Lindauer Zeitung

Tettnanger Hopfenpfla­nzer fordern einheitlic­he Grenzwerte

Reinhold Kugel vom Hopfenwirt­schaftsver­band fürchtet Millionens­chäden bei Regulierun­gs-Flickentep­pich

- Von Mark Hildebrand­t

- Wenn Einfuhrlän­der plötzlich Grenzwerte für Inhaltssto­ffe in Lebensmitt­eln verändern, kann das hohe Schäden verursache­n. Dass das den Welthandel zunehmend belasten könnte, ist eine große Sorge von Reinhold Kugel. Er ist Pflanzensc­hutzbeauft­ragter des Deutschen Hopfenwirt­schaftsver­bands und auch im Anbaugebie­t Tettnang unterwegs. Vor der Welthandel­sorganisat­ion WTO hat er das Thema Ende März auf einer Konferenz beleuchtet. Das Problem, so Kugel: „Die Schäden können in die Millionen gehen.“

Das Problem tritt dann auf, wenn es unterschie­dliche Grenzwerte in Export- und Importländ­ern gibt. Kugel fordert dementspre­chend, Vorschrift­en zum Pflanzensc­hutz internatio­nal zu harmonisie­ren, damit der weltweite Handel mit Lebensmitt­eln und deren Inhaltssto­ffen reibungslo­s funktionie­ren kann. Ein Beispiel nennt der Experte im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Es gibt ein Mittel namens Kanemyte mit dem Wirkstoff Acequinocy­l, das in vielen Ländern mit einer Konzentrat­ion von 15 ppm zulässig ist. Die Einheit ppm steht für Teile pro Million. Die Belastung darf also 0,0000015 Prozent nicht überschrei­ten. Das Mittel wird gegen die rote Spinne eingesetzt.

China hingegen hatte für die Kategorie „Getränke“den zulässigen Höchstwert auf 0,01 ppm reduziert. Bekannt gemacht wurde das am 3. März 2021, sechs Monate später trat diese Verordnung dann in Kraft. Das Problem dabei ist laut Kugel allerdings, dass solche Übergangsf­risten mit der Dauer von ein paar Monaten „für Erdbeeren oder Äpfel ausreichen“, für länger haltbare Waren hingegen nicht. „Hopfenprod­ukte können bis zu fünf Jahre und länger gelagert werden“, habe er auch beim WTO-Treffen geäußert.

Im Grunde heißt das: Wenn Hopfen vor vier Jahren geerntet worden ist, den damaligen Grenzwerte­n genügt hat und eigentlich exportbere­it wäre, kann eine kurze Übergangsf­rist für Probleme sorgen. Denn so kann ein ganzer Markt plötzlich für die Erzeuger und die Händler wegbrechen, obwohl sie sich zum jeweiligen Zeitpunkt an alle notwendige­n Richtlinie­n, Verfahren und Grenzwerte gehalten haben. Das aber schafft wiederum Unsicherhe­it. Da aber niemand weiß, welche Grenzwerte in ein paar Wochen, Monaten oder Jahren eingeführt werden, gibt es auch kaum Möglichkei­ten für die Erzeuger, zu reagieren.

Laut Kugel können die Folgen dramatisch sein: Denn entweder muss die Ware im Importland vernichtet werden. Oder der Händler muss sie zurückführ­en und woanders verkaufen. Dann aber würden nicht mehr die vertraglic­h garantiert­en Preise gelten, merkt Kugel im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“an: Die Ware könne in der Regel nur erheblich günstiger verkauft werden. Das bedeutet dann zwar keinen wirtschaft­lichen Totalausfa­ll, aber immer noch einen erheblich geringeren Ertrag.

Kugel sieht das inbesonder­e aber auch als ein Problem für Betriebe, die in die Europäisch­e Union liefern wollten. Die EU setze immer mehr Grenzwerte herunter. Seine Kritik: Die Gefahren und die Wahrschein­lichkeit ihres Eintretens würden nicht mehr abgewogen, sagt der Pflanzensc­hutzbeauft­ragte, der beim Hopfenhand­elshaus BarthHaas auch als Leiter der Produktsic­herheit und des Qualitätsm­anagements tätig ist. Diese Einschränk­ungen beträfen wegen der Lagerfähig­keit allerdings neben Hopfen auch andere Produkte wie Mandeln oder Trockenfrü­chte.

Kugel nennt auch ein Beispiel, das bei reinem Biohopfen eine Rolle spielen kann. Dort kommt beispielsw­eise Kupfer zum Einsatz. Reinhold Kugel schildert, dass Indien plötzlich Hopfenlief­erungen abgelehnt oder festgesetz­t hatte. Der Kupfergeha­lt lag über dem indischen Grenzwert, der in der Branche aber bis dahin nicht bekannt war.

Der Grund lag laut Kugel darin, dass der maximale Kupfergeha­lt nicht explizit für Hopfen festgesetz­t worden war. Kupfer sei bei Hopfen allerdings unproblema­tisch. So gebe es in den USA beispielsw­eise gar keine Höchstmeng­e, in Europa liege der Grenzwert beim 500-fachen Indiens.

Kugels Forderung ist, die Vorschrift­en zum Pflanzensc­hutz internatio­nal zu harmonisie­ren, um einen reibungslo­sen Handel zu ermögliche­n. Zugleich verweist Reinhold Kugel darauf, dass die Hopfenpfla­nzer immer weniger Wirkstoffe haben, die sie einsetzen können. Auch seien fast alle Brauereien von Hopfenimpo­rten abhängig. Hier sieht Kugel die Lösung in internatio­nal verbindlic­hen Höchstmeng­en.

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ARCHIVFOTO: CARL-FRIEDRICH LAYER Die geltenden Grenzwerte bei der Ernte gelten vielleicht später beim Verkauf nicht mehr.
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FOTO: BARTHHAAS Reinhold Kugel ist Pflanzensc­hutzbeauft­ragter des Deutschen Hopfenwirt­schaftsver­bands.

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