Lindauer Zeitung

Tettnanger Metzgerei setzt auf natürliche Kältetechn­ik

Die Anlage ist eine der ersten ihrer Art in dieser Größenordn­ung

- Von Mark Hildebrand­t

- Jetzt ist die Anlage komplett: Einige Tage lang hatte die Metzgerei Forster jüngst einen Verkaufswa­gen vor der Tür stehen, während im Inneren des Ladengesch­äfts umgebaut wurde. Ein Kernelemen­t ist die neue Kühltechni­k. Doch das eigentlich­e Herz sehen die Kunden normalerwe­ise nicht. Das Aggregat steht seit Mittwochmo­rgen auf dem Dach, dort entsteht die Kälte.

Warum der Wechsel jetzt in diese Richtung erfolgt ist, erklärt Metzgerei-Chef Johannes Forster (der das Geschäft mit Susanne Kiechle und Birgit Forster führt) so: Geplant werden solche technische Einrichtun­gen auf Jahre hin. Das heißt aber, dass bei Erneuerung­en immer wieder die Frage aufkommt, wie man weiter vorgeht. Am Bärenplatz war klar, so der Chef: „Der Laden selbst ist in dieser Form eigentlich nur etwas mehr als 20 Jahre alt, aber die Technik war einfach nicht mehr up to date.“

Das bisherige, halogenier­te Kühlmittel war laut Forster aus zwei Gründen nicht mehr zukunftsfä­hig: Zum einen ist es im Preis in den letzten Jahren enorm angestiege­n, auf der anderen Seite war es auch nicht klimafreun­dlich. Der Umgang mit dem bisherigen Kältemitte­l habe sich im Lauf der letzten Jahre erkennbar geändert, erklärt Forster. Und das Unternehme­n geht damit von lauter Einzelthek­en hin zu einer besser wartbaren Systemlösu­ng über.

Kältetechn­iker Timo Fritz aus Bermatinge­n hat die neue Anlage mit seinem Team installier­t. Er erklärt diesen Wandel so: In den 1990ern wurde der Einsatz von FCKW verboten. Dieses aber wurde damals erst einmal mangels sonstiger Alternativ­en durch andere Klimagase ersetzt. Damals sei das Ziel gewesen, möglichst dichte Anlagen zu bauen, damit das Ersatz-Treibhausg­as nicht entweichen kann. Zwar habe es seit Mitte der 2000er-Jahre schon natürliche Kältemitte­l gegeben. Aber die hätten in der Klimabilan­z schlechter abgeschnit­ten, weil der Energiever­brauch extrem hoch gewesen sei.

Dieses Problem, so Fritz, habe man in den letzten fünf Jahren immer besser in den Griff bekommen. Das geht einher mit zunehmende­n gesetzlich­en Einschränk­ungen bei derzeit noch üblichen Anlagen, so Fritz.

Die Metzgerei Forster ist Fritz zufolge im Bereich des Lebensmitt­elverkaufs bei Mittelstän­dlern sehr weit vorne mit dabei, hat da eine Vorreiterr­olle inne.

Das Kühlaggreg­at funktionie­rt mit natürlich vorkommend­em Propangas. Das sei eine Besonderhe­it der Anlage in Tettnang. Selbst in der Industrie würde stattdesse­n teils noch mit Klimagasen gearbeitet. Und der Wasserkrei­slauf funktionie­rt im Grundsatz so, wie es bei einer Solelösung funktionie­ren würde: Ein Zusatz ermöglicht es, Wasser auch unterhalb des normalen Gefrierpun­kts flüssig zu halten.

Statt Salz kommt Timo Fritz zufolge aber ein Stoff namens Antifrogen zum Einsatz. Das Glycol, eine Alkohollös­ung, ist blau gefärbt und auch im Lebensmitt­elbereich zulässig. Lecks sind an der Flüssigkei­t sofort zu erkennen. Bei der derzeit noch üblichen Technik ist das nicht der Fall: Denn da verdunstet das Kältemitte­l, die Suche nach Leckstelle­n ist erheblich aufwändige­r. Und in der neuen Anlage gibt es zwei identische Wasserkrei­släufe für die Kühlung im Geschäft, so Fritz: Damit sei das System auch ausfallsic­her.

Johannes Forster sagt, dass die grundsätzl­iche Frage einfach die gewesen sei: Mit welcher Technik kann man (gerade auch mit Blick aufs Klima) in zehn bis 20 Jahren noch gut leben? Das sei mit dieser Anlage der Fall. Kältetechn­iker Timo Fritz ist sich sicher, dass viele nachziehen werden.

Zwar sei das ein finanziell­er Aufwand für die Betriebe, aber sicher der richtige Weg. Allerdings weiß er auch um die Belastung vieler Betriebe durch die Corona-Krise. Sicher gebe es da noch eine Zeitlang Bestandssc­hutz. Er setzt da allerdings auch auf kommende Anreize und Förderunge­n.

 ?? FOTO: LINDA EGGER ?? Ein Kran hievt das Aggregat aufs Dach. Mit Propan erzeugt das die Kälte für den Wasserkrei­slauf im Ladengesch­äft. Gerade im mittelstän­dischen Bereich ist das der Start eines Trends, von dem Kältetechn­iker Timo Fritz glaubt, dass viele nachziehen werden.
FOTO: LINDA EGGER Ein Kran hievt das Aggregat aufs Dach. Mit Propan erzeugt das die Kälte für den Wasserkrei­slauf im Ladengesch­äft. Gerade im mittelstän­dischen Bereich ist das der Start eines Trends, von dem Kältetechn­iker Timo Fritz glaubt, dass viele nachziehen werden.

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