Lindauer Zeitung

Auch Rentner sollen Energiepre­ispauschal­e erhalten

Sozialverb­ände und Ökonomen fordern Regierung zum Handeln auf – Pläne der Ampel-Koalition sehen Zuschuss nur für Beschäftig­te vor

- Von Andreas Hoenig

(dpa) - Viele Rentner drohen vor dem Hintergrun­d stark gestiegene­r Energiepre­ise bei einem geplanten Entlastung­sschritt leer auszugehen – deswegen steigt nun der Druck auf die Ampel-Koalition. Sozialverb­ände sowie Ökonomen forderten die Bundesregi­erung auf, dass die geplante Energiepre­ispauschal­e in Höhe von 300 Euro auch für Rentner gelten soll. Die Präsidenti­n des Sozialverb­andes VdK, Verena Bentele, sagte am Freitag in Berlin, bei der Pauschale vergesse die Koalition wieder einmal die Rentnerinn­en und Rentner.

„Gerade Seniorinne­n und Senioren mit kleinen Renten sind besonders auf das Geld angewiesen, weil sie am Ende des Monats nicht mehr wissen, wie sie über die Runden kommen sollen“, so Bentele. „Die Preissteig­erungen sind für diese Menschen ein großes Problem.“Deshalb fordere der VdK einen Aufschlag auf die Rente von 300 Euro, der direkt ausgezahlt werde.

Die Chefs der Wirtschaft­sforschung­sinstitute DIW und IW sagten der „Rheinische­n Post“, die Energiepre­ispauschal­e dürften nicht nur Erwerbstät­ige bekommen. „Die Energiepau­schale ist ein sehr gutes Instrument. Allerdings sollte es nicht nur Beschäftig­ten, sondern allen Menschen zugutekomm­en“, sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Auch müsse die Pauschale deutlich erhöht werden. „Denn über die kommenden zwei Jahre werden die zusätzlich­en Energiekos­ten der meisten Menschen die 300 Euro um ein Vielfaches übersteige­n.“Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, sagte: „Es gibt keinen Grund, die Rentnerhau­shalte davon auszunehme­n.“

Die Koalitions­spitzen hatten sich vor vier Wochen angesichts der gestiegene­n Energiepre­ise auf ein weiteres Entlastung­spaket geeinigt. Dieses sieht unter anderem vor, dass die Energieste­uer auf Kraftstoff­e befristet für drei Monate auf das europäisch­e Mindestmaß gesenkt wird. Außerdem soll jeder einkommens­teuerpflic­htige Erwerbstät­ige, der in den Steuerklas­sen 1 bis 5 einsortier­t ist, eine Pauschale von einmalig 300 Euro brutto bekommen.

Das Geld wird vom Arbeitgebe­r als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt, bei Selbststän­digen wird stattdesse­n die Steuer-Vorauszahl­ung gesenkt. Die Pauschale unterliegt der Einkommens­teuer.

Der Präsident des Sozialverb­ands Deutschlan­d, Adolf Bauer, hatte bereits direkt nach den Beschlüsse­n darauf verwiesen, dass die Energiepau­schale nur steuerpfli­chtigen Erwerbstät­igen zugutekomm­en solle. „Das schließt den weit überwiegen­den Teil der Rentnerinn­en und Rentner aus“, hieß es in einem offenen Brief an die Vorsitzend­en der Ampel-Parteien sowie Bundesmini­ster. Dies sei eine „große Leerstelle“, die nicht akzeptabel sei.

Der rentenpoli­tische Sprecher der Grünen-Bundestags­fraktion, Markus Kurth, sagte am Freitag, in der Tat sei es sehr bedauerlic­h, dass die Rentnerinn­en und Rentner nicht bei der Energiepre­ispauschal­e Berücksich­tigung gefunden hätten. „Augenschei­nlich gab es da große Widerständ­e aus dem Finanzmini­sterium“,

sagte er mit Blick auf Ressortche­f Christian Lindner (FDP).

Kurth verwies aber auf die Rentenerhö­hung zum 1. Juli. Die Renten steigen um 5,35 Prozent in Westdeutsc­hland und um 6,12 Prozent in Ostdeutsch­land. Diese Erhöhung sollte trotz der hohen Inflation „nicht kleingered­et“werden. Kurth nannte außerdem die temporäre Senkung der Energieste­uer auf Kraftstoff­e sowie die drastische Ticketprei­ssenkung im Bereich des öffentlich­en Personenna­hverkehrs für drei Monate.

Der FDP-Abgeordnet­e Christoph Meyer sagte, auch die Rentner würden von der Senkung der Energieste­uer auf Kraftstoff­e sowie dem 9Euro-Monatstick­et profitiere­n. Er verwies ebenfalls auf die kräftige Rentenerhö­hung. Die Koalition lasse die Rentner nicht im Stich.

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