Tettnanger Metzgerei setzt auf natürliche Kältetechnik
Die Anlage ist eine der ersten ihrer Art in dieser Größenordnung
- Jetzt ist die Anlage komplett: Einige Tage lang hatte die Metzgerei Forster jüngst einen Verkaufswagen vor der Tür stehen, während im Inneren des Ladengeschäfts umgebaut wurde. Ein Kernelement ist die neue Kühltechnik. Doch das eigentliche Herz sehen die Kunden normalerweise nicht. Das Aggregat steht seit Mittwochmorgen auf dem Dach, dort entsteht die Kälte.
Warum der Wechsel jetzt in diese Richtung erfolgt ist, erklärt Metzgerei-Chef Johannes Forster (der das Geschäft mit Susanne Kiechle und Birgit Forster führt) so: Geplant werden solche technische Einrichtungen auf Jahre hin. Das heißt aber, dass bei Erneuerungen immer wieder die Frage aufkommt, wie man weiter vorgeht. Am Bärenplatz war klar, so der Chef: „Der Laden selbst ist in dieser Form eigentlich nur etwas mehr als 20 Jahre alt, aber die Technik war einfach nicht mehr up to date.“
Das bisherige, halogenierte Kühlmittel war laut Forster aus zwei Gründen nicht mehr zukunftsfähig: Zum einen ist es im Preis in den letzten Jahren enorm angestiegen, auf der anderen Seite war es auch nicht klimafreundlich. Der Umgang mit dem bisherigen Kältemittel habe sich im Lauf der letzten Jahre erkennbar geändert, erklärt Forster. Und das Unternehmen geht damit von lauter Einzeltheken hin zu einer besser wartbaren Systemlösung über.
Kältetechniker Timo Fritz aus Bermatingen hat die neue Anlage mit seinem Team installiert. Er erklärt diesen Wandel so: In den 1990ern wurde der Einsatz von FCKW verboten. Dieses aber wurde damals erst einmal mangels sonstiger Alternativen durch andere Klimagase ersetzt. Damals sei das Ziel gewesen, möglichst dichte Anlagen zu bauen, damit das Ersatz-Treibhausgas nicht entweichen kann. Zwar habe es seit Mitte der 2000er-Jahre schon natürliche Kältemittel gegeben. Aber die hätten in der Klimabilanz schlechter abgeschnitten, weil der Energieverbrauch extrem hoch gewesen sei.
Dieses Problem, so Fritz, habe man in den letzten fünf Jahren immer besser in den Griff bekommen. Das geht einher mit zunehmenden gesetzlichen Einschränkungen bei derzeit noch üblichen Anlagen, so Fritz.
Die Metzgerei Forster ist Fritz zufolge im Bereich des Lebensmittelverkaufs bei Mittelständlern sehr weit vorne mit dabei, hat da eine Vorreiterrolle inne.
Das Kühlaggregat funktioniert mit natürlich vorkommendem Propangas. Das sei eine Besonderheit der Anlage in Tettnang. Selbst in der Industrie würde stattdessen teils noch mit Klimagasen gearbeitet. Und der Wasserkreislauf funktioniert im Grundsatz so, wie es bei einer Solelösung funktionieren würde: Ein Zusatz ermöglicht es, Wasser auch unterhalb des normalen Gefrierpunkts flüssig zu halten.
Statt Salz kommt Timo Fritz zufolge aber ein Stoff namens Antifrogen zum Einsatz. Das Glycol, eine Alkohollösung, ist blau gefärbt und auch im Lebensmittelbereich zulässig. Lecks sind an der Flüssigkeit sofort zu erkennen. Bei der derzeit noch üblichen Technik ist das nicht der Fall: Denn da verdunstet das Kältemittel, die Suche nach Leckstellen ist erheblich aufwändiger. Und in der neuen Anlage gibt es zwei identische Wasserkreisläufe für die Kühlung im Geschäft, so Fritz: Damit sei das System auch ausfallsicher.
Johannes Forster sagt, dass die grundsätzliche Frage einfach die gewesen sei: Mit welcher Technik kann man (gerade auch mit Blick aufs Klima) in zehn bis 20 Jahren noch gut leben? Das sei mit dieser Anlage der Fall. Kältetechniker Timo Fritz ist sich sicher, dass viele nachziehen werden.
Zwar sei das ein finanzieller Aufwand für die Betriebe, aber sicher der richtige Weg. Allerdings weiß er auch um die Belastung vieler Betriebe durch die Corona-Krise. Sicher gebe es da noch eine Zeitlang Bestandsschutz. Er setzt da allerdings auch auf kommende Anreize und Förderungen.