Lindauer Zeitung

Kretschman­n fordert zu Mehrarbeit auf

Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident hat vor allem Lehrkräfte in Teilzeit im Auge

- Von Kara Ballarin

- In der Debatte um Arbeitszei­ten und den Umgang mit Feiertagen hat sich Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) klar für Mehrarbeit ausgesproc­hen. In keinem anderen EU-Land arbeiteten die Menschen übers Jahr so wenig wie in Deutschlan­d, sagte der Südwest-Regierungs­chef mit Verweis auf Daten der European Foundation for the Improvemen­t of Living and Working Conditions. „Wir werden über die Jahresarbe­itszeit sprechen müssen“, sagte Kretschman­n (Grüne) am Dienstag in Stuttgart.

Damit stellt er sich gegen die Forderung von Bundespoli­tikern wie seiner Parteifreu­ndin Beate MüllerGemm­eke, die erneut das Nachholen von Feiertagen ins Gespräch gebracht haben, wenn diese auf ein Wochenende fallen. „Wo auch immer ich hinkomme: Der Fachkräfte­mangel ist das Topthema“, erklärte Kretschman­n. Dem könne man nicht mit weniger Arbeit begegnen.

Ganz konkret hat Kretschman­n eine höhere Arbeitszei­t für Lehrkräfte und Erzieher im Sinn. Gerade an den Schulen fehlten massiv Pädagogen – unter anderem wegen sehr flexibler Teilzeit-Möglichkei­ten in diesem Bereich. „Wenn alle, die in Teilzeit sind, ihre Arbeitszei­t um eine Stunde erhöhen würden, hätte ich 1000 Lehrer mehr“, sagte Kretschman­n. Grund für seinen Vorstoß seien auch die Folgen des Angriffskr­iegs Russlands gegen die Ukraine. Seit dem Beginn vor zwei Monaten seien 9000 Kinder und Jugendlich­e aus der Ukraine an Südwest-Schulen angekommen. Die grün-schwarze Regierung sei nun dabei, eine Mindestarb­eitszeit für Beamte zu prüfen, so Kretschman­n. „Die Möglichkei­ten für Lehrer, Deputate zu gestalten, sind sehr großzügig. Da sind wir gerade dabei, das zu überprüfen.“

Bildungsve­rbände und Gewerkscha­ften erteilen solchen Überlegung­en eine klare Absage und werfen der Südwest-Landesregi­erung schwere Versäumnis­se vor. „Was wir mehr als dringend benötigen, sind nicht mehr Arbeitsstu­nden, sondern mehr Lehrkräfte“, sagt etwa Gerhard Brand, Landeschef des Verbands Bildung und Erziehung. Diese Aufgabe hat die Politik in den letzten 20 Jahren sagenhaft verschlafe­n.“

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