Ausnahmezustand am Hühnerberg
ECDC Memmingen kämpft um den Aufstieg in die DEL2 – Rückstand in Finalserie gegen Regensburg
- Der Traum des ECDC Memmingen vom Aufstieg in die DEL2 droht zu platzen. Im dritten Play-off-Finale der Eishockey-Oberliga kassierten die Indians am Dienstagabend eine 1:2-Niederlage nach Verlängerung gegen die Eisbären Regensburg. Nun braucht der ECDC am Freitag auswärts unbedingt einen Sieg, um ein Entscheidungsspiel am Sonntag in Memmingen zu erzwingen. Selbst wenn der Aufstieg am Ende verpasst werden würde, bliebe diese Saison eine historische.
Sollten sich am frühen Dienstagabend tatsächlich noch ein paar Spätentschlossene ohne Tickets auf den Weg zum Memminger Hühnerberg gemacht haben, um dort den ECDC gegen Regensburg in der Eissporthalle zu sehen, so werden sie Pech gehabt haben. Denn rund eine Stunde vor dem dritten Finale dieser so aufregenden Serie vermeldete der Club: Wir sind ausverkauft! Alles war also wieder bereit für den ultimativen Ausnahmezustand. Bis auf den letzten Platz gefüllt war das Stadion kurz vor dem Eröffnungsbully wieder. 3700 Zuschauer sorgten für eine Kulisse, die die Zweitligatauglichkeit der Memminger mehr als unter Beweis stellte. Schon in Spiel eins nur wenige Tage zuvor waren alle Plätze vergeben gewesen. Der ECDC und sein Anhang machen aus diesen Wochen das, was sich gehört in einem derart außergewöhnlichen Moment: Feiertag folgt auf Feiertag.
„Wir wollen uns keine Möglichkeiten verbauen, auch wenn für einen sportlichen Aufstieg noch viele Siege in den Play-offs eingefahren werden müssten. Diese Bewerbung ist auch ein Zeichen an alle Sponsoren und Fans, dass wir im Hintergrund hart an der Zukunft des Memminger Eishockeys arbeiten“, hatte der ECDC-Vorsitzende Helge Pramschüfer schon vor Ende der Hauptrunde gesagt, als die Indians die Unterlagen für die DEL2 einreichten.
Etwas mehr als zwei Monate später haben Pramschüfer, der die Spiele auf Tuchfühlung zu den Fans mittendrin erlebt, und die anderen Verantwortlichen des ECDC um Trainer Sergej Waßmiller und den Sportlichen Leiter Sven Müller tatsächlich viele Siege erlebt. Nach Platz zwei in der Hauptrunde wurden die Herne Miners, die Tilburg Trappers und die Hannover Indians in den Play-offs besiegt – dank dieser insgesamt zwölf Erfolge verdienten sich die Memminger erstmals nach ihrer Gründung im Jahr 1999 die Teilnahme an einer Finalserie. Apropos erstmals: Schon Sieg eins gegen Herne im Achtelfinale war historisch gewesen, weil bisher nie dagewesen, alle weiteren Siege somit auch. Nun also der letzte Schritt zur sportlichen Qualifikation für die DEL2. Von Minute eins an verlief die Finalserie spannend, dramatisch, unterhaltsam. 4:3 nach Verlängerung gewann Memmingen zunächst vor ausverkauften Rängen am Hühnerberg, zwei Tage später mussten sie sich 1:2 in Regensburg geschlagen geben. Schon diese zwei Duelle machten deutlich, dass es eine ganz enge Kiste werden würde gegen den Ligakonkurrenten, der seit Jahren zu den besten Mannschaften in der Oberliga Süd zählt, während sich Memmingen erst Schritt für Schritt nach vorne gearbeitet hat. „Ein Aufstieg würde natürlich viele Herausforderungen mit sich bringen, allen voran struktureller und finanzieller Natur. Für uns als Club ist die zweite DEL2-Bewerbung der Vereinsgeschichte aber ein weiterer Meilenstein in der jüngsten Entwicklung des Memminger Eishockeys“, verdeutlichte der stellvertretende ECDC-Vorsitzende Thomas Butzke die aktuelle Situation treffend. Erstmals hatten sich die Indians vor zwei Jahren beworben, waren ebenfalls Zweiter der Hauptrunde geworden – dann kam Corona und die Saison wurde abgebrochen.
Diese Drohkulisse gab es während der Spielzeit 2021/22 nicht, trotzdem spielte das Virus eine große Rolle. Mehrfach wurden auch die Memminger gebeutelt, erstmals schon in der Vorbereitung. Doch zum Saisonhöhepunkt waren alle fit und gesund. Den Zuschauern durfte sich so ein Eishockeyfest bieten, das keine Wünsche offen ließ. Auch Spiel drei am Dienstagabend war große Unterhaltung – mit einem dramatischen Ende.
ECDC-Vorstand Thomas Butzke
Als die Memminger zum ersten Bully das Eis betraten, durften sie „Rot-weiße Kämpfer für die Ewigkeit“auf einem Spruchband in der Fankurve lesen. Die Erwartungshaltung war damit klar. In den nächsten mindestens 60 Minuten sollte sich jeder im Indians-Trikot zerreißen, um den nächsten Sieg zu landen und in die Geschichte einzugehen. Kämpferisch war den Memmingern auch nichts vorzuwerfen, bei der Chancenverwertung hakte es aber. Den frühen Rückstand durch Nikola Gajovksy glich Donat Peter bald aus, danach rannten die Indians vergeblich gegen das Tor von Patrick Berger an. Auf der anderen Seite musste ECDC-Goalie Marco Eisenhut ständig bereit sein, die schnellen Angriffe der Regensburger abzuwehren. Bis zur Schlusssirene der regulären Spielzeit passierte nichts Entscheidendes mehr, es gab nicht einmal eine einzige Strafzeit (!). Wieder musste also die Verlängerung her. Und da schlugen schließlich die Eisbären zu. Nach knapp zehn Minuten netzte Andrew Schembri zum 2:1 ein, der Jubel auf Regensburger Seite war wie zu erwarten riesig. Die Mannschaft aus der Oberpfalz hat nun am Freitagabend (20 Uhr) ihren ersten Matchpuck zum Meistertitel und zum Aufstieg in die DEL2.
Und die Memminger? Die schüttelten sich nach dem schmerzhaften K.o. in der Overtime kurz, fuhren dann in die Ränge applaudierend übers Eis und verschwanden in der Kabine. Stimmen zum Spiel gab es wie während einer Serie in Memmingen üblich nicht. Waßmiller und seine Spieler wollen lieber Taten sprechen lassen. Schon am Freitagabend wieder, um das Finale zu einem entscheidenden Spiel fünf für einen erneuten Ausnahmezustand an den Hühnerberg zurückzuholen.
ECDC Memmingen - Eisbären Regensburg 1:2 n.V. (1:1, 0:0, 0:0/0:1)
Tore: 0:1 (9:36) Nikola Gajovsky, 1:1 (16:38) Donat Peter, 1:2 (69:46) Andrew Schembri Strafen: Memmingen 2 Minuten, Regensburg 2 Minuten Zuschauer: 3700 (ausverkauft).