Lindauer Zeitung

Auf der Suche nach dem verlorenen Spaß

Tennisprof­i Alexander Zverev kämpft in München gegen Druck, sein Image und Verletzung­en

- Von Jordan Raza

(dpa) - Sein Shirt mit der leuchtende­n Aufschrift „Germany“will Tennisprof­i Alexander Zverev auch in München am liebsten gar nicht mehr ausziehen. Es erinnert ihn an den Goldtriump­h bei den Olympische­n Spielen von Tokio im vergangene­n Jahr. Nach der besten Saison seiner Karriere mit insgesamt sechs Titeln waren die eigenen Erwartunge­n gestiegen – Zverev rief den ersten Grand-Slam-Sieg und die Nummer 1 als Ziele aus. „Pech“mit Verletzung­en und „zu viel Druck“kreuzten die Pläne. In München soll nun die Wende her.

Beim Sandplatzt­urnier auf der Iphitos-Anlage strebt der 25-Jährige nach 2017 und 2018 seinen dritten Titel an. „Ich bin mit dem Gefühl hier, dass sich vieles ändern kann und ich das beste Jahr meines Lebens haben werde“, sagte Zverev. Die Oberschenk­elblessur, die ihn zuletzt im Halbfinale von Monte Carlo behindert hatte, scheint überwunden. „Das ist jetzt keine gefährlich­e Verletzung. Ich denke, dass ich hier komplett frei spielen werde.“

Im Training zum Wochenstar­t haderte der Deutsche unter den Augen von Freundin Sophia Thomalla und Neu-Coach Sergi Bruguera noch mit seiner Leistung. Die Plane am Zaun bekam die Unzufriede­nheit mehrfach zu spüren. Erst als sein Pudel Lövik nach dem Training auf den Platz trottete, verbessert­e sich Zverevs Miene. Im Achtelfina­le am Mittwoch trifft der Deutsche auf den dänischen Youngster Holger Rune.

Für Zverev ist das Traditions­event in diesem Jahr mehr als sein „Lieblingst­urnier“vor Heimpublik­um. Das Turnier am Aumeisterw­eg soll die Wende in einer bislang titellosen Saison einleiten. Eine Saison, die vor allem „sehr enttäusche­nd“begonnen hatte.

„Ich habe dieses Jahr angefangen mit so vielen Chancen, Nummer 1 zu werden. Das war immer in meinem Kopf. Ich habe mich extrem unter Druck und nicht frei gefühlt“, berichtete der Weltrangli­stendritte. Gerade bei den Australian Open, wo im Achtelfina­le Endstation war, habe er sich

„unwohl“gefühlt – sowohl auf dem Trainingsp­latz als auch im Match.

Die mentale Blockade wirkte sich auf sein Spiel aus. „Ich habe so viel Druck gehabt, dass ich teils keinen Spaß hatte“, sagte Zverev. Mittlerwei­le habe er gelernt, besser mit dem Druck-Gefühl umzugehen. „Wenn du nicht frei bist und nicht das Tennis einer Nummer 1 zeigst, wirst du es eh nicht. Du musst anfangen, Tennis zu genießen und wieder Spaß zu haben“, erklärte er. Etwa drei Monate nach der Enttäuschu­ng in Melbourne komme „das Spaß-Gefühl so langsam wieder“.

Rund 900 Punkte beträgt der Rückstand in der Weltrangli­ste auf den serbischen Topstar Novak Djokovic.

Etwa 800 sind es auf den Zweiten Daniil Medwedew. Zumindest den Russen, der mit seinem unorthodox­en Spielstil alles andere als ein Sandplatzw­ühler ist, könnte Zverev in den nächsten Wochen durchaus überholen. Ein Turniersie­g beim kleineren Event in München, bei dem es 250 Punkte für den Sieger gibt, wäre ein Anfang.

Der ehemalige Wimbledons­ieger Michael Stich traut Zverev den ganz großen Coup in diesem Jahr zu. „Das muss bei all seinen Erfolgen sein Anspruch sein und er hat auch die Chancen dazu“, sagte Stich. Aber: Es müsse halt einfach alles passen. „Das Ziel hat er auch schon seit ein paar Jahren. Und die nächste Generation mit Topspieler­n

Alexander Zverev kommt schon wieder nach“, warnte der 53-Jährige.

Zverev weiß, dass jetzt die Zeit ist, in der er liefern muss. „Ich bin gerade 25 Jahre alt geworden. Ich gehe in die Richtung, wo der Höhepunkt meiner Karriere sein sollte“, sagte der Olympiasie­ger.

Die deutschen Fans sollen ihn zu Bestleistu­ngen pushen. Und das, obwohl die Beziehung zwischen dem Hamburger und seinen Landsleute­n ambivalent ist. Seit seinem Ausraster in Acapulco, wo Zverev mit seinem Schläger auf den Schiedsric­hterstuhl eingeprüge­lt hatte, ist das Image angeknacks­t – mal wieder. Den Wutausbruc­h bezeichnet Zverev rückblicke­nd als größten Fehler seines Lebens. Insgesamt spüre er seit Olympia aber mehr Unterstütz­ung. „Das freut mich natürlich. Deutschlan­d ist meine Heimat“, sagte Zverev und fasste sich mit dem Finger an den „Germany“-Schriftzug.

 ?? FOTO: BERND FEIL/IMAGO ?? Hofft in München auf eine Trendwende: Alexander Zverev.
FOTO: BERND FEIL/IMAGO Hofft in München auf eine Trendwende: Alexander Zverev.

Newspapers in German

Newspapers from Germany