reicht ja auch die Hälfte.

Während sich Lisa Schmidt beim Beginn ihres Unterfange­ns nicht gewogen hat, tut sie es jetzt jeden Tag. „Ich war bei über 150 Kilogramm und bin exakt ein Jahr später bei 101. Seit ein paar Wochen stagniert es, die 100 wollen nicht fallen. Das deprimiert natürlich etwas“, gibt sie zu. „Vielleicht muss ich etwas umstellen, die 80 will ich schon noch erreichen“, sagt sie. Schmidt denkt dabei etwa an Intervallf­asten, „sicher aber nicht an eine Magenverkl­einerung, wie es derzeit von vielen praktizier­t wird“. Wenn nichts mehr weitergehe, würden das viele zum Anlass nehmen, aufzugeben.

Mithilfe einer App hat Lisa Schmidt ihr Abnehmen dokumentie­rt, auch für den Fall, dass sich die Krankenkas­se melden sollte. Bauchund Brustumfan­g gingen jeweils über 20 Zentimeter zurück. Eine Bauchdecke­nstraffung würde sie jetzt schon bekommen, „aber ich bin im Kopf noch nicht am Ziel. Das ist eine große OP, die natürlich auch nochmal zwei bis vier Kilo bringt“, sagt sie. Die 33-Jährige leidet unter einer Schilddrüs­enunterfun­ktion, „ich sage aber nicht, dass ich es deswegen nicht schaffe“.

Schnelles Gehen, zwölf bis 14 Kilometer am Tag, war und ist neben der Ernährungs­umstellung angesagt, auch ein Hometraine­r steht im Wohnzimmer parat. In den ersten zweieinhal­b Monaten purzelten 20 Kilo, danach etwa fünf pro Monat. Einschränk­ungen habe jeder mit einem vergleichb­aren Gewicht, da müsse sich niemand etwas anderes einreden. Vielen sei auch geholfen, wenn sie das Frustessen weglassen würden. „Cheat Days“(SchummelTa­ge) habe sie etwa eine Handvoll im Jahr, das passiere bei stressigen Situatione­n, die es nun einmal bei jedem, auch oder vor allem bei alleinerzi­ehenden Müttern, gibt. „Die sind gut für die Seele, machen sich aber auf der Waage gleich bemerkbar. Viele haben mir deshalb abgeraten, mich täglich zu wiegen – aber das ziehe ich durch“, sagt Schmidt. Was freilich auch zu Reaktionen ihrer Brüder Moritz und Bernd führt („Das triggert mich!“).

Was bei einem derartigen Gewichtsve­rlust zwangsläuf­ig passiert: Vieles wird viel zu groß. „Sogar die Schuhgröße hat sich von 41 auf 39 verringert. Ich war auch früher schon in Geschäften, es hat mich nicht die Bohne interessie­rt, wenn ich schief angeschaut wurde. Aber es war natürlich deutlich schwierige­r, etwas zu finden. Aber auch wenn jemand dick ist, kann er sich hübsch kleiden“, meint die 33-Jährige. Ihrem Sohn Louis sage sie immer, dass er jeden so nehmen solle wie er ist – egal, welche Hautfarbe, welche Größe oder wie viele Narben jemand habe.

Lisa Schmidt hat schon immer mehr gewogen als andere. „Das Essen macht Spaß, das sage ich auch jetzt noch. Aber irgendwann ist der Punkt da, wo es klick macht – egal bei wem.“Es sei schön, dass andere sehen würden, was bei ihr passiere: „Die Bestätigun­g tut gut. Je leichter ich wurde, desto leichter wurde alles. Auch die mittlerwei­le 50 Bahnen im Schwimmbad. Reiten will ich bald mal wieder, aber noch will ich das dem Pferd nicht antun“, sagt Schmidt und muss lachen.

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In die alte Jacke passt Lisa Schmidt mittlerwei­le zusammen mit Sohn Louis.
 ?? FOTO: JOCHEN DEDELEIT ?? Ein beim Ausmisten gefundenes Kochbuch veranlasst Lisa Schmidt vor einem Jahr, ihre Ernährung umzustelle­n.
FOTO: JOCHEN DEDELEIT Ein beim Ausmisten gefundenes Kochbuch veranlasst Lisa Schmidt vor einem Jahr, ihre Ernährung umzustelle­n.

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