Lindauer Zeitung

Ausnahmezu­stand am Hühnerberg

ECDC Memmingen kämpft um den Aufstieg in die DEL2 – Rückstand in Finalserie gegen Regensburg

- Von Michael Panzram

- Der Traum des ECDC Memmingen vom Aufstieg in die DEL2 droht zu platzen. Im dritten Play-off-Finale der Eishockey-Oberliga kassierten die Indians am Dienstagab­end eine 1:2-Niederlage nach Verlängeru­ng gegen die Eisbären Regensburg. Nun braucht der ECDC am Freitag auswärts unbedingt einen Sieg, um ein Entscheidu­ngsspiel am Sonntag in Memmingen zu erzwingen. Selbst wenn der Aufstieg am Ende verpasst werden würde, bliebe diese Saison eine historisch­e.

Sollten sich am frühen Dienstagab­end tatsächlic­h noch ein paar Spätentsch­lossene ohne Tickets auf den Weg zum Memminger Hühnerberg gemacht haben, um dort den ECDC gegen Regensburg in der Eissportha­lle zu sehen, so werden sie Pech gehabt haben. Denn rund eine Stunde vor dem dritten Finale dieser so aufregende­n Serie vermeldete der Club: Wir sind ausverkauf­t! Alles war also wieder bereit für den ultimative­n Ausnahmezu­stand. Bis auf den letzten Platz gefüllt war das Stadion kurz vor dem Eröffnungs­bully wieder. 3700 Zuschauer sorgten für eine Kulisse, die die Zweitligat­auglichkei­t der Memminger mehr als unter Beweis stellte. Schon in Spiel eins nur wenige Tage zuvor waren alle Plätze vergeben gewesen. Der ECDC und sein Anhang machen aus diesen Wochen das, was sich gehört in einem derart außergewöh­nlichen Moment: Feiertag folgt auf Feiertag.

„Wir wollen uns keine Möglichkei­ten verbauen, auch wenn für einen sportliche­n Aufstieg noch viele Siege in den Play-offs eingefahre­n werden müssten. Diese Bewerbung ist auch ein Zeichen an alle Sponsoren und Fans, dass wir im Hintergrun­d hart an der Zukunft des Memminger Eishockeys arbeiten“, hatte der ECDC-Vorsitzend­e Helge Pramschüfe­r schon vor Ende der Hauptrunde gesagt, als die Indians die Unterlagen für die DEL2 einreichte­n.

Etwas mehr als zwei Monate später haben Pramschüfe­r, der die Spiele auf Tuchfühlun­g zu den Fans mittendrin erlebt, und die anderen Verantwort­lichen des ECDC um Trainer Sergej Waßmiller und den Sportliche­n Leiter Sven Müller tatsächlic­h viele Siege erlebt. Nach Platz zwei in der Hauptrunde wurden die Herne Miners, die Tilburg Trappers und die Hannover Indians in den Play-offs besiegt – dank dieser insgesamt zwölf Erfolge verdienten sich die Memminger erstmals nach ihrer Gründung im Jahr 1999 die Teilnahme an einer Finalserie. Apropos erstmals: Schon Sieg eins gegen Herne im Achtelfina­le war historisch gewesen, weil bisher nie dagewesen, alle weiteren Siege somit auch. Nun also der letzte Schritt zur sportliche­n Qualifikat­ion für die DEL2. Von Minute eins an verlief die Finalserie spannend, dramatisch, unterhalts­am. 4:3 nach Verlängeru­ng gewann Memmingen zunächst vor ausverkauf­ten Rängen am Hühnerberg, zwei Tage später mussten sie sich 1:2 in Regensburg geschlagen geben. Schon diese zwei Duelle machten deutlich, dass es eine ganz enge Kiste werden würde gegen den Ligakonkur­renten, der seit Jahren zu den besten Mannschaft­en in der Oberliga Süd zählt, während sich Memmingen erst Schritt für Schritt nach vorne gearbeitet hat. „Ein Aufstieg würde natürlich viele Herausford­erungen mit sich bringen, allen voran strukturel­ler und finanziell­er Natur. Für uns als Club ist die zweite DEL2-Bewerbung der Vereinsges­chichte aber ein weiterer Meilenstei­n in der jüngsten Entwicklun­g des Memminger Eishockeys“, verdeutlic­hte der stellvertr­etende ECDC-Vorsitzend­e Thomas Butzke die aktuelle Situation treffend. Erstmals hatten sich die Indians vor zwei Jahren beworben, waren ebenfalls Zweiter der Hauptrunde geworden – dann kam Corona und die Saison wurde abgebroche­n.

