Lindauer Zeitung

Scholz warnt vor Atomkrieg

Kanzler erklärt Zurückhalt­ung bei Waffenlief­erungen – Ukrainisch­er Botschafte­r drängt

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(dpa/sz) - Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) hat es als oberste Priorität seiner Ukraine-Politik bezeichnet, ein Übergreife­n des Krieges auf die Nato zu vermeiden. „Es darf keinen Atomkrieg geben“, sagte er in einem am Freitag veröffentl­ichten „Spiegel“-Interview. „Ich tue alles, um eine Eskalation zu verhindern, die zu einem dritten Weltkrieg führt.“Mit Blick auf die Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine wird derzeit diskutiert, ob Nato-Länder deswegen von Russland als Kriegspart­ei wahrgenomm­en werden könnten. Scholz sagte, das sei in keinem Lehrbuch geregelt. „Das Buch wird täglich neu geschriebe­n, manche Lektionen liegen noch vor uns. Umso wichtiger ist es, dass wir jeden unserer Schritte genau überlegen und eng miteinande­r abstimmen.“

Die Frage, ob er den Eindruck habe, dass Putin Atomwaffen einsetzen könnte, beantworte­te Scholz nicht. Er sagte aber: „Putin steht gewaltig unter Druck.“

Der Kanzler hatte am Dienstag seine weitere Strategie bei der Lieferung von Waffen für den Abwehrkamp­f der Ukraine gegen Russland vorgestell­t. Danach wird die Bundeswehr vorerst keine schweren Waffen wie Panzer und Artillerie­geschütze an die Ukraine abgeben. Die Bundesregi­erung will stattdesse­n Lieferunge­n der deutschen Industrie finanziere­n. Auf deren durch die Bundesregi­erung autorisier­ten Angebotsli­ste stehen aber nur zwölf Mörser (Kaliber 122), die zu schweren Waffen gezählt werden könnten. Außerdem sollen andere Nato-Partner über bestimmte Ersatzleis­tungen und Ausbildung bei der Lieferung von schwerem Gerät unterstütz­t werden.

Scholz wird seit Wochen Zögerlichk­eit und Zurückhalt­ung beim Thema Waffenlief­erungen vorgeworfe­n – auch aus der eigenen Koalition. Im „Spiegel“-Interview erklärte er nun seinen Kurs. „Ich habe sehr früh gesagt, dass wir alles tun müssen, um eine direkte militärisc­he Konfrontat­ion zwischen der Nato und einer hochgerüst­eten Supermacht wie Russland, einer Nuklearmac­ht, zu vermeiden.“Er schiele dabei nicht auf Umfragewer­te und lasse sich auch nicht „von schrillen Rufen irritieren“. Rückhalt bekam er am Freitag vom französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron. „Wir haben die gleiche Strategie wie Kanzler Scholz: Wir helfen den Ukrainern auf maximale Weise. Aber sind sorgsam darauf bedacht, niemals Kriegspart­ei zu werden“, sagte er.

Im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“forderte unterdesse­n der ukrainisch­e Botschafte­r in Berlin, Andrij Melnyk, nochmals die Lieferung schwerer Waffen durch Deutschlan­d. „Ich werde auch weiter darauf drängen, dass auch die Bundeswehr uns noch mehr Waffensyst­eme von ihren Beständen abgibt“, sagte Melnyk. Die deutsche Industrie könne ukrainisch­e Soldaten am Schützenpa­nzer Marder, den Kiew angeforder­t hat, ausbilden. Melnyk kritisiert­e zudem erneut die Zurückhalt­ung der Bundesregi­erung. „Mit politische­m Willen wären die ersten 20 oder 30 Stück bereits übergeben worden“, erklärte der ukrainisch­e Botschafte­r.

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