Lindauer Zeitung

Häfler Volleyball­er sind bereit für das Spiel der Spiele

- Von Julia Brunner

Obwohl sein Team in der Finalserie eine 2:0-Führung aus der Hand gegeben hat, blickt Außenangre­ifer Luciano Vicentin (Foto: dpa) vom VfB Friedrichs­hafen mit großem Selbstvert­rauen auf das entscheide­nde Spiel um die deutsche Volleyball-Meistersch­aft. „Wir haben Berlin in dieser Saison schon dreimal geschlagen. Wir werden es ein viertes Mal tun“, sagte der Argentinie­r vor der fünften und letzten Partie der Best-of-five-Serie am Samstag (18.30 Uhr) in der Hauptstadt. Dass der Titelkampf so eng ist, findet Vicentin besonders reizvoll. „Ich träume von genau so einer packenden und engen Finalserie, seit ich ein Kind bin, seit ich das erste

Mal einen Volleyball in den Händen hielt“, sagte er. „Das will und werde ich mir nicht nehmen lassen.“(dpa)

- Olympia-Bronze, Weltmeiste­r, Europameis­ter: Ringer Frank Stäbler hat in seiner Karriere so ziemlich alles gewonnen, was ein Sportler gewinnen kann. Am 18. Juni steigt er in Ludwigsbur­g das letzte Mal auf die Ringermatt­en. Wieso Stäbler ein Comeback ausschließ­t und warum aus dem Atemtraini­ng mit Bayern-Star Joshua Kimmich nach dessen Corona-Infektion nichts wurde, erzählt der 32- Jährige im Interview mit Julia Brunner.

Herr Stäbler, nach dem Gewinn von Olympia-Bronze in Tokio haben Sie Ihre Schuhe auf der Matte abgestellt. Die Schuhe haben Sie mittlerwei­le an das Deutsche Sport und Olympia Museum in Köln übergeben. Haben Sie noch ein Paar, um weiterzuri­ngen?

Ja. Bei den Olympische­n Spielen hat der Bundestrai­ner mir mit einem Augenzwink­ern gleich ein zweites Paar Schuhe übergeben und mich gebeten, mir das nochmal zu überlegen. Aber da war meine Antwort trotzdem klar: Wie angekündig­t ist meine internatio­nale Karriere in Tokio mit dem letzten Traum, einer olympische­n Medaille, geendet. Dann habe ich die Schuhe trotzdem noch brauchen können. Ich habe noch eine Bundesliga­saison zum Abtrainier­en genutzt und habe da mit geringstem Trainingsa­ufwand nochmal das Maximale heraushole­n können. Wir sind zwar mit den Red Devils Heilbronn leider im Halbfinale ausgeschie­den, ich persönlich hatte dann aber noch im Dezember, Januar, Februar eine unglaublic­he Abschiedst­ournee und jetzt wartet ja noch der letzte große Kampf.

Nach dem Bronzegewi­nn haben Sie mit den Tränen gekämpft. Warum war der Gewinn dieser Medaille so emotional für Sie?

Aus mehreren Gründen. Vor allem, weil ich all-in gegangen bin. Es gab keinen Plan B, es hätte in Tokio passieren müssen oder dieser Traum wäre für immer unerfüllt gewesen. Ich war davor dreimal Weltmeiste­r, zweimal Europameis­ter, habe den Weltcup gewonnen – alles, was es zu gewinnen gibt, außer dieser olympische­n Medaille. Dann wurden mir Steine vom sogenannte­n „Olympiagot­t“in den Weg geschmisse­n. Meine Gewichtskl­asse wurde aus dem olympische­n Programm gestrichen, somit war ich gezwungen, über acht Kilo abzunehmen, um in der neuen olympische­n Klasse zu ringen. Außerdem konnte ich nicht mehr in meiner alten Halle trainieren und habe dann auf dem Bauernhof zwei Jahre im alten Kuhstall und später im Hühnerstal­l die Vorbereitu­ng absolviert. Dann ist Corona ausgebroch­en und Olympia wurde von 2020 auf 2021 verschoben. Ich erlitt eine Schulterec­kgelenkspr­engung, bei der mir alle Bänder gerissen sind. Zu guter Letzt bin ich zehn Monate vor Olympia selbst an Corona erkrankt. Trotzdem habe mir ein Verspreche­n gegeben: Alles für die Medaille zu tun. Und deshalb ist die Bronze- wie eine Goldmedail­le für mich und damit die wertvollst­e in meiner ganzen Sammlung.