Diese Drohkuliss­e gab es während der Spielzeit 2021/22 nicht, trotzdem spielte das Virus eine große Rolle. Mehrfach wurden auch die Memminger gebeutelt, erstmals schon in der Vorbereitu­ng. Doch zum Saisonhöhe­punkt waren alle fit und gesund. Den Zuschauern durfte sich so ein Eishockeyf­est bieten, das keine Wünsche offen ließ. Auch Spiel drei am Dienstagab­end war große Unterhaltu­ng – mit einem dramatisch­en Ende.

ECDC-Vorstand Thomas Butzke

Als die Memminger zum ersten Bully das Eis betraten, durften sie „Rot-weiße Kämpfer für die Ewigkeit“auf einem Spruchband in der Fankurve lesen. Die Erwartungs­haltung war damit klar. In den nächsten mindestens 60 Minuten sollte sich jeder im Indians-Trikot zerreißen, um den nächsten Sieg zu landen und in die Geschichte einzugehen. Kämpferisc­h war den Memmingern auch nichts vorzuwerfe­n, bei der Chancenver­wertung hakte es aber. Den frühen Rückstand durch Nikola Gajovksy glich Donat Peter bald aus, danach rannten die Indians vergeblich gegen das Tor von Patrick Berger an. Auf der anderen Seite musste ECDC-Goalie Marco Eisenhut ständig bereit sein, die schnellen Angriffe der Regensburg­er abzuwehren. Bis zur Schlusssir­ene der regulären Spielzeit passierte nichts Entscheide­ndes mehr, es gab nicht einmal eine einzige Strafzeit (!). Wieder musste also die Verlängeru­ng her. Und da schlugen schließlic­h die Eisbären zu. Nach knapp zehn Minuten netzte Andrew Schembri zum 2:1 ein, der Jubel auf Regensburg­er Seite war wie zu erwarten riesig. Die Mannschaft aus der Oberpfalz hat nun am Freitagabe­nd (20 Uhr) ihren ersten Matchpuck zum Meistertit­el und zum Aufstieg in die DEL2.

Und die Memminger? Die schüttelte­n sich nach dem schmerzhaf­ten K.o. in der Overtime kurz, fuhren dann in die Ränge applaudier­end übers Eis und verschwand­en in der Kabine. Stimmen zum Spiel gab es wie während einer Serie in Memmingen üblich nicht. Waßmiller und seine Spieler wollen lieber Taten sprechen lassen. Schon am Freitagabe­nd wieder, um das Finale zu einem entscheide­nden Spiel fünf für einen erneuten Ausnahmezu­stand an den Hühnerberg zurückzuho­len.

ECDC Memmingen - Eisbären Regensburg 1:2 n.V. (1:1, 0:0, 0:0/0:1)

Tore: 0:1 (9:36) Nikola Gajovsky, 1:1 (16:38) Donat Peter, 1:2 (69:46) Andrew Schembri Strafen: Memmingen 2 Minuten, Regensburg 2 Minuten Zuschauer: 3700 (ausverkauf­t).

 ?? FOTO: FLORIAN WOLF ?? Starker Rückhalt: Memmingens Goalie Marco Eisenhut klärt hier vor dem Regensburg­er Nikola Gajovsky.
FOTO: FLORIAN WOLF Starker Rückhalt: Memmingens Goalie Marco Eisenhut klärt hier vor dem Regensburg­er Nikola Gajovsky.

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