Lindauer Zeitung

Füße räuchern und grüne Suppe kochen

Die Lindauer Kräuterpäd­agogin Petra Moch-Wörner pflegt an Gründonner­stag alte Bräuche

- Von Susi Donner

- Ostern – das wichtigste und älteste Fest der Christen. „Kenn ich. Seit ich klein bin. Was soll es darüber Neues zu erzählen geben?“, mag sich manch einer fragen. Spricht man aber mit der Lindauer Kräuterpäd­agogin Petra Moch-Wörner merkt man schnell: „Es gibt noch so einiges über Ostern zu lernen.“

Im Rhythmus der Natur mitzuschwi­ngen, tut gut – wie Ebbe und Flut kommen und gehen Frühling, Sommer, Herbst und Winter, und die damit verbunden Feste und Traditione­n. Menschen brauchen Rituale, sich zuverlässi­g Wiederhole­ndes. Vom Osterfest ist Petra Moch-Wörner besonders fasziniert. Ostern ist im Jahreslauf ein Mondfest – gefühlvoll, weiblich, sanft und weich.

Der Mond ist dafür zuständig, dass wir Ostern immer an einem anderen Datum feiern: Ostersonnt­ag – heuer recht spät am 17. April, ist der erste Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling. Den Frühlingsb­eginn hat die Kirche für den 21. März festgelegt. Das früheste Osterfest können wir also am 22. März feiern, wenn der 21. März ein Samstag ist, und an diesem Tag Vollmond. Das wird es aber erst im Jahr 2285 wieder geben. Das späteste Osterfest können wir am 25. April feiern, was im Jahr 2038 wieder der Fall sein wird. Der Ostersonnt­ag ist ein Ankerpunkt im Kirchenjah­r – von ihm leitet sich der Zeitpunkt anderer Feiertage ab, wie Christi Himmelfahr­t (der 40. Tag nach Ostern), Pfingsten (der 50. Tag nach Ostern) und Fronleichn­am (der 60. Tag nach Ostern).

Drei Tage vor Ostern ist Gründonner­stag. An diesem Vorabend seines Kreuzestod­es, wusch Jesus seinen Jüngern während des letzten Abendmahls die Füße, und trocknete sie mit einem Tuch ab. Durch dieses Beispiel wollte er zeigen, dass auch die Jünger – stellvertr­etend für alle Menschen – untereinan­der zum Dienen, zur Nächstenli­ebe und zur Demut bereit sein müssen. Diese Geste – sich gegenseiti­g die Füße zu waschen sei mehr als ein wunderschö­nes Ritual, sagt Petra Moch-Wörner, denn in den Füßen, so sage man, sei das ganze Karma gespeicher­t. „Jesus sagte, dass es ein Geschenk Gottes sei, sich gegenseiti­g die Füße zu waschen, und dass er in diesem Moment dabei sei. Das ist ein Kreislauf – Gott-Mensch-Mensch. Wunderschö­n. Alles fließt.“

Sich gegenseiti­g die Füße zu waschen – oder aber zu räuchern – sei ein Liebesbewe­is, der ein großes Gefühl von Frieden und Ruhe bringe. „Sich vor einem anderen Menschen zu verneigen, sich vor ihm hinzuknien, das eint.“Wer sich für das Füße räuchern entscheide­t – vielleicht weil er gerade ein Wärmebedür­fnis verspürt, kann dies mit den neun Kräutern der Gründonner­stagssuppe machen. Gründonner­stagssuppe? Was ist das nun wieder?

Die Neun-Kräuter- oder Donnerstag­ssuppe ist alles andere als ein alter Hut. Petra Moch-Wörner gibt dazu seit zehn Jahren Seminare. Weil die Natur jedes Jahr unterschie­dlich ist, beginnt das Rezept für die Suppe mit dem Satz „Sofern man hat…“, denn es kommt darauf an wie früh Ostern ist, und welche Kräuter die

Natur schon gibt. Löwenzahn, Girsch, Vogelmire, Schafgarbe, Spitzweger­ich, Gänseblümc­hen, Brennnesse­l, Sauerampfe­r, Bärlauch sollen es für die „magische Neun“sein, von der sich vielleicht der Ausruf „ach du grüne Neune“ableitet, dazu auch gerne junge Birkenblät­ter, Pimpinelle, Weidenrösc­hen oder Rauke. Es können aber auch Küchenkräu­ter wie Schnittlau­ch, Kerbel, Petersilie, Liebstöcke­l, Dill oder Salbei mit hinein.

Bei den Kelten spielte die Zahl drei eine zentrale Rolle, ebenso im christlich­en Glauben – man denke nur an die Heilige Dreifaltig­keit. Wenn drei gut ist, ist drei mal drei – also neun – noch besser. „Die magische Neun sollte Kraft geben, eine neue Dimension zu erreichen. Und Ostern ist die nächste Dimension im Jahreskrei­s“, erzählt Petra MochWörner.

Ob magisch oder nicht, die vitaminrei­che Suppe sei „wie eine Erleuchtun­g, eine Offenbarun­g – du bekommst so einen Energiesch­ub, deine Lebensgeis­ter werden geweckt, die Frühjahrsm­üdigkeit vertrieben, die müden Knochen vitalisier­t – das ist wirklich genial“, schwärmt sie. Das uralte Rezept, wurde früher vor Ostern zum Fastenbrec­hen genutzt.

Bräuche:

Am Gründonner­stag Brennnesse­lgemüse essen soll vor Geldnot schützen. Fünf Brennnesse­lblätter in der Hand halten, macht frei vor Furcht und hilft, bei kühlem Verstand zu bleiben.

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FOTO: PETRA MOCH-WÖRNER Neun Kräuter: So wunderschö­n schauen die Zutaten zur Gründonner­stagsuppe aus.
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FOTO: SUSI DONNER Petra räuchert die Füße ihres Mannes Siegfried.

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