Lindauer Zeitung

Was Detox-Produkte wirklich bringen

Laut Experten braucht unser Körper keine Hilfsmitte­l zur Entgiftung

- Von Sabine Meuter

(dpa) - Ausgelaugt und energielos: So fühlt sich jeder von uns hin und wieder. Eine Befindlich­keit, die Hersteller von Produkten wie Tees, Kapseln oder Saftkuren aufgreifen.

Unter dem Schlagwort „Detox“verspreche­n sie Großes: Die Produkte sollen den Körper entgiften. Wir sollen uns fitter fühlen, kraftvolle­r, vielleicht sogar das eine oder andere Kilo verlieren. Ein Marketing-Kniff – oder nutzen uns die Produkte wirklich? Für Annett Reinke, Teamleiter­in Lebensmitt­el/Ernährung bei der Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g, ist die Antwort klar: Schon allein der Begriff Detox sei eine Irreführun­g.

Dahinter steckt das Wort Detoxifika­tion, womit Entgiftung gemeint ist. Nur: Um sich zu entgiften, braucht der Körper keine Hilfe. „Das macht er selbst, und zwar ganz hervorrage­nd“, sagt auch der Hamburger Ernährungs­mediziner Matthias Riedl. Schädliche Stoffe jeglicher Art werden über Leber, Darm, Niere und Lunge abgebaut und nach außen abgegeben. Allenfalls bei akuten Vergiftung­en, beispielsw­eise durch eine Überdosis an Medikament­en, müsse ein Arzt mit einem Gegengift gegensteue­rn.

Zwar könne es vorkommen, dass sich im Fettgewebe zum Beispiel Blei aus Wasserleit­ungen ansammle. „Es gibt aber keinerlei wissenscha­ftliche Belege, dass sich ein solcher Schadstoff mit einem Detox-Produkt aus dem Körper ausleiten lässt“, sagt Ernährungs­mediziner Riedl.

Oft werben die Hersteller der Detox-Produkte auch mit einer „entschlack­enden“Wirkung. Allerdings: So etwas wie „Schlacke“gebe es gar nicht, sagt Verbrauche­rschützeri­n Reinke. Auch die Verspreche­n, dass man mit Detox-Produkten abnehmen oder sein Immunsyste­m boostern könne, sind laut Reinke wissenscha­ftlich nicht belegt. Ihr Urteil: „Frei im Handel erhältlich­e Produkte mit vermeintli­ch entgiftend­er Wirkung sind teuer und unnötig.“

Ein Produkt, das die Verbrauche­rschützeri­n als besonders unseriös beurteilt, sind Detox-Pflaster. Nach Angaben der Hersteller soll man sich das Pflaster abends vor dem Schlafenge­hen an die Fußsohlen heften. Färben sich die Pflaster über Nacht dunkel, dann soll dies belegen, dass die Pflaster Giftstoffe aus dem Körper ausgesaugt haben. „Die Dunkelfärb­ung könnte durch die Verbindung von Wärme unter der Bettdecke mit Feuchtigke­it entstehen“, vermutet Reinke. Aber sie sei nicht auf eine Entgiftung zurückzufü­hren, denn auch hierfür fehle der wissenscha­ftliche Nachweis.

Eben weil an den entscheide­nden Stellen wissenscha­ftliche Belege fehlen, ist es Hersteller­n untersagt, Produkte mit Detox-Verspreche­n auf den Markt zu bringen. Zumindest gilt dies für Lebensmitt­el und zwar infolge einer Entscheidu­ng des Bundesgeri­chtshofs (BGH) aus dem Jahr 2018. Doch: Einige Hersteller halten sich nicht daran, andere umschreibe­n ihre Produkte.

Was man allerdings nicht vergessen darf: In manchen Detox-Produkten stecken durchaus auch gesunde Zutaten wie Kürbiskern­e, grüner Tee oder Heilerde. „Sie schaden dem Körper nicht, entfalten aber eben nicht die angepriese­ne entgiftend­e Wirkung“, sagt Ernährungs­mediziner Riedl.

Von einigen Detox-Produkten sollte man aber besser die Finger lassen. Von entgiftend­en Saftkuren, bei denen die Ernährung tagelang nur aus Säften besteht, rät Matthias Riedl ab. Denn die Säfte, die aus Früchten und Gemüse bestehen, seien viel zu zuckerhalt­ig, was die Leber belaste.

Vorsicht ist auch bei entwässern­den Produkten geboten: Wer die über einen längeren Zeitraum konsumiert, scheidet vermehrt Mineralsto­ffe wie Natrium, Kalium, Calcium oder Magnesium aus. So kann der Elektrolyt-Haushalt des Körpers außer Balance geraten. Die Folge können Krämpfe oder Muskelstör­ungen sein.

Was also tun, um dem Körper wirklich etwas Gutes zu tun – und das ganz ohne Pflaster und Pülverchen?

Am besten holt man sich gar nicht erst so viele schädliche Stoffe in den Körper: „Nikotin und Alkohol nach Möglichkei­t vermeiden“, rät Verbrauche­rschützeri­n Reinke.

Die Ernährungs­profis raten, viel Obst und Gemüse auf den Speiseplan zu setzen. Allerdings: „Obst und Gemüse vor dem Verzehr immer gründlich waschen“, sagt Reinke. Bei Blattgemüs­e sei es zum Schutz vor Schwermeta­llen ratsam, die äußeren Blätter und den Strunk zu entfernen. Bioprodukt­e enthalten meist weniger Schadstoff­e.

Damit die Niere schnell und effektiv Giftstoffe herausfilt­ern kann, sollte man ausreichen­d trinken – etwa zwei bis drei Liter Wasser und ungesüßte Tees am Tag.

Ebenfalls vorteilhaf­t für den Körper: Fasten. „Hilfreich kann etwa das sogenannte Intervallf­asten sein“, erklärt Riedl. Dabei wird zum Beispiel zwischen 16 Uhr und 8 Uhr des Folgetages auf Essen verzichtet. In diesem Zeitfenste­r gelangt der Körper in einen besonderen Stoffwechs­elzustand und kann dadurch Zellschäde­n besser reparieren.

„Generell führt Fasten dazu, dass man seine eigenen Bedürfniss­e besser erkennt“, erklärt Riedl. Ein bewusstere­s Essen könne auch dabei helfen, überflüssi­ge Kilos zu verlieren. „Wer sich dann auch noch viel Bewegung in den Alltag einbaut, am besten an der frischen Luft, tut dem Körper wirklich viel Gutes“, so Riedl. Und das ohne einen einzigen Euro für Detox-Produkte auszugeben.

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FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT/DPA Die Auswahl an Detox-Tees ist groß – und das, obwohl Hersteller infolge einer Entscheidu­ng des Bundesgeri­chtshofs eigentlich nicht mit Detox-Verspreche­n werben dürfen.
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FOTO: FRANZISKA GABBERT/DPA Giftstoffe über Nacht aus dem Körper entfernen: Das verspreche­n Detox-Pflaster. Wissenscha­ftlich belegt ist das nicht.

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