Nicht nur „dä Fisch“schrieb Geschichte
Rad-Legende Hennes Junkermann stirbt kurz vor seinem 88. Geburtstag
(SID) - Es war die kleine Tragik einer großen Karriere, dass von Hennes Junkermann statt der beeindruckenden Siege vor allem das Wehklagen über seine schmerzhafteste Niederlage nachwirkte. „Hätt ich misch doch dä Fisch nit jejesse“, jammerte er im schönsten Singsang seiner rheinischen Heimat, nachdem ihn eine Lebensmittelvergiftung den Tour-Sieg 1962 gekostet hatte. Ein Satz für die Radsport-Ewigkeit.
Junkermann ist nun kurz vor seinem 88. Geburtstag gestorben, und mit dem „Jungen aus Krefeld“geht eine der prägendsten Gestalten des deutschen Radsports. Mit Rudi Altig, Karl-Heinz Kunde und Rolf Wolfshohl bildete der starke Bergfahrer mit dem schönen runden Tritt in den goldenen 1960ern ein legendäres Quartett – aus dem nun noch der 83 Jahre alte Wolfshohl lebt.
Junkermanns Profikarriere erstreckte sich über 18 Jahre, und ihre Bilanz beeindruckt: Bei allen drei großen Rundfahrten – Tour de France, Giro, Vuelta – schaffte er es unter die besten Zehn, gleich viermal bei der Tour. Zweimal gewann er die Tour de Suisse (1959 und 1962), dazu die damals ungemein renommierte Meisterschaft von Zürich (1957) und Rund um den Henninger Turm (1963).
Es fehlte nur der alles überragende Erfolg, der Altig 1966 mit dem WM-Titel auf dem Nürburgring gelang (Junkermann stieg damals aus). 1960 und 1961 hatte Junkermann bei der Tour de France als Gesamtvierter und -fünfter brilliert, 1962 lag er bis zur 14. Etappe mit dem großen Franzosen Jacques Anquetil im Kampf um Gelb auf Augenhöhe – doch dann streckten ihn die „Fische von Luchon“nieder.
Am Morgen nach einem Fischgericht in einem Pyrenäenhotel erwachte Junkermann mit hohem Fieber und zerschundenem Magen, gab wie diverse andere meeresmalade
Profis auf. Um die Episode entstand viel Wirbel, Tour-Chef Jacques Goddet sah die beteiligten Fahrer auf der Dopingflucht, der Hotelier drohte wegen Rufschädigung mit Konsequenzen. Junkermann sprach noch viele Jahre später von Sabotage: „Die wollten nicht, dass ein kleiner Deutscher die Tour gewinnt.“
Junkermanns Kritiker monierten zeit seiner Karriere, dass er mit weniger Zaudern und mehr Selbstvertrauen durchaus mehr hätte gewinnen können. „Dat ist alles Quatsch, ich hatte keine Chance, war in den Klauen von denen“, sagte Junkermann angesichts der damaligen Dominanz belgischer und italienischer Profis.
Seine Karriere hatte einen bitteren Schlusspunkt: Mit 38 Jahren hatte sich Junkermann überreden lassen, für das Dortmunder Team Rokado die Tour zu bestreiten. Sie endete mit positivem Dopingtest und Aufgabe wegen Bronchitis – auch diese Episode blieb ohne finale Aufklärung.
Danach wurde Junkermann ein exzellenter Nachwuchstrainer, Stars wie Erik Zabel fanden über ihn den Weg in den Profiradsport. „Den Ete habe ich mir gleich nach der Wende nach Dortmund geholt“, sagte Junkermann.
Bis ins hohe Alter saß er regelmäßig im Sattel, noch als „Ü80“spulte er Tagespensen über 100 Kilometer ab. Erst in den letzten beiden Lebensjahren verließen ihn die Kräfte.