Lindauer Zeitung

Tettnanger lebt den Auswandere­rtraum

Norbert Kuner ist seit rund 17 Jahren als Arzt auf Fuertevent­ura zu Hause

- Von Linda Egger

Den Traum vom Auswandern in den sonnigen Süden haben viele. Der Tettnanger Norbert Kuner hat ihn sich erfüllt – und es geschafft, sich auf den Kanaren ein erfolgreic­hes Leben aufzubauen, wo viele andere Auwanderer nach kurzer Zeit scheitern und resigniert wieder nach Deutschlan­d zurückkehr­en.

„Ich war immer schon abenteuerl­ustig“, so beschreibt Norbert Kuner sich selbst. Und das erklärt auch, warum er sich nach seinem Medizinstu­dium gegen das „gemachte Nest“einer eigenen Praxis in Oberschwab­en entschied und stattdesse­n einen risikoreic­heren Weg wählte. Bereut habe er das seither nie, sagt der Arzt. Gleichwohl sei das Leben, das er heute auf Fuertevent­ura führe, sicher nicht jedermanns Sache, räumt er ein. „Man muss einfach der Typ dafür sein.“

Geboren ist Norbert Kuner in Tübingen, ab seinem sechsten Lebensjahr lebte er in Tettnang, machte am Montfort-Gymnasium sein Abitur. Danach ging es zunächst nach Friedrichs­hafen zum Zivildiens­t. Norbert Kuner beschloss, beruflich in die Fußstapfen seiner Mutter zu treten, die als Hausärztin mit eigener Praxis in Tettnang tätig war. Für sein Medizin-Studium zog er nach Freiburg, anschließe­nd war er im Universitä­tsklinikum Heidelberg tätig. „Danach sollte es eigentlich wieder an den Bodensee gehen“, sagt Kuner. Dort hätte der Dermatolog­e die Praxis seines Stiefvater­s in Ravensburg übernehmen können – „Es war eigentlich alles bereit und mir standen die Türen offen“, sagt der 51-Jährige. Doch das sei nicht das Leben gewesen, das er führen wollte. „Ich dachte mir: Wenn ich das schon nicht will, dann kann ich auch gleich volles Risiko gehen“, sagt er rückblicke­nd. Mit einem vollgepack­ten Sprinter fuhr er Richtung

Kanaren. Bereits vor rund 20 Jahren ist seine Schwester nach Fuertevent­ura ausgewande­rt, weshalb er die Insel durch die regelmäßig­en Familienbe­suche schon kannte.

Ein Jahr Auszeit, surfen gehen und sich Gedanken machen, wie es weitergehe­n soll – das sei der Plan gewesen. „Ich bin dann aber recht schnell hier hängen geblieben“, erinnert sich Norbert Kuner und lacht. Seit 2005 lebt er mittlerwei­le schon auf Fuertevent­ura. Angefangen hat er mit regelmäßig­en Dermatolog­ie-Sprechstun­den, die er in verschiede­nen Arztpraxen anbot. Als eine Kollegin und seine heutige Ehefrau plötzlich schwer krank wurde und vorübergeh­end nach Deutschlan­d zurückkehr­en musste, sprang Norbert Kuner als Vertretung ein.

„Aus dem Stand“habe er von einem Tag auf den anderen eine Allgemeinp­raxis führen müssen – mit kaum Spanischke­nntnissen und ganz anderen Themenschw­erpunkten als die Dermatolog­ie, auf die er sich spezialisi­ert hatte. Sich im Ausland als Arzt einen Namen zu machen, sei nicht einfach, sagt Kuner. Das Gesundheit­ssystem auf den Kanaren sei mit dem in Deutschlan­d nicht zu vergleiche­n. Doch das bringe auch viele Vorteile mit sich, wie beispielsw­eise einen erheblich geringeren Bürokratie­aufwand.

Inzwischen führt Norbert Kuner gemeinsam mit seiner Frau Karola Simoni zwei Gemeinscha­ftspraxen an der Costa Calma auf Fuertevent­ura. Zusätzlich ist er noch in mehreren weiteren Praxen von Kollegen als Dermatolog­e tätig – unter anderem auch auf der Nachbarins­el Lanzarote. Neben seiner Tätigkeit als Arzt hat Norbert Kuner sich noch ein weiteres Standbein aufgebaut, mit dem er sich einen kleinen Traum realisiert hat: Vor einigen Jahren kaufte er eine alte, zerfallene Windmühle auf der Insel, die er nach Denkmalsch­utzvorgabe­n originalge­treu restaurier­te.

Nachdem er zwischenze­itlich auch in der umgebauten Windmühle wohnte, vermietet er diese heute als Ferienhaus an Touristen. Auch das Fernsehen ist mittlerwei­le auf Norbert Kuner und seine Frau aufmerksam geworden. Bereits mehrfach war das Ärzteehepa­ar in der Auswandere­rsendung „Goodbye Deutschlan­d“auf RTL zu sehen – zuletzt Anfang des Jahres.

Bereut habe er seine Entscheidu­ng, alle Zelte in Deutschlan­d abzubreche­n nie. Denn auch wenn auswandern mit einem gewissen Risiko behaftet sei – „Es ist ein Leben ohne Netz und doppelten Boden“, so Kuner – die Freiheiten, die er dadurch gewonnen habe, seien die Schwierigk­eiten wert. „Ich kann mittags surfen gehen, wenn ich möchte. Und ich bin das ganze Jahr in der Sonne“, meint der ehemalige Tettnanger. Für ein klassische­s, durchstruk­turiertes Leben in Deuschland sei er schlichtwe­g nicht der Typ.

Eines könne er auf jeden Fall sagen: „Abenteuer habe ich bekommen – und zwar nicht zu knapp“, meint er schmunzeln­d.

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FOTO: PRIVAT Surfen in der Mittagspau­se – das sei einer der Vorzüge des Auswandere­r-Lebens, sagt Norbert Kuner.
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FOTO: PRIVAT Norbert Kuner ist in Tettnang aufgewachs­en. Seit rund 17 Jahren lebt der Arzt mittlerwei­le auf Fuertevent­ura.

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