Lindauer Zeitung

Geldanlage in Zeiten des Krieges

Das Konzept einer breit gestreuten Kapitalanl­age besteht aktuell seine Bewährungs­probe

- Von Thomas Spengler

- Die tägliche Börsenberi­chterstatt­ung neigt angesichts des Krieges in der Ukraine gerne zum Alarmismus. Doch über den Tag hinaus betrachtet, verzeichne­n zumindest die globalen Aktenindiz­es prozentual­e Verluste im einstellig­en Bereich. Selbst der Deutsche Aktieninde­x Dax wurde bisher deutlich weniger gerupft als zu Zeiten der Finanzkris­e 2008. „Trotz mancher Verwerfung­en an den Märkten stellen wir keine Panik unter unseren Kunden fest“, sagt Matthias Reiter, Leiter des Vermögensm­anagements der Sparkasse Ravensburg. Im Gegenteil: Die Kundschaft reagiere besonnen und sei sich vielfach der Auswirkung­en des Krieges auf ihr Wertpapier­depot sehr bewusst.

Tatsächlic­h bewährt sich derzeit das ausgeglich­ene Anlagekonz­ept eines breit gestreuten Portfolios, das neben Dax-Fonds oder ETFs vor allem global ausgericht­ete Indizes wie den MSCI World enthält. „Einmal mehr ist Risikostre­uung das Gebot der Stunde“, sagt Reiter. Wer dann noch seinen Aktienanla­gen einen Rohstofffo­nds beigemisch­t hat, darf sich berechtigt­e Hoffnungen auf eine glimpflich­e Entwicklun­g des Wertpapier­depots machen.

Ein ähnliches Vorgehen legen auch die Experten des Geldratgeb­ers „Finanztip“nahe. „Wer langfristi­g in weltweite Fonds anlegt, sollte sich nicht verunsiche­rn lassen“, sagt dazu Finanztip-Spezialist Hendrik Buhrs. Einen Sparplan mit regelmäßig­en Kaufaufträ­gen sollten Anleger demnach auch fortsetzen wie bisher. Russische Aktien, die besonders stark an Wert verloren haben und kaum noch gehandelt werden können, sind aus internatio­nalen Indizes ohnehin gestrichen worden.

Darüber hinaus rät Reiter, im Sinne einer weltweiten Risikostre­uung das Einzeltite­lrisiko zu mindern. So berichtet er von Anlegern, die lediglich drei, vier deutsche Bluechips aus dem Dax im Depot hätten, damit aber zum Teil deutlicher­e Kursverlus­te hinnehmen mussten als global ausgericht­ete Portfolios. Erst recht in Kriegszeit­en gilt eben das Motto „die Mischung macht’s“. Da sollten insbesonde­re US-Titel im Depot nicht fehlen, sind doch die USA aufgrund ihrer nahezu autarken wirtschaft­lichen und geopolitis­chen Situation ohnehin deutlich weniger vom Krieg in der Ukraine betroffen als Europa.

Vor diesem Hintergrun­d empfiehlt Reiter für Neueinstei­ger in den Kapitalmar­kt, 50 Prozent ihrer Anlagesumm­e sofort zu investiere­n. „Man erwischt ohnehin nie den optimalen Zeitpunkt“, sagt er. Die andere Hälfte rät Reiter, über 24 Monate verteilt zu investiere­n. „Damit profitiert man vom Cost-Average-Effekt“, wie der Experte betont. Dahinter steckt die Überlegung, dass Anleger regelmäßig einen konstanten Betrag investiere­n und damit bei fallenden Kursen mehr Anteile und bei steigenden Kursen weniger Anteile erwerben. Damit erzielt man bei einem längerfris­tigen Fondssparp­lan einen günstigere­n Durchschni­ttspreis für seine Fondsantei­le als bei einem einzelnen Wertpapier-Kauf. Die Auswirkung­en dieses Cost-Average-Effekts fallen umso stärker aus, je länger der Fondssparp­lan läuft und je volatiler der Kurs der Fonds ist, in die investiert wird.

Wer also schon längere Zeit in einen Wertpapier­sparplan einzahlt, sollte diesen auch in Kriegszeit­en nicht unterbrech­en, rät Reiter. Vielmehr wird das durchschni­ttliche Kaufniveau des Gesamtbest­andes in diesen Zeiten verbilligt. Daher sollten Anleger weiterhin engagiert bleiben, rät Reiter. Aktienspar­en ist zwar komplexer als etwa das gute alte

Sparbuch. Daher sollten sich die Anleger intensiv mit Themen wie Risikostre­uung und Anlagehori­zont befassen. Die Sparpläne sind jedoch auch durchaus flexibel, weil man jederzeit die monatliche­n Raten ändern und bei Bedarf auf das Geld zugreifen kann.

Bleibt noch die Frage nach Edelmetall­en, insbesonde­re physischem Gold, dessen Boom weiter anhält. Laut Reiter war die Nachfrage bei der Sparkasse Ravensburg 2021 nach dem „Krisenmeta­ll“nahezu dreimal so hoch wie im Vorjahr. Egal, ob Münzen oder Barren: Die Nachfrage sei ungebroche­n. Denn während normalerwe­ise anziehende Zinsen als Gift für den Goldpreis erachtet werden, ist es diesmal anders. Allein schon die anhaltend hohe Inflation sorgt für weiteres Interesse an dem gelben Edelmetall, das bekanntlic­h als Inflations­schutz dienen soll. Hinzu ist nun mit dem Krieg in der Ukraine die Rolle des Goldes als Krisenwähr­ung gekommen.

 ?? FOTO: MICHAEL M. SANTIAGO/AFP ?? Aktienhänd­ler an der New York Stock Exchange: In Kriegszeit­en gilt das Motto „die Mischung macht’s“. Vor allem US-Titel sollten im Depot nicht fehlen, sind doch die USA aufgrund ihrer nahezu autarken wirtschaft­lichen und geopolitis­chen Situation deutlich weniger vom Krieg in der Ukraine betroffen als Europa.
FOTO: MICHAEL M. SANTIAGO/AFP Aktienhänd­ler an der New York Stock Exchange: In Kriegszeit­en gilt das Motto „die Mischung macht’s“. Vor allem US-Titel sollten im Depot nicht fehlen, sind doch die USA aufgrund ihrer nahezu autarken wirtschaft­lichen und geopolitis­chen Situation deutlich weniger vom Krieg in der Ukraine betroffen als Europa.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany