Lindauer Zeitung

Alarmstufe Rot

Für italienisc­he Bauern könnte der Maisanbau in diesem Jahr lukrativer sein als Tomatenkul­turen – Ökonomen befürchten Knappheit

- Von Dominik Guggemos

- Egal ob Pizza oder Pasta, frisch oder zu Püree oder Mark verarbeite­t: Die italienisc­he Küche ist ohne Tomaten nur schwer vorstellba­r. Doch Bella Italia droht ein Mangel an pomodoro, dem Paradiesap­fel, wie die Tomate liebevoll genannt wird. Wie konnte es dazu kommen? Und droht auch Deutschlan­d eine Krise in der Versorgung mit Tomaten? „Italien ist ein wichtiges Lieferland für Deutschlan­d“, sagt Walter Dirksmeyer vom Thünen-Institut für Betriebswi­rtschaft.

Dirksmeyer geht davon aus, dass sich eine deutliche Verringeru­ng des Tomatenang­ebotes in Italien auch in Deutschlan­d bemerkbar machen werde. „Da verarbeite­te Tomaten lange haltbar sind und über weite Strecken transporti­ert werden können, werden sich die Auswirkung­en einer Verknappun­g jedoch in Deutschlan­d in Grenzen halten.“Daher

sei zwar nicht mit einem echten Mangel zu rechnen, allerdings mit einer Verteuerun­g der Produkte – und das in Zeiten einer sowieso schon hohen Inflation.

Doch wie kommt es eigentlich dazu, dass ausgerechn­et in Italien, in Bezug auf die Erntemenge das sechsgrößt­e Anbauland der Welt und das wichtigste in der EU, TomatenKna­ppheit droht? Ein wichtiger Faktor ist der Krieg in der Ukraine. Dieser hat den Preis für Getreide stark steigen lassen. Derzeit bekommen italienisc­he Tomatenbau­ern für eine Tonne Mais in etwa viermal so viel Geld wie für den Paradiesap­fel. Die hohen Preise und der Wegfall der wichtigen Getreideim­porte aus der Ukraine und Russland führen nun dazu, dass Schweinezü­chter die Landwirte mit guten Angeboten dazu bringen wollen, statt Tomaten doch lieber Mais anzubauen.

Droht auch hierzuland­e, dass vermehrt Viehfutter statt Tomaten auf den Feldern landet? Dirksmeyer vom Thünen-Institut gibt Entwarnung: „Tomaten werden in Deutschlan­d überwiegen­d im Gewächshau­s und für den Frischmark­t erzeugt. Daher sind durch eine verbessert­e Wirtschaft­lichkeit der Maiserzeug­ung keine Auswirkung­en auf die Tomatenpro­duktion in Deutschlan­d zu erwarten“, sagt der Experte.

In Italien kommen noch zwei weitere, landesspez­ifische Faktoren hinzu. Zum einen eine außergewöh­nliche Dürre im Norden des Landes, die den Bauern nach der Rekordernt­e im vergangene­n Jahr zu schaffen macht. Dazu kamen zähe Verhandlun­gen über den Abnahmepre­is zwischen Tomatenbau­ern und der Konserveni­ndustrie, die sie verarbeite­t. 20 Prozent mehr, 110 Euro pro Tonne, forderten die Bauern – wegen gestiegene­r Preise für Diesel und Dünger. Letztlich einigten sich beide Seiten auf 108,50 Euro.

Das bringt wiederum die Weitervera­rbeiter in Not, die dem Preisdruck des Handels ausgesetzt sind – genauso wie den hohen Energiekos­ten. „Es herrscht eine Unsicherhe­it im Markt, die wir in dieser Breite und in dieser Schärfe noch nie erlebt haben“, sagt Ugo Peruch vom Konserven-Marktführe­r Mutti der „Süddeutsch­en Zeitung“. Und der Druck macht nicht an den Landesgren­zen Halt. In Spanien wurde die Tomatenpro­duktion bewusst um 30 Prozent gedrosselt – auch weil es absehbar ist, dass das Wasser nicht reicht.

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FOTO: IMAGO Schüssel mit roten Cherry-Tomaten: Wenn Bauern in Italien weniger Tomaten anbauen, hat das Auswirkung­en auf die Versorgung in Deutschlan­d.

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