Von neuen Antrieben und alten Tanten
Messe Aero am Bodensee zeigt Kleinflugzeuge mit nachhaltigen Motoren – Junkers plant Neubau der „Tante Ju“
- Schneeweiß, etwas mehr als 21 Meter breit und bis zu 1,5 Tonnen schwer ist die Hoffnung auf klimafreundliches Fliegen, die Mitte April am Bodensee gelandet ist. HY4 heißt das Testflugzeug mit Brennstoffzellen und Batteriesystem, das nach Jahren am Stuttgarter Flughafen seinen ersten Flug an einen anderen Ort absolviert hat: 124 Kilometer weit nach Friedrichshafen. Dort wird die HY4 von Mittwoch bis Samstag bei der Luftfahrtmesse Aero gezeigt – als eine von vielen Ideen, wie Fliegen „grüner“werden könnte.
Die Schau mit 633 Ausstellern aus 34 Ländern hat zwar nicht die Verkehrsluftfahrt, sondern die Allgemeine Luftfahrt, also vor allem Freizeitund Geschäftsfliegerei, im Blick. Für die Friedrichshafener Messemacher ist die Aero die erste Ausstellung, die unter dem Dach des 2021 zusammen mit der Messe Frankfurt gegründeten Unternehmens Fairnamic stattfindet. Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause soll die Schau, ergänzt durch digitale Formate, an die erfolgreiche Geschichte der Messe am Bodensee anknüpfen. In der letzten Auflage vor der Pandemie erlebte die Schau mit 757 Ausstellern aus 38 Nationen ihre bisherige Rekordgröße. Die Aero sei in diesem Jahr „bei alternativen Antrieben wie beispielsweise dem Elektroantrieb ein Versuchslabor für die Großluftfahrt“, sagte ein Sprecher.
So finden sich auf der Schau am Bodensee mit der Pipistrel Velis Electro das weltweit erste zugelassene, batteriegetriebene E-Flugzeug und mit dem eMagic One ein senkrecht startender E-Tandemflügler aus Deutschland, der wie eine Mischung aus Drohne und Sportflugzeug anmutet. Auf der Neuheitenliste stehen zudem zahlreiche weitere Elektro- und Hybridflieger, nachhaltige Antriebe und Batteriesysteme.
Die Rolle von E-Flugzeugen werde vorerst aber wohl auf kleine Flugzeuge wie in der Privatfliegerei beschränkt bleiben, sagt der Bereichsvorstand Luftfahrt beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Markus Fischer. Um ein Verkehrsflugzeug über Tausende Kilometer anzutreiben, müssten die Batterien deutlich höhere Energiedichten aufweisen – und würden sehr schwer. „Nach heutigem Stand würde quasi der Großteil des Flugzeuggewichts durch die Batterien bestimmt sein“, sagt Fischer. Bisher sei nicht absehbar, dass sich bald etwas an diesem grundlegenden Problem ändere.
Vielversprechend seien dagegen nachhaltige Brennstoffe, die in der Luftfahrt als Sustainable Aviation Fuels (SAF) bezeichnet werden. Diese würden bisher überwiegend aus Bioabfällen wie benutztem Speiseöl oder Fleisch- und Fischabfällen hergestellt. „Das funktioniert“, sagt Fischer. „Aber die Menge ist bislang sehr begrenzt.“ Derzeit könnten SAF nur ein Prozent des weltweit benötigten Treibstoffs in der Luftfahrt abdecken.
Zudem seien SAF etwa drei bis sieben Mal teurer als herkömmliches Kerosin, sagt Fischer. Nach dem Willen der EU-Kommission mit ihrer Initiative „Fit für 55“sollen bis zum Jahr 2030 aber zwei Prozent des Kraftstoffs in der Luftfahrt nachhaltig sein. „Wir denken, dass auch fünf Prozent möglich ist“, sagt Fischer. „Dennoch, die größte Hürde ist, eine ausreichende Menge zur Verfügung zu stellen. Da wird sicher erst der Linienverkehr bedient, bevor die Kleinen, zum Beispiel die Allgemeine Luftfahrt, zum Futtertrog kommen.“
Doch auch wenn viele nachhaltige Antriebe in Serie noch auf sich warten lassen: Das Geschäft in der Allgemeinen Luftfahrt läuft nach coronabedingtem Einbruch auch mit konventionellen Verbrennern gut. Ende des Jahres 2021 seien die Lieferungen wieder an die Zahlen vor Pandemie-Beginn herangekommen, sagte ein Sprecher des internationalen Branchenverbands General Aviation Manufacturers Association.
Gerade die digitale Vernetzung in Corona-Zeiten habe zu einem höheren Bedürfnis geführt, sich bei wichtigen Verhandlungen persönlich zu treffen, sagte ein Messe-Sprecher. Angesichts ausgedünnter Flugpläne der Airlines „bot nur die Business Aviation die notwendige Mobilität, damit Menschen sich treffen können“. Von Oslo nach Palermo sei man mit anderen Verkehrsmitteln schließlich mehrere Tage unterwegs.
Auf welche Strecken der Neubau der legendären „Tante Ju“unterwegs sein wird, ist noch nicht klar. Klar ist aber seit Dienstag, dass die Junkers Flugzeugwerke planen, die berühmte Ju52 wieder aufzulegen, wie das Unternehmen am Vortag der Aero in Friedrichshafen bestätigte. „Es ist eine aviatische Sensation, die hier zum Start der Aero verkündet wird. Alle Luftfahrtfans weltweit werden sich freuen, wenn sie erfahren, dass die
Ju52 bald wieder am Himmel zu sehen ist“, sagt Roland Bosch, bei der Messe Friedrichshafen verantwortlich für die Aero.
Ausgestattet mit V12-Triebwerken des deutschen Herstellers Red Aircraft, soll die Ju52 New Generation als Passagierflugzeug von zwei Berufspiloten geflogen werden. Die komplette Metallstruktur der neuen Ju52 könnte nach Informationen der „Frankfurter Allgemeinen“möglicherweise – wie auch die Junkers F13 und die A50 Junior – beim Flugzeugbauer Kaelin Aero Technologies im baden-württembergischen Oberndorf entstehen.
Die Junkers Ju52 entstand von 1932 als Fracht- oder Passagierflugzeug. Sie wurde durch ihre universelle Einsetzbarkeit, Robustheit und kurze Start- oder Landestrecken auf unbefestigten Pisten zur Legende.
Die Aero dauert vom 27. bis zum 30. April. Weitere Infos und Tickets unter www.aero-expo.com