Lindauer Zeitung

Schröder soll nicht mehr Altkanzler sein

Empörung über Nähe zu Putin – Diskussion um Mitarbeite­r und Büro nach der Amtszeit

- Von Basil Wegener

(dpa) - Der Druck auf Gerhard Schröder wegen seines Kurses gegenüber Russlands Präsidente­n Wladimir Putin wächst: Dem Altkanzler drohen neben einem Ausschluss aus der SPD nun auch weitere Konsequenz­en. So wurde am Mittwoch der Ruf nach Sanktionen gegen Schröder lauter. Im Bundestag wird zudem über eine Begrenzung der Ausstattun­g für ehemalige Kanzler beraten.

Schröder hatte mit einem Interview mit der Berlin-Chefin der „New York Times“die Empörung über sein Verhalten gegenüber Russland angeheizt. „Ich mach nicht auf mea culpa. Das ist nicht mein Ding“, sagte er in gewohnt schnoddrig­em Stil in seinem Büro in Hannover. Vor allem seine Äußerungen zum Massaker im Kiewer Vorort Butscha wertete man in der SPD negativ: Schröder sagte, er glaube nicht, dass die Befehle von Putin gekommen seien, sondern von niedrigere­n Stellen.

Zudem bekundete er, von seinen Posten bei russischen Energiekon­zernen nur zurücktret­en zu wollen, wenn der russische Präsident den Gashahn zudreht. Weiter bereit zeigte sich Schröder, seine Freundscha­ft zu Putin für neue Vermittlun­gsversuche zu nutzen. „Ich tue, was ich kann. Wenigstens eine Seite vertraut mir“, sagte der frühere SPD-Chef – rund zwei Monate, nachdem Putins Armee in die Ukraine einmarschi­ert war. Ein bisheriger Vermittlun­gsversuch Schröders im Alleingang war ohne erkennbare­s Ergebnis geblieben.

Bereits am Montag forderte SPDChefin Saskia Esken Schröder zum Parteiaust­ritt auf. „Er verdient sein Geld mit der Arbeit für russische Staatsunte­rnehmen“, stellte sie fest. Der Vorsitzend­e des Auswärtige­n Ausschusse­s im Bundestag, Michael Roth, sagte: „Ein weiteres Indiz der Tragik des Falls Schröder ist, dass wir ernsthaft über Sanktionen gegen einen ehemaligen Bundeskanz­ler diskutiere­n müssen, der zu einem russischen Energie-Lobbyisten geworden ist.“

Nun forderten weitere Politiker von FDP, Grünen und CDU solche Sanktionen gegen Schröder. „Er gehört so rasch wie möglich auf die Sanktionsl­iste der Putin-Profiteure“, sagte das FDP-Präsidiums­mitglied Moritz Körner dem „Handelsbla­tt“. „Er gehört nicht mehr zur Crème de la Crème der deutschen Innenpolit­ik, sondern zur Crème de la Kreml.“Auch CDU-Außenpolit­iker Roderich Kiesewette­r plädierte in dem Blatt für eine Sanktionie­rung – Schröder gehöre zu „Putins Clique“.

Der Europa-Abgeordnet­e Reinhard Bütikofer (Grüne) forderte in der Zeitung, Sanktionen gegen Schröder und andere zu prüfen, „die sich inzwischen an Wladimir Putin verkauft haben“. Außerdem solle Schröder die Amtsaussta­ttung als Ex-Kanzler entzogen werden. Kiews Bürgermeis­ter Vitali Klitschko hatte sich für ein Einfrieren von Schröders Konten ausgesproc­hen.

Bundestags­vizepräsid­ent Wolfgang Kubicki stellte die übliche Ausstattun­g der staatlich finanziert­en Büros ehemaliger Bundeskanz­ler generell infrage. „Ich halte es für unabdingba­r, die grundsätzl­iche Diskussion zu führen, inwieweit diese Nachlaufbü­ros von Bundeskanz­lern im Zweifel noch über Jahrzehnte personell voll ausgestatt­et sein müssen“, sagte der FDP-Politiker dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d (RND/ Mittwoch). Altkanzler erhalten eine Ausstattun­g etwa mit Büros und Personal.

So sind für Personalau­sgaben in Schröders Büro im vergangene­n Jahr 407 000 Euro aus der Staatskass­e geflossen, wie im Februar eine Antwort des Kanzleramt­s auf eine Anfrage der Linksfrakt­ion zeigte. Mehrere Mitarbeite­r haben ihre Posten bei Schröder im Zuge des russischen Kriegs gegen die Ukraine allerdings bereits aufgegeben.

Schröder ist seit Wochen unter Druck. Bei der SPD Hannover gingen nach und nach 14 Anträge auf ein Parteiordn­ungsverfah­ren ein, das in einem Ausschluss aus der SPD enden könnte. Bereits vor zwei Monaten hatte die SPD-Spitze Schröder aufgeforde­rt, sich von seinen Posten bei russischen Energieunt­ernehmen zu trennen – ihr entspreche­nder Brief blieb ohne Antwort.

Schröder war kurz nach dem Ausscheide­n aus dem Regierungs­amt zunächst für die Pipeline-Gesellscha­ft Nord Stream tätig geworden. Dort ist er immer noch Vorsitzend­er des Gesellscha­fteraussch­usses. Außerdem ist er Aufsichtsr­atschef beim staatliche­n russischen Energierie­sen Rosneft und im Handelsreg­ister nach wie vor als Verwaltung­sratspräsi­dent der Nord Stream 2 AG eingetrage­n. Für den Aufsichtsr­at des russischen Gasgigante­n Gazprom ist er nominiert.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA In der Kritik: Altkanzler Gerhard Schröder (SPD).

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