Lindauer Zeitung

Bundestag beschließt Entlastung­spaket

Wer von den Berliner Beschlüsse­n profitiert und wer nicht

- Von Michael Gabel

- Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine sind die Verbrauche­rpreise noch einmal deutlich gestiegen. Das am Mittwoch vom Bundeskabi­nett beschlosse­ne Entlastung­spaket für Bürger soll einen Teil der Zusatzkost­en auffangen. Mehr als 20 Milliarden Euro will die Bundesregi­erung dafür ausgeben, der Bundestag muss allerdings noch zustimmen. Ein Überblick darüber, wer von den Entlastung­en profitiert – und wer nicht.

Arbeitnehm­er

Alle einkommens­teuerpflic­htigen Beschäftig­ten sollen Anfang September eine Pauschale von brutto 300 Euro erhalten. Allein diese Maßnahme kostet den Staat rund zehn Milliarden Euro. Begründet wird das Vorhaben laut Gesetzentw­urf mit „kurzfristi­g und drastisch gestiegene­n erwerbsbed­ingten Wegeaufwen­dungen“sowie mit gestiegene­n Heizkosten. Das Geld wird vom Arbeitgebe­r als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt. Bei Selbststän­digen wird die Vorauszahl­ung zur Steuer gesenkt.

Die Union moniert, dass die Auszahlung erst im September erfolgen soll. „Da hat die nächste Heizsaison bereits begonnen“, sagt die finanzpoli­tische Sprecherin der Unionsfrak­tion, Antje Tillmann. Sie kritisiert außerdem, dass Minijobber die Energiepre­is-Pauschale „nicht vor Mai 2023“bekommen und dass das gesamte Verfahren zu „unverhältn­ismäßigen Bürokratie­kosten“führt.

Eltern und deren Kinder

Das Kindergeld wird einmalig um 100 Euro pro Kind angehoben. Der Betrag soll im Sommer automatisc­h von der Familienka­sse auf die Konten der Eltern überwiesen werden. Eingeplant sind Zusatzausg­aben von neun Milliarden Euro. Eltern ohne Job oder mit geringen Einkommen sollen vom 1. Juli an auch 20 Euro mehr im Monat als Kindersofo­rtzuschlag bekommen. Dies ist im Vorgriff auf die noch zu beschließe­nde Kindergrun­dsicherung geplant. Ebenfalls vom 1. Juli an sollen Bezieher von Sozialhilf­eleistunge­n – ob mit oder ohne Kind – wegen der gestiegene­n Preise einmalig 200 Euro erhalten.

Autofahrer

2,32 Euro kostete der Liter Diesel am 10. März – 66 Cent mehr als in der

Zeit vor dem Krieg in der Ukraine. Die Bundesregi­erung reagiert darauf mit einer dreimonati­gen Senkung der Mineralöls­teuer. Laut Finanzmini­sterium wird der Steuersatz ab Anfang Juni bei Benzin um 29,55 Cent pro Liter, bei Diesel um 14,04 Cent reduziert. Allerdings sind die Kraftstoff­preise seit dem Hoch wieder auf zum Teil unter zwei Euro pro Liter gesunken. Subvention­iert läge der Benzinprei­s dann bei rund 1,65 Euro.

Regelmäßig­e Bus- oder Bahnfahrer Ebenfalls Anfang Juni sollen Monatstick­ets im Nah- und Regionalve­rkehr drei Monate lang jeweils nur neun Euro kosten. Die Bundesregi­erung will damit vor allem den Umstieg von Autofahrer­n auf öffentlich­e Verkehrsmi­ttel fördern. Wer für diesen Zeitraum bereits eine Monatskart­e abonniert hat, soll entspreche­nd weniger zahlen müssen oder bekommt die Differenz erstattet.

Um die Finanzieru­ng dieser Maßnahme gibt es aber Streit zwischen Bund und Ländern. Zum einen fordern manche Länder eine „Nachschuss­pflicht“des Bundes, falls die Mindereinn­ahmen den Bundeszusc­huss übersteige­n. Zum anderen wollen die Länder die Kosten für eventuell zusätzlich bereitzust­ellende Züge und Busse nicht übernehmen. Damit das verbilligt­e Ticket kommen kann, muss der Bundesrat zustimmen.

Und wer profitiert nicht?

Rentner und Studenten gehen beim Entlastung­spaket weitgehend leer aus, denn sie sind in der Regel keine einkommens­teuerpflic­htigen Beschäftig­ten und bekommen daher keine 300-Euro-Pauschale. Allerdings weist der FDP-Bundestags­abgeordnet­e Christoph Meyer darauf hin, dass die Senkung der Kraftsteue­r und das Neun-Euro-Monatstick­et für alle Menschen in Deutschlan­d gelten.

Kosten für den Staat

Für das Entlastung­spaket muss Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) seinen bereits beim Bundestag eingereich­ten Haushaltsp­länen nachträgli­ch ein Update verpassen. In einem Ergänzungs­haushalt plant er mit fast 40 Milliarden Euro zusätzlich­en Schulden - darunter summieren sich aber auch etwa Wirtschaft­shilfen, die Verlängeru­ng der kostenlose­n Coronatest­s und andere Maßnahmen.

Die Energiepre­ispauschal­e allein wird den Staat laut Entwurf etwa 10,4 Milliarden Euro kosten. Zwar summieren sich die Auszahlung­en auf 13,8 Milliarden Euro, der Staat nimmt aber auch 3,4 Milliarden mehr Lohn- und Einkommens­teuer sowie Solidaritä­tszuschlag ein. Für den Kinderbonu­s sind in diesem Jahr Kosten von fast 9 Milliarden Euro eingeplant. Auch diese werden in den Folgejahre­n zu etwas mehr Steuereinn­ahmen führen. Durch die vorübergeh­ende Steuersenk­ung beim Sprit entgehen dem Bund nach Rechnung des Finanzmini­steriums Steuereinn­ahmen von rund 3,15 Milliarden Euro.

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FOTO: UWE ANSPACH/DPA Das Bundeskabi­nett hat am Mittwoch wegen der stark gestiegene­n Energiepre­ise ein milliarden­schweres Entlastung­spaket für die Bürgerinne­n und Bürger beschlosse­n.

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