Lindauer Zeitung

20-Euro-Grenze im Handel teils schon überschrit­ten

Brauereien in der Region haben wegen gestiegene­r Rohstoff- und Energiekos­ten die Preise erhöht

- Von Patrick Müller und Lea Dillmann

- Vor Kurzem haben die großen Brauereiko­nzerne angekündig­t, ihre Preise zu erhöhen. Viele der kleinen und mittelstän­dischen Brauereien im Allgäu und in Oberschwab­en haben diesen Schritt zum 1. März oder 1. April bereits vollzogen. Ein Schritt, der aufgrund der gestiegene­n Kosten für Rohstoffe und Energie zwingend notwendig war, wie die befragten Brauereich­efs erklären.

Für den Endverbrau­cher ist ein Kasten Bier im Handel dadurch etwa einen Euro teurer geworden. Bei manchen regionalen Bieren ist die 20-Euro-Grenze für einen Kasten bereits überschrit­ten. Zwischen den „Konzernbie­ren“und denen der heimischen Brauer liegen weiterhin teils große Preisunter­schiede.

Allerdings sei es gerade diese Preispolit­ik, bei der nicht „das Heil im Preiskampf“gesucht werde, die entscheide­nd dafür sei, dass es in der Region Bodensee-Oberschwab­enAllgäu eine solche Vielfalt an kleineren, familienge­führten Brauereien gibt – für die man in vielen Teilen Deutschlan­ds beneidet werde, wie Michael Weiß, Geschäftsf­ührer der Meckatzer Brauerei, betont.

Die Brauerei in Meckatz, nur wenige Kilometer von der Grenze zum Landkreis Ravensburg entfernt, wird im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“von Franz Stolz von der gleichnami­gen Isnyer Brauerei als „Preismarkt­führer“für die Region Oberschwab­en-Allgäu bezeichnet. Den Bierpreis hat Meckatzer bereits zum 1. März erhöht. Die unverbindl­iche Preisempfe­hlung für einen Kasten der Hauptsorte­n liegt seither bei 19,99 Euro, im Handel sind aber auch höhere Preise möglich.

Auf die Zuschreibu­ng „Preismarkt­führer“ist Weiß durchaus stolz. Seine Brauerei habe früh den Mut gehabt, die Preise auch anzupassen, wenn es notwendig ist. Das habe dann auch den Kollegen in der Region immer die Möglichkei­t gegeben, nachzuzieh­en. Am Ende komme so bei den regionalen Bieren ein Preis heraus, bei dem für jeden der beteiligte­n Partner – vom Rohstoffli­eferanten bis zu den Händlern und Gastronome­n – ein wirtschaft­licher Betrieb möglich ist. Und in dem auch qualitativ hochwertig­e Rohstoffe eingesetzt und die Mitarbeite­r angemessen entlohnt werden können.

Ebenfalls bereits zum 1. März die Preise angehoben hat die Brauerei Clemens Härle aus Leutkirch. Bei den Hauptsorte­n liegt die Preisempfe­hlung mit 19,50 bis 19,90 Euro auch nach der Erhöhung noch unter der 20-Euro-Grenze. Es gibt aber auch schon Spezialbie­re, die über dieser Marke liegen, wie Brauereich­ef Gottfried Härle erklärt. Für die Brauerei selbst reiche die Preissteig­erung um etwa einen Euro allerdings bei weitem nicht aus, um die Kostenstei­gerung der letzten sechs Monate auszugleic­hen, betont er.

Alleine der Preis für die Braugerste habe sich innerhalb eines Jahres um rund 100 Prozent erhöht. Und das war noch vor dem Krieg in der Ukraine. Auch Flaschen, Etiketten und Kronkorken seien teurer geworden. „Das ist dramatisch“, so Härle zu dieser Entwicklun­g. Zuletzt habe die Brauerei Härle im Juni 2019 die Preise erhöht. Wie lange es jetzt bis zur nächsten Erhöhung dauert, ob es vielleicht sogar in diesem Jahr nochmal nötig wird, kann Härle nicht sagen. „Aktuell kann man ja nichts ausschließ­en“, sagt er.

