Bayerische Staatsregierung will 10H aufweichen
CSU kippt Mindestabstandsregel für Windkraftanlagen – SPD im Landtag kritisiert Kompromiss
(dpa) - Nach jahrelangem CSU-internen Widerstand und unter hohem politischen Druck will die bayerische Staatsregierung die umstrittene 10H-Mindestabstandsregel für Windkraftanlagen aufweichen. Am Mittwoch stimmte auch die bis zuletzt skeptische CSU-Landtagsfraktion gezielten Lockerungen zu – nach stundenlangen, kontroversen Diskussionen und bei fünf Gegenstimmen.
Demnach soll künftig auf bestimmten Flächen – etwa in Wäldern, entlang von Autobahnen, vierspurigen Bundesstraßen oder Haupteisenbahnstrecken sowie in ausgewiesenen Vorranggebieten für die Windkraft – ein reduzierter Mindestabstand von 1000 Metern gelten. Ebenso beim Ersatz bestehender Windenergieanlagen, auf Truppenübungsplätzen und bei Windrädern als „industriellen Nebenanlagen“.
Damit könnten bis zu 800 neue Anlagen im Freistaat gebaut werden, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach der Fraktionssitzung im Landtag in München. Man ermögliche damit Windkraft auf knapp zwei Prozent der Landesfläche.
Grundsätzlich will die CSU aber weiter an der 10H-Regel festhalten, die den Mindestabstand einer Windkraftanlage zur nächsten Wohnbebauung definiert: Danach muss dieser der zehnfachen Höhe des Rades entsprechen. Bei einem 200 Meter hohen Windrad sind dies also 2000 Meter. Seit Einführung der umstrittenen Regelung war der Ausbau der Windkraft in Bayern praktisch zum Erliegen gekommen.
Für die Lockerungen sollen nach Worten von CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer nun die bayerische Bauordnung und das Landesentwicklungsprogramm (LEP) geändert werden. Die regionalen Planungsverbände in der Landesplanung sollen verpflichtet werden, binnen zwei Jahren ausreichende Vorranggebiete für Windenergieanlagen auszuweisen.
Unklar ist, ob Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) das bayerische Konzept am Ende ausreichen wird – oder ob 10H letztlich über eine bundesweite Regelung ausgehebelt wird. Söder gab sich zuversichtlich: „Wir erfüllen ja alle Ziele“, sagte er und nannte das bayerische Konzept einen „großen Schritt nach vorne“und eine „massive Bewegung“.
Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hatte nach einem Gastauftritt in der CSU-Sitzung am Nachmittag ebenfalls gesagt: „Ich gehe davon aus, dass der Bund den Vorschlag Bayerns akzeptieren wird.“Er warnte Berlin davor, die aktuelle positive Grundstimmung für erneuerbare Energien nun nicht zu gefährden – „wenn der Bund jetzt sieht, dass wir uns ernsthaft bewegen, dass wir wirklich der Windkraft Potenzial ermöglichen“.
Grünen-Landtagfraktionschef Ludwig Hartmann kritisierte: „Söders CSU ist und bleibt in der Energiepolitik ein Drückeberger-Verein.“Und SPD-Fraktionschef Florian von Brunn sagte: „Die CSU klammert sich an den Windkraftstopp 10H. Der Kompromiss reicht nicht. Das Zaudern gefährdet Versorgungssicherheit.“