Gesellenjahr mit Malus
Was Nagelsmann nach seiner unzureichenden Debütsaison als Bayern-Trainer ändern muss
- Der Tag X ist da. Jener Einschnitt in einer Saison, an dem rund um den FC Bayern München alles in Trümmern liegt. Der Tag nach dem Ausscheiden aus der Champions League, nachdem man aufgrund des 1:1 gegen Außenseiter FC Villarreal die Träume vom erneuten Gewinn des Henkelpotts begraben musste. Über die Königsklasse definiert sich Deutschlands erfolgreichster Club, längst nicht mehr über den Alltag Bundesliga. Der Gewinn der Meisterschaft ist gewissermaßen Pflichterfüllung in München – auch wenn der zehnte Titel in Serie ein schönes Jubiläum darstellt. Julian Nagelsmann gewinnt die erste Schale seiner Karriere. Die Erfüllung eines Lebensziels – nun degradiert zum netten Trostpreis.
Die Folgen für den 34-Jährigen? „Ich weiß nicht, was da auf mich zurollt. Bielefeld auf jeden Fall mal in der Liga“, lautete Nagelsmanns Antwort auf die Konsequenzen des zu frühen Abschieds aus der Champions League. Achselzuckend und bedient fragte er: „Was soll ich machen?“Und fügte hinzu: „Angst habe ich nicht, es gibt Schlimmeres.“Fürwahr.
Doch in der Endphase seiner ersten Saison im Münchner Drucklufterhitzer steht Nagelsmann, Bayerns absoluter Wunschkandidat, im Sommer für die Trainer-Weltrekordablöse von 25 Millionen Euro aus Leipzig verpflichtet, nun hart im Wind. Bevor es andere machen, wertete der Coach seine Debütsaison als „nicht ausreichend“, da das Halbfinale in der Königsklasse „ja immer das Minimalziel für Bayern München“sei. Es ist ihm hoch anzurechnen, dass er nach dem blamablen Zweitrunden-Aus im DFB-Pokal und dem Versagen gegen Villarreal nichts schönredet. Dennoch: Seine erste von fünf vertraglich fixierten Spielzeiten endet mit einem dicken Malus. Er wird eine zweite Chance bekommen, das ist klar. Die Bosse sind von der Qualität, der Herangehensweise und der Ansprache (intern wie extern) des gebürtigen Bayern überzeugt.
Auch wenn er im für einen Trainer jugendlichen Alter ein Suchender ist, weiter (dazu-)lernen muss. Sein Elan ist bemerkenswert, auch sein Mut. Doch seine forsche, draufgängerische Art birgt Risiken. Seine offene, direkte Kommunikation, seine Authentizität, seine nicht gespielte Lockerheit – all das macht ihn stark, aber auch angreifbar. Im Falle der Wechselpanne preschte er im Unwissen der Details vor, kritisierte die Freiburger für ihren Einspruch, musste zurückrudern und entschuldigte sich – auch eine Qualität – bei SC-Trainer Christian Streich. Nach dem 1:1 verpasste Villarreal-Mittelfeldspieler Dani Parejo Nagelsmann für dessen Aussagen nach der Auslosung eine verbale Breitseite: „Ihr Trainer, ich kenne ihn nicht, aber ich glaube, ihm fehlte ein wenig der Respekt (...) gegenüber dem Club, indem er sagte, dass er die Runde im Hinspiel entscheiden wolle. Ich denke, am Ende des Tages kommt es vor, dass manchmal, wenn du nach oben spuckst, es auf dich selbst zurückfällt.“Die absolute Gier, die seine Spieler vermissen ließen, hatte Nagelsmann dem Gegner auf dem Silbertablett serviert. Vorgänger Hansi Flick, verschlossener und zurückhaltender in seiner Außendarstellung, zeichnete eine klarere Linie in der Mannschaftsstruktur aus, seine Herangehensweise in Sachen Spielsysteme und Aufstellungen wirkten auf die Kabine verlässlicher.
Nun, beim zweiten Anlauf ab dem Sommer, muss Nagelsmann liefern. Ein zweites Jahr mit einem Single-Titel als Output dürfte selbst für den Hochbegabten und Nicht-mehr-ganz-soHochgelobten zu wenig sein. Der als