Geldanlage in Zeiten des Krieges
Das Konzept einer breit gestreuten Kapitalanlage besteht aktuell seine Bewährungsprobe
- Die tägliche Börsenberichterstattung neigt angesichts des Krieges in der Ukraine gerne zum Alarmismus. Doch über den Tag hinaus betrachtet, verzeichnen zumindest die globalen Aktenindizes prozentuale Verluste im einstelligen Bereich. Selbst der Deutsche Aktienindex Dax wurde bisher deutlich weniger gerupft als zu Zeiten der Finanzkrise 2008. „Trotz mancher Verwerfungen an den Märkten stellen wir keine Panik unter unseren Kunden fest“, sagt Matthias Reiter, Leiter des Vermögensmanagements der Sparkasse Ravensburg. Im Gegenteil: Die Kundschaft reagiere besonnen und sei sich vielfach der Auswirkungen des Krieges auf ihr Wertpapierdepot sehr bewusst.
Tatsächlich bewährt sich derzeit das ausgeglichene Anlagekonzept eines breit gestreuten Portfolios, das neben Dax-Fonds oder ETFs vor allem global ausgerichtete Indizes wie den MSCI World enthält. „Einmal mehr ist Risikostreuung das Gebot der Stunde“, sagt Reiter. Wer dann noch seinen Aktienanlagen einen Rohstofffonds beigemischt hat, darf sich berechtigte Hoffnungen auf eine glimpfliche Entwicklung des Wertpapierdepots machen.
Ein ähnliches Vorgehen legen auch die Experten des Geldratgebers „Finanztip“nahe. „Wer langfristig in weltweite Fonds anlegt, sollte sich nicht verunsichern lassen“, sagt dazu Finanztip-Spezialist Hendrik Buhrs. Einen Sparplan mit regelmäßigen Kaufaufträgen sollten Anleger demnach auch fortsetzen wie bisher. Russische Aktien, die besonders stark an Wert verloren haben und kaum noch gehandelt werden können, sind aus internationalen Indizes ohnehin gestrichen worden.
Darüber hinaus rät Reiter, im Sinne einer weltweiten Risikostreuung das Einzeltitelrisiko zu mindern. So berichtet er von Anlegern, die lediglich drei, vier deutsche Bluechips aus dem Dax im Depot hätten, damit aber zum Teil deutlichere Kursverluste hinnehmen mussten als global ausgerichtete Portfolios. Erst recht in Kriegszeiten gilt eben das Motto „die Mischung macht’s“. Da sollten insbesondere US-Titel im Depot nicht fehlen, sind doch die USA aufgrund ihrer nahezu autarken wirtschaftlichen und geopolitischen Situation ohnehin deutlich weniger vom Krieg in der Ukraine betroffen als Europa.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt Reiter für Neueinsteiger in den Kapitalmarkt, 50 Prozent ihrer Anlagesumme sofort zu investieren. „Man erwischt ohnehin nie den optimalen Zeitpunkt“, sagt er. Die andere Hälfte rät Reiter, über 24 Monate verteilt zu investieren. „Damit profitiert man vom Cost-Average-Effekt“, wie der Experte betont. Dahinter steckt die Überlegung, dass Anleger regelmäßig einen konstanten Betrag investieren und damit bei fallenden Kursen mehr Anteile und bei steigenden Kursen weniger Anteile erwerben. Damit erzielt man bei einem längerfristigen Fondssparplan einen günstigeren Durchschnittspreis für seine Fondsanteile als bei einem einzelnen Wertpapier-Kauf. Die Auswirkungen dieses Cost-Average-Effekts fallen umso stärker aus, je länger der Fondssparplan läuft und je volatiler der Kurs der Fonds ist, in die investiert wird.
Wer also schon längere Zeit in einen Wertpapiersparplan einzahlt, sollte diesen auch in Kriegszeiten nicht unterbrechen, rät Reiter. Vielmehr wird das durchschnittliche Kaufniveau des Gesamtbestandes in diesen Zeiten verbilligt. Daher sollten Anleger weiterhin engagiert bleiben, rät Reiter. Aktiensparen ist zwar komplexer als etwa das gute alte
Sparbuch. Daher sollten sich die Anleger intensiv mit Themen wie Risikostreuung und Anlagehorizont befassen. Die Sparpläne sind jedoch auch durchaus flexibel, weil man jederzeit die monatlichen Raten ändern und bei Bedarf auf das Geld zugreifen kann.
Bleibt noch die Frage nach Edelmetallen, insbesondere physischem Gold, dessen Boom weiter anhält. Laut Reiter war die Nachfrage bei der Sparkasse Ravensburg 2021 nach dem „Krisenmetall“nahezu dreimal so hoch wie im Vorjahr. Egal, ob Münzen oder Barren: Die Nachfrage sei ungebrochen. Denn während normalerweise anziehende Zinsen als Gift für den Goldpreis erachtet werden, ist es diesmal anders. Allein schon die anhaltend hohe Inflation sorgt für weiteres Interesse an dem gelben Edelmetall, das bekanntlich als Inflationsschutz dienen soll. Hinzu ist nun mit dem Krieg in der Ukraine die Rolle des Goldes als Krisenwährung gekommen.