Frankreich als Mahnung
Wäre die Welt doch so einfach, wie Saskia Esken glaubt. Man solle Altkanzler Gerhard Schröder nur noch als Geschäftsmann wahrnehmen und nicht mehr als ehemaligen Regierungschef, so die SPD-Chefin. Überhaupt sollte Schröder bitte aus der SPD austreten. Doch leider wäre damit die Causa nicht gelöst. Die geht längst über den Fall eines alternden, eitlen Ex-Staatsmannes hinaus.
Denn Schröder gibt lediglich ein – wenn auch besonders schlechtes – Beispiel für eine politische Unkultur. Diese besteht darin, nach Eintritt in Regierungsämter alle Ankündigungen von mehr Transparenz und Bürgernähe zu vergessen. Wohin das führen kann, zeigt Frankreich. Die Volksparteien, ob konservativ, sozialdemokratisch oder sozialistisch, haben abgewirtschaftet. Ex-Präsident Nicolas Sarkozy wurde wegen Korruption verurteilt, sein Nachfolger François Hollande scheiterte daran, die Sümpfe trockenzulegen.
Zwar hat die Wahl mit Emmanuel Macron noch einmal ein Kandidat gewonnen, der weder der extremen Linken noch der extremen Rechten angehört. Doch in der ersten Wahlrunde stimmten 52 Prozent der Franzosen für Populisten von ganz links oder ganz rechts. Dabei haben beide Seiten nur Rezepte zu bieten, die in der Geschichte bereits gescheitert sind und die Demokratie gefährden.
Seit dem Erstarken der AfD betonen hierzulande Politiker aller Couleur, parteipolitische Selbstbeschäftigung beenden zu wollen. Die etablierten Parteien möchten so jeden Verdacht von Selbstbedienungsmentalität zerstreuen. Doch eingehalten werden die Versprechen nicht. Stattdessen folgen jene dem schlechten Beispiel der einstigen Volksparteien, die selbst gerne eine solche wären: Grüne wechseln munter in die freie Wirtschaft. In Baden-Württemberg weigert sich die grün-geführte Regierung, verbindliche Regeln für solche Wechselspiele zu beschließen.
Die Fehler des Gerhard Schröder sind groß, aber bereits begangen. Statt sich daran abzuarbeiten, sollte die SPD mehr dafür tun, dass sich solche Vertrauensverluste in die Poltik möglichst nicht wiederholen.