Wildcamper sind zurück in den Bergen
In den Allgäuer Hochalpen kann man nicht legal zelten
- Menschen, die an einem Bergsee übernachten und aus Weidepfählen ein Lagerfeuer machen oder sich eine Kuh zum Melken heranholen: Es gibt fast nichts, das Henning Werth, stellvertretender Leiter des Alpiniums (ehemals Zentrum Naturerlebnis Alpin), noch nicht erlebt hat. Mit dem guten Wetter kehren auch die Wildcamper ins Allgäu zurück, heuer sehr früh. „Man kommt jetzt schon in Bereiche, in denen vergangenes Jahr um diese Zeit noch Winter war“, sagt Werth. Doch was tun, um den Campern Herr zu werden?
Generell müsse zwischen zwei Kategorien unterschieden werden, sagt Werth. Da gibt es jene, die ihre Wohnmobile in Natur- oder Landschaftsschutzgebieten abstellen. Und es gibt die Wanderer, die in den Bergen ihre Zelte aufschlagen. Erstere seien zumindest noch an eine gewisse Infrastruktur gebunden – haben dafür aber mehr Raum für Gepäck und können entsprechend mehr Müll hinterlassen. Immer wieder würden Wohnmobile und Busse auf Weiden oder Wiesen geparkt. „Da spielen sich kuriose Szenen ab“, sagt Werth. Vergangenes Jahr habe eine Frau versucht, mit ihrem Camper aufs Wertacher Hörnle zu kommen, wo sie sich auf einem Privatweg festgefahren habe.
Die zweite Gruppe sind Wanderer, die zu Fuß beinahe überall hin gelangen. „Genau diese grenzenlose Freiheit ist es auch, die von vielen Outdoor-Ausstattern beworben wird“, weiß Werth. Aber: In den Allgäuer Hochalpen gibt es kein Gebiet, in dem Zelten legal möglich ist. Übernachtet werden darf nur auf privaten oder Alpenvereinshütten. Immer wieder machen Ranger und Behörden auf das Verbot aufmerksam, teilweise mit Erfolg: „Der Schrecksee oder der Gaisalpsee sind nicht mehr solche Hotspots, wie sie es schon waren – auch weil Tagesgäste die Camper auf ihre Vergehen hinweisen.“Stattdessen seien vermehrt Waldgebiete, Alpflächen oder felsdurchsetztes Gelände in der Peripherie gefragt.
Nicht zum ersten Mal kommt deswegen die Frage auf, ob ausgewiesene Zeltplätze in den Bergen eine Möglichkeit sein könnten, die Wildcamper in den Griff zu bekommen. Hier ist Werth vorsichtig: „Es bräuchte jemanden, der dafür Grund zur Verfügung stellt und die Verantwortung übernimmt, das sehe ich momentan nicht.“Zumal der Besucherdruck auf solche Plätze dann auch extrem hoch wäre: „Das ist nur sinnvoll, wenn der nächste Parkplatz mehrere Stunden entfernt ist und nicht jeder einfach so zum Zeltplatz spazieren kann.“
Aktuell gilt: In Natur- und Landschaftsschutzgebieten ist weder Parken noch Campen erlaubt. Dass sich viele über diese Verbote hinwegsetzen, weiß auch die Polizei. Die Beamten führen zwar keine Sonderkontrollen durch, schauen aber auf Streifenfahrten genau hin, sagt Polizeisprecher Holger Stabik. Erst vor wenigen Tagen erwischten sie eine elfköpfige Gruppe, die im Landschaftsschutzgebiet bei Oberstdorf gezeltet hatte. Das Vergehen: Verstoß gegen das Naturschutzgesetz. Die Beamten leiten den Sachverhalt in solchen Fällen an das zuständige Landratsamt weiter, wo dann das Bußgeld festgesetzt wird.
Wie hoch es ausfällt, hängt vom Einzelfall ab, sagt Franziska Springer vom Oberallgäuer Landratsamt. Eine Rolle spiele unter anderem die Kategorie des Schutzgebietes und ob nur geparkt oder auch übernachtet wurde. In Naturschutzgebieten bewegt sich die Spanne zwischen 35 und 2500 Euro.
Wildcamper machen sich aber nicht nur in Schutzgebieten breit, sondern oft auch auf öffentlichen Parkplätzen – beispielsweise am Tegelberg im Ostallgäu. Dort können Fahrzeuge tagsüber stehen, campen und übernachten ist aber nicht erlaubt, sagt Christina Gerster, Geschäftsleiterin der zuständigen Gemeinde Schwangau. Viele nähmen aber das Knöllchen in Kauf, das weitaus billiger sei als eine Nacht auf dem Campingplatz. „In der Nähe fließt ein Bach, dort spülen die Camper ihr Geschirr und waschen sich, in den Büschen liegen Fäkalien und Klopapier.“Die Gemeinde versuche, das Wildcampen in den Griff zu bekommen, und habe dafür Kontakt mit Planern und Verkehrsspezialisten aufgenommen. Neben der Umweltverschmutzung sieht Henning Werth noch ein weiteres Problem: Wer auf solchen Plätzen nächtige, könnte morgens sehr früh losgehen oder abends lange unterwegs sein – zu Zeiten, in denen die Tiere in den Bergen dringend Ruhe brauchen.