Makel trotz Monitor
Nach weiteren Fehlentscheidungen wächst Kritik am Videobeweis – Ex-Schiedsrichter Gräfe fordert Reformen
(SID) - Lothar Matthäus fordert eine Reform, Manuel Gräfe den kompletten Neustart: Der Videobeweis und mit ihm das gesamte deutsche Schiedsrichterwesen steht nach den jüngsten Fehlentscheidungen am Pranger. Von mangelnder Fußballkompetenz ist die Rede, der Ruf nach inhaltlichen, aber auch nach personellen Konsequenzen wird lauter. „Es wird Zeit, nachdem der DFB die Schiedsrichterei strukturell und personell zwölf Jahre gegen die Wand gefahren hat, die Verantwortungsfrage zu stellen“, schrieb etwa der frühere FIFA-Schiedsrichter Gräfe in einem Gastbeitrag für die „Bild“– und er ging die Führung um Jochen Drees (DFBProjektleiter für den Videobeweis), Florian Meyer (Leiter Coaching) und Schiedsrichter-Chef Lutz Michael Fröhlich hart an.
Werde „trotz eindeutiger TV-Bilder“falsch entschieden, fehle es laut Gräfe, seit seinem altersbedingten Ausscheiden so etwas wie der ChefKritiker des Verbandes, „oft an der notwendigen Fußballkompetenz – oder an der Linie, wann man eingreifen soll oder wann nicht. Dort ist seit Jahren ein Hin und Her zu beobachten.“Es sei „eigentlich unvorstellbar, dass selbst mit Bildern so viele Fehlentscheidungen die Spiele beeinflussen“.
Rekordnationalspieler Matthäus präsentierte einen Lösungsvorschlag für das seit der Einführung der Videobilder zur Bundesliga-Saison 2017/18 gärende Problem. „Spätestens nach diesem Wochenende steht für mich fest: Wir brauchen ehemalige Profifußballer, um den VAR zu unterstützen“, schrieb der 61-Jährige in seiner Sky-Kolumne. Entscheidungen wie am vergangenen Bundesliga-Spieltag in Leipzig und in München seien „so einfach nicht mehr zu akzeptieren“. Ex-Fußballer könnten strittige Szenen „besser bewerten, weil wir selber permanent und jahrelang in diesen Situationen waren und wissen, wie es aussieht, wenn man foult oder gefoult wird“, so Matthäus.
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) zeigte sich offen für „konstruktive Vorschläge“. Auf welcher Ebene die von Matthäus geforderte Einbindung „stattfinden könnte oder sinnvoll wäre, sollte vor allem fernab von emotionalen sowie spieltagsbezogenen Diskussionen sachlich bewertet werden“, teilte Schiri-Chef Fröhlich mit.
Im Topspiel zwischen Bayern München und Borussia Dortmund (3:1) waren der Elfmeterpfiff nach einem klaren Foulspiel an BVB-Profi Jude Bellingham und auch eine Intervention durch den Video-Assistenten ausgeblieben. In Leipzig hätte es in der Partie gegen Union einen Strafstoß für die Berliner geben müssen. Hier gab es zwar einen Hinweis des
VAR – der Schiedsrichter blieb aber bei seiner Entscheidung.
Bei beiden Szenen räumte DFBMann Drees bereits Fehler ein – den aufgestauten Ärger bei Beteiligten und Experten konnte er damit aber nicht wirklich runterkochen. Es müsse festgestellt werden, „dass die beiden Entscheidungen trotz (oder wegen) der VAR-Unterstützung so eklatant falsch waren, dass man Abhilfe schaffen muss, um den Fußball noch gerechter und fairer zu gestalten“, schrieb Matthäus, der sich zugleich dagegen aussprach, „den VideoSchiedsrichter wieder abzuschaffen, denn das wäre ein Rückschritt“.
Gräfe sieht das Problem offenbar in der Qualität des Personals, beim DFB gelte nicht das Leistungsprinzip. Fehlentscheidungen hätten „offensichtlich keine notwendigen Konsequenzen, da man lieber nach persönlichen, regionalen oder politischen Aspekten die Schiedsrichter für Positionen oder Aufgaben auswählt“. Manche