Guardiola in Ekstase
Spektakuläres 4:3 zwischen City und Real Madrid geht in Königsklassen-Geschichte ein
(SID) - „Wahnsinn“, „unglaublich“, „einfach verrückt“: Nach einem Spiel für die Geschichtsbücher, einer Aufführung, wie sie die Fußballwelt lange nicht mehr gesehen hatte, empfand selbst der größte aller Fußball-Perfektionisten nichts als Liebe.
„Ein fantastisches Spektakel“, nannte Star-Teammanager Pep Guardiola das, was Manchester City und Real Madrid auf den englischen Rasen zauberten, und sprach von „Werbung für den Fußball. Ich denke nicht, dass irgendwer sagen kann, dass er das nicht genossen hat.“
Sagenhaftes Tempo, ungeheure Spannung, traumhafte Tore: Citys 4:3 (2:1)-Erfolg im Halbfinal-Hinspiel gegen den spanischen Rekordmeister hatte tatsächlich all das, was den Fußball ausmacht. Mehr als die sieben Treffer am Mittwochabend hatte es in einem Halbfinale der Champions League noch nie gegeben.
Entsprechend euphorisch zeigten sich am Mittwoch die Kommentatoren europaweit. Der italienische „Corriere dello Sport“sah pure „Magie“, die französische „L'Equipe“nannte die Darbietung der beiden Teams „verrückt“.
Und die britische „Sun“schwärmte und forderte: „Zerreißt das Taktikhandbuch, tretet das Whiteboard um, schmeißt den Laptop mit den Datenanalysen weg – und gebt uns einfach mehr davon, bitte.“
Vor allem City spielte sich am Dienstagabend phasenweise in einen Rausch, verpasste sehr zum Ärger von Guardiola aber einen klareren Sieg. „Das Ergebnis hätte natürlich höher ausfallen können. Aber das ist immer noch Madrid“, sagte der Spanier:
„Selbst wenn wir 2:0 oder 3:0 vorne lägen, müssten wir ins Bernabéu fahren und gut spielen.“Um die Champions League zu gewinnen, müsse man „die Situationen meistern, die der Fußball einem bietet, und man kann es kaum erwarten“.
Ex-Bayern-Coach Carlo Ancelotti, Trainer des knapp geschlagenen Reals, war nach der „fantastischen“Partie erst einmal fix und fertig. Sieben Gegentore kassierte sein Team in den jüngsten zwei Spielen, nach sechs in den neun Partien zuvor – und hat vor dem Rückspiel am nächsten Mittwoch im heimischen Bernabéu dennoch alle Chancen auf das Finale und den 14. KönigsklassenTriumph.
Verantwortlich für den für viele Beobachter überraschenden Höhenflug der Spanier, war neben dem im Mittelfeld überragend auftrumpfenden Luka Modric vor allem Torjäger Karim Benzema: Mit seinen beiden Treffern im Etihad Stadium (33./82., Handelfmeter) schraubte der Franzose sein Trefferkonto im fünften K.o.-Spiel der Saison auf neun. Nur Cristiano Ronaldo traf in der heißen Phase der Champions League (zehnmal) jemals häufiger. „Wir werden etwas Magisches machen“, versprach Benzema mit Blick auf das Rückspiel. Nach Paris (Achtelfinale) und Chelsea (Viertelfinale) will Madrid unbedingt das dritte Schwergewicht aus dem Weg räumen.
Wie groß das Selbstvertrauen und die Selbstverständlichkeit bei den Königlichen momentan ist, bewies Benzema in der Schlussphase. Nachdem er am Wochenende zwei Elfmeter verschossen hatte, ging er gegen City wieder zum Punkt – und verwandelte in bester Panenka-Manier per lässigem Chip in die Mitte des Tores. „Der muss Eiswürfel pinkeln, so cool wie der ist“, hieß es im Livekommentar bei Amazon Prime.
Jürgen Klopp und der FC Liverpool haben sich auf ihrem Weg zum
historischen Titel-Viererpack auch vom Bayern-Schreck FC Villarreal nicht stoppen lassen. Die Reds kamen am Mittwoch im Halbfinal-Hinspiel der Champions League gegen den Europa-LeagueSieger aus Spanien zu einem
hochverdienten 2:0 (0:0) und stehen damit vor dem dritten Final-Einzug in fünf Jahren. Bereits am nächsten Dienstag kann Liverpool im Rückspiel das Weiterkommen für das Endspiel in Paris am 28. Mai perfekt machen. Für Villarreal ist dagegen nach den Erfolgen über Juventus Turin und den FC Bayern ein weiterer Coup in weite Ferne gerückt.
Eine von Pervis Estupinan ins Tor abgefälschte Flanke von LiverpoolKapitän Jordan Henderson (53.) und Starstürmer Sadio Mané (55.) besiegelten den Sieg der KloppElf. Damit haben die Engländer weiterhin beste Chancen, erstmals in der Vereinsgeschichte alle vier Titel abzuräumen. Den Liga-Pokal haben sie bereits gewonnen, im FA Cup ist das Finale gegen den FC Chelsea und Thomas Tuchel erreicht, und in der Meisterschaft liegt Liverpool nur einen Punkt hinter dem Dauerrivalen Manchester City.
Villarreal war vom gewieften Coach Unai Emery, der 31 seiner letzten 37 K.o.-Duelle im Europacup gewann, in der ersten Halbzeit bestens auf den Power-Fußball der Reds eingestellt worden. Erst in der zweiten Halbzeit waren die spanischen Defensivkünstler dem Dauer-Druck nicht mehr gewachsen und konnten mit dem Ergebnis noch zufrieden sein. Bis dahin war bei Klopp Geduld gefragt. Denn der Tabellensiebte der Primera Division verstand es, in der Defensive kompakt zu verteidigen. Als die magische Anfield-Stimmung da war, taumelte Villarreal jedoch wie ein angeschlagener Boxer. (dpa)