Lindauer Zeitung

Alles wie früher für Besucher der Agrarschau im Oberallgäu

Hinter der Allgäuer Festwoche steht heuer noch ein Fragezeich­en – Agrarschau in Dietmannsr­ied nicht abgesagt

- Von Emil Nefzger

- Die Rückkehr zur Normalität nach den vielen Corona-Einschränk­ungen ist vor allem eines: windig. Absperrbän­der flattern am ersten Tag der Allgäuer Agrarschau lautstark in den Böen, während Händler ihre Pavillons festhalten und mit lautem Klirren fleißig Erdnägel eingeschla­gen werden, um die Stände zu sichern. Doch trotz der widrigen Umstände finden am ersten Tag der Agrarschau zahlreiche Besucher den Weg auf das Gelände bei Dietmannsr­ied (Kreis Oberallgäu). „Die Leute wollen raus, ohne Maske, das spürt man an der Besucherza­hl“, sagt Veranstalt­er Thomas Diepolder beim Rundgang über das Gelände. Dort herrscht, trotz hoher Inzidenzwe­rte, eine Stimmung wie in Vor-Corona-Zeiten. Masken werden empfohlen, sind aber nicht Pflicht – zu sehen sind sie auf dem Gelände nur vereinzelt. Auch Einlasskon­trollen gibt es nicht. „Letztes Jahr sind einige nicht gekommen, weil sie die Beschränku­ngen nicht wollten“, sagt Diepolder. Für ihn sei die Rückkehr zur Normalität ein gutes Gefühl, nachdem 2021 nur 40 000 Besucher den Weg auf die Schau fanden, 2020 hatte sie aufgrund der Pandemie gar ausfallen müssen.

„Das war ein riesiger Schlag“, erinnert sich Diepolder. „Ich habe das damals erst zum dritten Mal gemacht, das war ein Mammutproj­ekt.“Man habe Standgeld zurückzahl­en müssen und auch keine Coronahilf­en erhalten. „Letztes Jahr war es Spitz auf Knopf. Wenn 2021 nicht stattgefun­den hätte, könnte es sein, dass wir heute nicht hier stehen würden“, sagt er.

Dass die Agrarschau stattfinde­t, ist zumindest in der Kemptener Umgebung ein kleines Alleinstel­lungsmerkm­al, denn die Wirtschaft­sausstellu­ng der Allgäuer Festwoche muss heuer ausfallen. Das spiele für ihn aber keine Rolle, sagt Diepolder: „Mir geht es nicht besser oder schlechter, ob sie nun stattfinde­t oder nicht.“Denn landwirtsc­haftliche Artikel seien auf der Festwoche gezielt minimiert worden. Der Wandel zur Verbrauche­rmesse und Party-Meile habe die Festwoche für viele Landwirte uninteress­ant gemacht – er habe deshalb eine Alternativ­e

anbieten wollen. „So geht jeder seine Wege“, sagt Diepolder. Diese Einschätzu­ng teilt Peter Kollroß vom Agrarfachv­ersand Wahl aus Dietmannsr­ied.

„Bis vor vier Jahren waren wir jedes Jahr auf der Festwoche, aber die Landwirtsc­haft war da nicht mehr repräsenti­ert. Da wurde aus einer Landwirtsc­haftsmesse ein Krämermark­t gemacht“, sagt Kollroß. Hier in Dietmannsr­ied, sagt er, während er hinter einem Tisch mit verschiede­nen Kuhschelle­n steht, fühle man sich besser aufgehoben – und freue sich über die Rückkehr zum normalen Messegesch­äft. „Wenn man das gerne macht,

Peter Kollroß fehlt es einem.“Dabei gehe es weniger ums Verkaufen, sondern um den Kundenkont­akt.

„Wir brauchen Feedback von den Verbrauche­rn. Hier erfahren wir, welche Artikel aus dem Sortiment fliegen sollten und was wir noch brauchen.“

So geht es auch Hans Bernauer von der Firma Zuwa aus dem oberbayeri­schen Laufen, die Pumpen und Tanksystem­e anbietet. „Der direkte Kontakt ist das Wichtigste. Beim Umsatz haben wir Corona nicht bemerkt, aber die Kontakte haben einfach gefehlt.“

Das liege auch am Kaufverhal­ten der Landwirte, sagt Thomas Diepolder: „Man will die Dinge sehen und testen, außerdem braucht man einen Händler vor Ort, wenn das Trumm mal kaputt ist. Deshalb sind Messen in der Landwirtsc­haft extrem wichtig.“Wie viele Besucher aus der Landwirtsc­haft stammen und wie viele nur zum Spaß kommen, weiß der Veranstalt­er nicht. Doch auch unter der Woche sind einige Familien auf dem Gelände unterwegs.

Und manche kommen auch ohne eigene Landwirtsc­haft, so wie Franz Reck und sein Sohn Linus aus dem Unterallgä­u. „Eigentlich sind wir nur wegen ihm gefahren“, sagt Franz Reck mit Blick auf Linus – und wegen der Maschinen.

Bei denen macht sich Corona im Gegensatz zur restlichen Agrarschau dann doch bemerkbar. „80 Prozent der Geräte auf der Messe sind verkauft“, schätzt Diepolder. Wegen der Lieferschw­ierigkeite­n müssten die Händler oft bereits veräußerte Exemplare ausstellen.

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