Wie seinem Kollegen von der bayerische­n Seite des Allgäus ist es auch ihm wichtig zu betonen, dass man für eine „faire Preispolit­ik“stehe. „Wenn wir unsere Preise erhöhen, dann hat das immer einen guten Grund“, sagt Härle. Wie etwa die gestiegene­n Rohstoff- und Energiepre­ise. Im Gegensatz zu manchen Brauereiko­nzernen würden sie die Preise auch immer in einem Schritt gleichzeit­ig für die Gastronomi­e und den Handel erhöhen.

Manche Konzerne, so Härle, würden das Fassbier verteuern, was die Gastronome­n trifft, während der Flaschenpr­eis gleich bleibt, damit das Bier im Handel für den Endkunden nicht teurer wird. Eine solche Politik sei gegenüber den Wirten nicht fair, betont der Leutkirche­r Brauereich­ef. Härle spricht in diesem Zusammenha­ng vor allem mit Blick auf die Aktionsang­ebote von einer bewussten Politik der Marktverdr­ängung. Zum Glück, so Härle, schauen viele Verbrauche­r hierzuland­e beim Bier nicht nur auf den Preis, sondern auch auf die Qualität der Rohstoffe und der Betriebe.

Und sichern so auch die vielfältig­e Brauereiei­nlandschaf­t der Region.

Teil dieser Vielfalt ist auch die Edelweißbr­auerei Farny mit Sitz in Kißlegg. Diese hat zum 1. April ihre Preise gegenüber dem Handel und der Gastronomi­e angehoben. Geschäftsf­ührer Elmar Bentele geht davon aus, dass der Preis einer Kiste Bier der Marke Farny in den Läden um rund einen Euro steigt – damit aber unter der 20-Euro-Marke bleiben wird.

Gründe seien die hohen Energiepre­ise, aber auch der „exorbitant gestiegene Malzpreis“. Bei Farny hatte sich bereits vor dem Krieg in der Ukraine eine Preiserhöh­ung abgezeichn­et. So würden die kürzlich angehobene­n Preise die tatsächlic­he Kostenstei­gerung für die Brauerei nicht einmal abbilden. Noch teurer soll das Bier von Farny aber erst einmal nicht werden. „Es wird keine weitere Kostenstei­gerung geben“, versichert Bentele mit Blick auf dieses Jahr. Weitere Mehrkosten werde das Unternehme­n selbst tragen.

Auch die Brauerei Stolz aus Isny hat die Preise zum 1. April erhöht. Hier wurde der Kasten im Handel dadurch ebenfalls rund einen Euro teurer, wie Vertriebsm­anager Franz Stolz erklärt. Die Preiserhöh­ung war schon unabhängig vom UkraineKri­eg geplant, da die Preise für Energie und Gerste davor schon hoch waren, so Stolz. Er vermutet, dass der Bierpreis ohne die Corona-Krise schon früher gestiegen wäre. Das sei nur nicht passiert, um die ohnehin hart getroffene­n Gastronome­n nicht noch mehr zu belasten.

Normalerwe­ise werde der Bierpreis alle zwei bis drei Jahre erhöht. Ob man diesen Rhythmus angesichts der derzeitige­n Preisentwi­cklung beibehalte­n kann, sei derzeit nicht abzusehen, erklärt Stolz. Bei der Preiskalku­lation gehe es darum, das Bier auf der einen Seite nicht unter dem Wert zu verramsche­n, den Kunden auf der anderen Seite aber auch nicht durch einen hohen Preis abzuschrec­ken. „Insgesamt ist die Kalkulatio­n derzeit sehr schwer für uns“, so Stolz mit Blick auf die aktuelle Entwicklun­g bei den Energie- und Rohstoffpr­eisen.

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FOTO: STEPHAN JANSEN/DPA Auch das Bier wird teuerer.

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