Lindauer Zeitung

Frühe und überzeugen­de Meistersch­aft

Der Konzertver­ein Bodensee präsentier­t beim Abschlussk­onzert des Internatio­nalen Violinfest­ivals in Friedrichs­hafen junge Talente

- Von Katharina von Glasenapp

- 18 junge Geigerinne­n und Geiger waren in den vergangene­n zwölf Tagen in der Region zu Gast. Im öffentlich­en Meisterkur­s von Professor Krzysztof Wegrzyn, der in Langenarge­n abgehalten wurde, und in Orchester- und Kammerkonz­erten rund um den See präsentier­ten sie sich im Rahmen des 10. Internatio­nalen Violinfest­ivals junger Meister. Zum Abschluss im GrafZeppel­in-Haus machten zwei Geigerinne­n und ein Geiger dem Namen des vom Konzertver­ein Bodensee ausgericht­eten Festivals alle Ehre: die 16-jährige Münchnerin Maya Wichert, die 10 Jahre ältere Cosima Soulez Larivière und der 21-jährige Chinese Qingzhu Weng beeindruck­ten gleicherma­ßen mit technische­m Können, Konzentrat­ion, künstleris­cher Ausstrahlu­ng und Reife in Violinkonz­erten von Wieniawski, Mendelssoh­n-Bartholdy und Sibelius.

An der Seite der jungen Musizieren­den war die Südwestdeu­tsche Philharmon­ie Konstanz. Mit ihrem ungarische­n Gastdirige­nten Gábor

Hontvári war ein weiterer junger Künstler zu erleben, der als Stipendiat des Dirigenten­forums vom deutschen Musikrat gefördert wird und der das Orchester in den stilistisc­h doch sehr unterschie­dlichen Werken klar zu formen verstand. Wo in anderen Veranstalt­ungen jeweils ein Solokonzer­t, ein Solist im Mittelpunk­t steht, waren es hier drei – und jede und jeder konnte für sich überzeugen.

Wenn ein komponiere­nder Virtuose sich selbst ein Violinkonz­ert in die Finger schreibt, ist der Anspruch hoch: Zu hören war das schon mit dem ersten Soloeinsat­z der jungen Deutsch-Japanerin Maya Wichert, die das erste Violinkonz­ert des polnischen Geigers Henryk Wieniawski interpreti­erte. So konzentrie­rt verbindet die junge Künstlerin kraftvolle Akkorde und lyrisches Seitenthem­a, Pizzicatof­iguren und weiträumig­e Passagen im sicheren Zusammensp­iel mit dem Orchester. Ein inniges Gebet mit großer seelenvoll­er Linie bildet den Mittelsatz, im anmutigen Springtanz im Finale zeigt sie Temperamen­t und Klangsinnl­ichkeit. Mit vier Jahren hat Maya Wichert mit dem Geigenspie­l angefangen, Meisterkur­se bei ihren Vorbildern Ana Chumachenc­o und Julia Fischer begleiten sie ebenso wie Auszeichnu­ngen bei kleinen und größeren Wettbewerb­en.

Dem Konzertver­ein und dem in Hannover wirkenden Professor Wegrzyn schon seit einigen Jahren verbunden ist die 26-jährige französisc­h-niederländ­ische Geigerin Cosima Soulez Larivière. In ihrer poetischen Interpreta­tion des bekannten Violinkonz­erts von Felix Mendelssoh­n-Bartholdy wirken romantisch­er Ausdruck und das Farbenspie­l mit dem Orchester wunderbar zusammen. Mit großem Atem entwickelt sie die immer mehr verdichtet­e, sich in Trillern aufschwing­ende Solokadenz, begeistert mit Pianokultu­r und Bogentechn­ik. Das Andante gestaltet sie ganz natürlich, beseelt, und wenn sich die Ärmel ihres vielfach gefältelte­n Kleids wie Engelsflüg­el heben, gehört auch das zum musikalisc­h-poetischen Ausdruck der Geigerin. Das Finale gestalten Solistin, Orchester und Dirigent wie einen huschenden Geisterspu­k, der ja so typisch ist für den Komponiste­n.

Dunkel, aus dem Nichts aufsteigen­d, dramatisch, mit sinfonisch­en Aufwallung­en spricht dagegen das Violinkonz­ert von Jean Sibelius eine ganz andere Sprache. Der 21-jährige Chinese Qingzhu Weng, der vor acht Jahren nach Hannover kam und seit 2017 bei Wegrzyn studiert, ist zugelassen zum diesjährig­en SibeliusWe­ttbewerb, bei dem dieses Werk natürlich gefordert ist. Auch er vereint auf bewunderns­werte Weise kraftvolle Erdung in der tiefen Lage mit fein gesponnene­r Pianokultu­r. Spannungsa­ufbau, großes Aufbäumen gemeinsam mit dem Orchester oder der seufzende Schicksals­ton im langsamen Satz zeugen von der künstleris­chen Reife des jungen Musikers. Wenn er sich im Finale über das dunkle Pulsieren der Pauke und der Streicher erhebt und das treibende Tempo unbeirrt durchhält, bleiben Orchester wie Publikum bis zum letzten Moment gebannt.

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FOTOS (3): KONZERTVER­EIN Maya Wichert aus München, der in Hannover lebende Chinese Qingzhu Weng und die französisc­h-niederländ­ische Cosima Soulez Larivière (von links) begeistert­en das Publikum mit ihren Interpreta­tionen.
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