Lindauer Zeitung

Der Wolf sorgt im Allgäu für Unruhe

Schwabens Bauern-Obmann fordert speziell ausgebilde­te Jäger für den Abschuss

- Von Thomas Schwarz und Heiko Wolf

- Ein Wolf hat ein Hirschkalb bei Görisried getötet. Eine DNAAnalyse des Landesamts für Umwelt (LfU) bestätigte jetzt diesen Verdacht. Der Vorfall im Ostallgäu beunruhigt Allgäuer Landwirte und Alphirten, die um ihre Tiere auf den Weiden fürchten. Forderunge­n nach einem Abschuss von Wölfen werden wieder laut. Doch das widerspric­ht meist dem Schutzstat­us des Raubtiers. Im aktuellen Fall solle es sich um einen einzelnen, durchziehe­nden Wolf handeln, sagt Dr. Stephan Bea. Er ist Görisriede­r Bürgermeis­ter sowie Chef der Jägerverei­nigung Marktoberd­orf. Bea sagt: „Niemand braucht Angst zu haben.“Er verweist auf das seiner Meinung nach funktionie­rende „Wolfsmanag­ement“in Bayern.

Das gibt es seit März 2019 unter dem Titel „Aktionspla­n Wolf“. Es beschreibt auf 60 Seiten den Umgang mit den Raubtieren. Allein auf zehn Seiten geht es um das Thema „Nutztierha­ltung“– konkret um Schadensau­sgleiche bei gerissenen Tieren und um Schutzmaßn­ahmen für Rinder, Ziegen und Schafe. „Die Halter, deren Nutztieren nachweisli­ch von einem Wolf gerissen wurden, erhalten eine Ausgleichs­zahlung“, heißt es beim LfU. Voraussetz­ungen sind eine Dokumentat­ion des Fundes und der Begleitums­tände durch ein Mitglied

des „Netzwerks Große Beutegreif­er“sowie eine Untersuchu­ng des Tierkörper­s durch einen Veterinär.

Wenn der Freistaat Geld zum Schutz von Nutztieren gibt, will er damit bei deren Haltern die Akzeptanz von Wölfen steigern. Gefördert werden zum Beispiel Elektrozäu­ne, mobile Ställe sowie Herdenschu­tzhunde. Bisher wurden über fünf Millionen Euro ausbezahlt.

Keinen Sinn in diesen Maßnahmen sieht Alfred Enderle

(Foto: Ralf Lienert), der schwäbisch­e Bezirksobm­ann des Bauernverb­ands. Gerade das südliche Allgäu mit seinen Bergregion­en sei dafür ungeeignet. „Aber der Staat kann sagen, dass er etwas anbietet“, ärgert sich Enderle und sieht nach mehreren Wolfsrisse­n in der Region die hiesige Nutztierha­ltung in Gefahr. Zumal der Wolf Rinder und Schafe in Panik versetze und diese in den Bergen abstürzen könnten. Aktuell hält Enderle die Gefahr im Allgäu durch einen Wolf zwar für gering. Problemati­sch werde es aber, wenn sich die Tiere stärker ausbreitet­en und Nachwuchs bekämen: „Dann brauchen sie mehr Futter.“Um weitere Vorfälle zu verhindern, fordert Enderle auch den Abschuss von Wölfen.

Der wird im Aktionspla­n thematisie­rt. Diese sogenannte „Entnahme“ist grundsätzl­ich möglich. Voraussetz­ung

ist aber, dass jeder Fall einzeln entschiede­n und zuvor nach Alternativ­en gesucht wird. Ein Abschuss kommt etwa in Frage, wenn ein Wolf „sachgerech­t geschützte Nutztiere“verletzt oder getötet hat. Möglich ist dies auch, wenn Nutztiere in „nicht schützbare­n Weidegebie­ten“gefährdet sind – also in Bergregion­en. „Dafür brauchen wir speziell ausgebilde­te Jäger, die schnell eingreifen können“, fordert Enderle. Darauf sei man in Bayern jedoch nicht gut vorbereite­t. Kritik kommt auch von Barbara Oswald. Die Jägerin und Landwirtin ist Wolfsbeauf­tragte des Alpwirtsch­aftlichen Vereins Allgäu. Sie spricht sich für einen Abschuss des Wolfs „in Siedlungsn­ähe“aus.

Der Görisriede­r Bürgermeis­ter Bea plädiert indes für einen respektvol­len, aber auch pragmatisc­hen Umgang mit dem Raubtier. Dabei dürfe langfristi­g auch ein gezielter Abschuss kein Tabu sein – wenn etwa ganze Schafsherd­en bedroht seien. „Aber so weit sind wir hier längst noch nicht.“Im vergangene­n Jahr wurden in Bayern 53 Nutztiere nachweisli­ch von Wölfen getötet; keines davon im Allgäu, sagt das LfU. Seit dem erneuten Vorkommen von Wölfen in Deutschlan­d vor knapp 25 Jahren habe es keinen Angriff auf Menschen gegeben, heißt es beim Landesamt für Umwelt.

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FOTO: DPA Ein DNA-Test bestätigt, dass der Wolf das Hirschkalb gerissen hat
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