Lindauer Zeitung

„Pumptracks“kommen immer mehr in Mode

Die Wellenbahn­en für Fahrräder, Scooter und Skateboard­s sprießen in der Region aus dem Boden

- Von Emil Nefzger

- Das Oberallgäu­er Betzigau hat einen, Füssen und Trunkelsbe­rg (Unterallgä­u) sind zwei andere Beispiele, weitere Projekte werden in der Region geplant: Die Rede ist von Pumptracks, das sind Bahnen aus Erde oder Asphalt. „Im Prinzip ist das bloß eine Wellenbahn“, sagt Erik Siemen von der Allgäu GmbH. „Wenn man gut ist und das Gewicht immer richtig verlagert und ,pumpt’, daher kommt der Name, muss man gar nicht treten.“

Früher seien das reine BMX-Bahnen gewesen, sagt Siemen, heute seien sie oft asphaltier­t und man könne auch mit Skateboard­s und Scootern darauf fahren. „Da gibt es unterschie­dliche Versionen aus Erde, Asphalt, Holz oder Metall.“Die Anlagen fallen dabei unterschie­dlich aufwendig aus: Von kleinen Pisten bis zu mobilen Varianten, die nur im Sommer aufgebaut werden, „wie zum Beispiel im Kurpark Oberstaufe­n“, sagt Siemen. Es gibt jedoch auch besonders aufwendige Exemplare wie in Füssen, die dortige Strecke „geht direkt in einen Skatepark über“.

Woher die Nachfrage kommt, ist für Dirk Scheumann, Vorstandsc­hef beim Oberallgäu­er Unternehme­n Schneester­n, klar. Die Firma plant und errichtet solche Strecken rund um den Globus. Die Nachfrage nach individuel­lem Sport werde größer, sagt er. Das gelte auch für den „Rollund Gleitsport“, der Glücksgefü­hle auslöse: „Das kennt man vom Skifahren, und auf einem Pumptrack hat man das auch.“Man könne im Endeffekt endlos rollen, ohne treten zu müssen: „Danach wird man süchtig“, glaubt er. Eine asphaltier­te Strecke koste etwa 200 Euro pro

Quadratmet­er Baufläche. Von Schotterst­recken rät er ab: „Im Gemeindeum­feld ist nur Asphalt sinnvoll, damit auch Scooterfah­rer darauf fahren können.“Asphaltier­te Tracks seien außerdem sicherer und pflegeleic­hter. Der Planungsau­fwand für die Strecken sei überschaub­ar. Er sei zwar größer als bei genormten Sportanlag­en: „Es geht hier um Kreativitä­t und Design, das ist etwas anderes, als einen Tennisplat­z zu bauen“, sagt Scheumann. Dafür schneide so eine Strecke im Verhältnis von Kosten und Nutzen pro Quadratmet­er gut ab, „weil sie viele Menschen gleichzeit­ig nutzen können und sie immer zugänglich ist“. Fußballplä­tze, fügt er hinzu, lägen oft brach. „Pumptracks sind selten komplett unbefahren“, vergleicht Scheumann.

Auch Radexperte Siemen ist vom Kosten-Nutzen-Verhältnis überzeugt: Man brauche kein gut erschlosse­nes Gelände und die Strecke koste kaum Unterhalt. „Ein Spielplatz ist in vielen Fällen teurer als ein Pumptrack. Und so ein Track richtet sich im Prinzip an alle.“Dennoch bleibt die Frage, wieso derzeit so viele Allgäuer Gemeinden solch eine Strecke errichten – und ob dieser Trend nicht mit Zeiten vergleichb­ar ist, in denen quasi fast jede Gemeinde, die etwas auf sich hielt, ein eigenes Bad baute.

Wer eine Antwort darauf sucht, landet bei der Förderung durch das „Leader“-Programm der EU. „Ein Pumptrack wird mit bis zu 50 Prozent der Nettokoste­n gefördert, die maximale Höhe liegt bei 250 000 Euro“, sagt Florentine Waldmann, Projektlei­terin für Regionalen­twicklung am Unterallgä­uer Landratsam­t. Dort werde derzeit der Bikepark Legau samt Pumptrack geplant, die Förderung in Höhe von 43 000 Euro bei Bruttokost­en von etwa 100 000 Euro stehe kurz vor der Bewilligun­g.

„Die Fördermitt­el der EU haben den Bau auf jeden Fall angeschobe­n“, sagt auch Scheumann. Doch sind so viele Strecken auch sinnvoll? Für den Radexperte­n Siemen ist dies der Fall: Die Zielgruppe seien Kinder, die jeden Nachmittag üben wollen, erläutert er. „Eine Strecke in der Nachbargem­einde in zehn Kilometern Entfernung hilft denen nicht weiter. Man braucht das vor Ort, wie einen Spielplatz.“

 ?? FOTO: MATTHIAS BECKER ?? Pumptracks, wie hier in Füssen, sind bei Skatern und Radfahrern beliebt – und sprießen derzeit im gesamten Allgäu aus dem Boden.
FOTO: MATTHIAS BECKER Pumptracks, wie hier in Füssen, sind bei Skatern und Radfahrern beliebt – und sprießen derzeit im gesamten Allgäu aus dem Boden.

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