Lindauer Zeitung

SPD-Chefin fordert Schröder zum Austritt auf

Altkanzler bringt Esken mit Interview gegen sich auf – 14 Anträge auf Parteiauss­chluss

- Von André Bochow

- Saskia Esken möchte die Trennung. Ihr Vorgänger im Amt des SPD-Vorsitzend­en, der ehemalige Bundeskanz­ler Gerhard Schröder, soll die gemeinsame Partei verlassen. Weil er sich nicht von seinem Freund Wladimir Putin distanzier­t und weil er seine lukrativen Posten in russischen Energiefir­men nicht aufgeben will – für die er laut „New York Times“im Jahr etwa eine Million US-Dollar kassiert. Und eben dieser „New York Times“hat Gerhard Schröder Sätze in die Rechner diktiert, die für viele in der SPD das Maß vollmachen.

„Mea culpa ist nicht mein Ding“, hatte Gerhard Schröder der Zeitung gesagt. Der ehemalige Kanzler fühlt sich also nicht schuldig, wenn es um den Krieg in der Ukraine geht. Den hält er immerhin für einen „Fehler“. Man müsse schnell nach Wegen zum Frieden suchen. „Was ich Ihnen sagen kann ist, dass Putin daran interessie­rt ist, den Krieg zu beenden. Aber das ist nicht so leicht. Da gibt es ein paar Punkte, die geklärt werden müssen.“

Welche das sind, sagt Schröder nicht. Dafür aber, dass das mutmaßlich­e Kriegsverb­rechen von Butscha untersucht werden müsse, er aber nicht glaube, dass die Befehle dafür von Putin kamen. Kein Wort des Mitgefühls für die Kriegsopfe­r und schon gar keines der direkten Kritik am mörderisch­en Aggressor Putin.

Saskia Esken entdeckt während der Pressekonf­erenz in Berlin in den Worten Schröders die „Verteidigu­ng von Kriegsverb­rechen“. Sie will auch nicht, dass man den 78-Jährigen weiterhin Altkanzler nennt. „Schröder agiert seit vielen Jahren als Geschäftsm­ann“, sagt sie und möchte ihn als solchen behandelt wissen. Und Thomas Kutschaty, der demnächst gern Ministerpr­äsident in Nordrhein-Westfalen werden will, stößt in dasselbe Horn. Gerhard Schröder sei „ein älterer Herr, der sich entschiede­n hat, Geschäftsm­ann zu sein, und weniger Sozialdemo­krat“. Dass er im Wahlkampf auf den älteren Herrn angesproch­en werden könnte, bringe ihn „nicht aus der Ruhe“.

Esken wiederum rät Schröder zum Parteiaust­ritt. Auch weil in Deutschlan­d die Hürden für einen Parteiauss­chluss „zu Recht sehr hoch sind“. Aber „alle, die in der SPD Verantwort­ung tragen“, hätten sich von Schröder distanzier­t. Immerhin sind bislang auch 14 Anträge auf ein Parteiauss­chlussverf­ahren eingegange­n. Die Frage, warum der Parteivors­tand in Sachen Ausschluss nicht aktiv werde, obgleich er es im Fall von Thilo Sarrazin getan hatte, beantworte­t Esken nicht. Vielmehr verweist sie auf Personalpr­obleme in anderen Parteien. Bei den Grünen ließe der Tübinger Oberbürger­meister Boris Palmer seine Mitgliedsc­haft ruhen, gegen den CDURechtsa­ußen Hans Georg Maaßen habe es kein Ausschluss­verfahren gegeben. Ein „Russlandpr­oblem“habe die SPD übrigens nicht, findet Saskia Esken. Mecklenbur­gsminister­präsidenti­n Manuela Schwesig und Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier nimmt sie ausdrückli­ch in Schutz. Und was Gerhard Schröder selbst betrifft, verweist die Parteivors­itzende auf den angedrohte­n Verlust der Ehrenbürge­rschaft von Hannover. Dem sei „der Geschäftsm­ann“zuvorgekom­men und hatte sie selbst zurückgege­ben. „Ich kann nur raten in Sachen Parteimitg­liedschaft ähnlich zu reagieren.“

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FOTO: ALEXEI DRUZHININ/DPA Zwei, die sich gut verstehen: Altkanzler Gerhard Schröder (SPD, rechts) gratuliert­e dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin bei dessen vierter Amtseinfüh­rung im Kreml.

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