Tettnanger Hopfenpflanzer fordern einheitliche Grenzwerte
Reinhold Kugel vom Hopfenwirtschaftsverband fürchtet Millionenschäden bei Regulierungs-Flickenteppich
- Wenn Einfuhrländer plötzlich Grenzwerte für Inhaltsstoffe in Lebensmitteln verändern, kann das hohe Schäden verursachen. Dass das den Welthandel zunehmend belasten könnte, ist eine große Sorge von Reinhold Kugel. Er ist Pflanzenschutzbeauftragter des Deutschen Hopfenwirtschaftsverbands und auch im Anbaugebiet Tettnang unterwegs. Vor der Welthandelsorganisation WTO hat er das Thema Ende März auf einer Konferenz beleuchtet. Das Problem, so Kugel: „Die Schäden können in die Millionen gehen.“
Das Problem tritt dann auf, wenn es unterschiedliche Grenzwerte in Export- und Importländern gibt. Kugel fordert dementsprechend, Vorschriften zum Pflanzenschutz international zu harmonisieren, damit der weltweite Handel mit Lebensmitteln und deren Inhaltsstoffen reibungslos funktionieren kann. Ein Beispiel nennt der Experte im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Es gibt ein Mittel namens Kanemyte mit dem Wirkstoff Acequinocyl, das in vielen Ländern mit einer Konzentration von 15 ppm zulässig ist. Die Einheit ppm steht für Teile pro Million. Die Belastung darf also 0,0000015 Prozent nicht überschreiten. Das Mittel wird gegen die rote Spinne eingesetzt.
China hingegen hatte für die Kategorie „Getränke“den zulässigen Höchstwert auf 0,01 ppm reduziert. Bekannt gemacht wurde das am 3. März 2021, sechs Monate später trat diese Verordnung dann in Kraft. Das Problem dabei ist laut Kugel allerdings, dass solche Übergangsfristen mit der Dauer von ein paar Monaten „für Erdbeeren oder Äpfel ausreichen“, für länger haltbare Waren hingegen nicht. „Hopfenprodukte können bis zu fünf Jahre und länger gelagert werden“, habe er auch beim WTO-Treffen geäußert.
Im Grunde heißt das: Wenn Hopfen vor vier Jahren geerntet worden ist, den damaligen Grenzwerten genügt hat und eigentlich exportbereit wäre, kann eine kurze Übergangsfrist für Probleme sorgen. Denn so kann ein ganzer Markt plötzlich für die Erzeuger und die Händler wegbrechen, obwohl sie sich zum jeweiligen Zeitpunkt an alle notwendigen Richtlinien, Verfahren und Grenzwerte gehalten haben. Das aber schafft wiederum Unsicherheit. Da aber niemand weiß, welche Grenzwerte in ein paar Wochen, Monaten oder Jahren eingeführt werden, gibt es auch kaum Möglichkeiten für die Erzeuger, zu reagieren.
Laut Kugel können die Folgen dramatisch sein: Denn entweder muss die Ware im Importland vernichtet werden. Oder der Händler muss sie zurückführen und woanders verkaufen. Dann aber würden nicht mehr die vertraglich garantierten Preise gelten, merkt Kugel im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“an: Die Ware könne in der Regel nur erheblich günstiger verkauft werden. Das bedeutet dann zwar keinen wirtschaftlichen Totalausfall, aber immer noch einen erheblich geringeren Ertrag.
Kugel sieht das inbesondere aber auch als ein Problem für Betriebe, die in die Europäische Union liefern wollten. Die EU setze immer mehr Grenzwerte herunter. Seine Kritik: Die Gefahren und die Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens würden nicht mehr abgewogen, sagt der Pflanzenschutzbeauftragte, der beim Hopfenhandelshaus BarthHaas auch als Leiter der Produktsicherheit und des Qualitätsmanagements tätig ist. Diese Einschränkungen beträfen wegen der Lagerfähigkeit allerdings neben Hopfen auch andere Produkte wie Mandeln oder Trockenfrüchte.
Kugel nennt auch ein Beispiel, das bei reinem Biohopfen eine Rolle spielen kann. Dort kommt beispielsweise Kupfer zum Einsatz. Reinhold Kugel schildert, dass Indien plötzlich Hopfenlieferungen abgelehnt oder festgesetzt hatte. Der Kupfergehalt lag über dem indischen Grenzwert, der in der Branche aber bis dahin nicht bekannt war.
Der Grund lag laut Kugel darin, dass der maximale Kupfergehalt nicht explizit für Hopfen festgesetzt worden war. Kupfer sei bei Hopfen allerdings unproblematisch. So gebe es in den USA beispielsweise gar keine Höchstmenge, in Europa liege der Grenzwert beim 500-fachen Indiens.
Kugels Forderung ist, die Vorschriften zum Pflanzenschutz international zu harmonisieren, um einen reibungslosen Handel zu ermöglichen. Zugleich verweist Reinhold Kugel darauf, dass die Hopfenpflanzer immer weniger Wirkstoffe haben, die sie einsetzen können. Auch seien fast alle Brauereien von Hopfenimporten abhängig. Hier sieht Kugel die Lösung in international verbindlichen Höchstmengen.