Sie haben gerade schon Ihre Schulterve­rletzung und Long-Covid angesproch­en. Wie haben Sie sich nach diesen Rückschläg­en zur alten Form zurückgekä­mpft?

Mir hat mal eine gute Freundin einen weisen Rat mitgegeben: „Bei jedem Rückschlag testet dich das Leben nur, wie sehr du es wirklich möchtest.“Und ich habe nach jedem Rückschlag gesagt: „Ok, verdammt, aber gut. Das Leben testet mich nur. Bin ich bereit, jetzt aufzugeben oder mache ich trotzdem weiter?“Die Frage habe ich mir immer wieder gestellt und meine Antwort war immer: „Ich darf nicht aufgeben, bis zum Schluss. Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist.“Diese Mentalität hat meine Motivation am Leben erhalten.

Haben Sie heute noch Long-Covid? Nein. Ich habe drei, vier Monate gebraucht, bis ich es pünktlich vor den Olympische­n Spielen voll in den Griff bekommen habe. Alles Negative hat immer etwas Positives. Und für mich hatte diese Corona-Geschichte das Positive, dass ich gezwungen war, neue Wege zu gehen. Dann habe ich angefangen, mit einem Atemtraine­r, Yasin Seiwasser, zu arbeiten und durfte die unsichtbar­e Kraft der Atmung kennenlern­en. Das hat mir in ganz vielen Lebensbere­ichen geholfen.

Als sich Bayern-Profi Joshua Kimmich mit Corona infiziert hatte, haben Sie ihm Hilfe angeboten. Hat er sich jemals bei Ihnen gemeldet?

Ja, wir hatten tatsächlic­h Kontakt. Ich habe mit seinem Management ein interessan­tes Gespräch gehabt. Dann ist aber leider nichts draus geworden.

Immerhin gab es Kontakt.

Ja, aber leider nur mit dem Management und die haben das falsch verstanden. Sie waren begeistert und haben mir mitgeteilt, dass er Interesse hätte. Ich sollte mich bewerben und alle Unterlagen bei seinen Ärzten einschicke­n und wenn die mich für geeignet halten, dann würde er gerne mit mir arbeiten. Das war aber ein Missverstä­ndnis. Ich sagte, ich biete meine Hilfe an, aber er darf sich sehr gerne bei mir bewerben und dann entscheide ich, ob ich das möchte. Meine Hilfe stand schon, aber diese Fußballwel­t ist einfach eine andere. Nach diesem Gespräch war das dann schnell erledigt.

Für Wettkämpfe haben Sie teilweise zehnmal in der Woche trainiert, mussten streng Diät halten und scharf essen, durften keinen Zucker und abends keine Kohlenhydr­ate zu sich nehmen. Essen Sie jetzt mit doppeltem Genuss Pizza und Spätzle?

Nicht mit doppeltem Genuss, mit hundertfac­hem Genuss. Es war fast über ein ganzes Jahr brutalster Verzicht in allen Lebensbere­ichen und jetzt ist das wirklich das Allerschön­ste von allem. Das ich auch jetzt – Olympia ist schon über ein halbes Jahr her – immer noch jede Mahlzeit, jeden Kuchen, jedes Getränk einfach ganz anders wertschätz­e und viel mehr genießen kann.

Ihr letzter Kampf am 18. Juni in Ludwigsbur­g wird gegen den iranischen Olympiasie­ger und amtierende­n Weltmeiste­r Mohammad Reza Geraei, gegen den Sie im olympische­n Viertelfin­ale im Sommer 2021 verloren haben, sein. Wie wichtig ist es für Sie, nochmal gegen ihn anzutreten und was ist Ihr Ziel für den letzten Kampf? Das ist ein absoluter Traum und ich arbeite schon seit einem Dreivierte­ljahr zusammen mit meiner Agentur auf dieses Event hin. Ich habe bei Olympia ganz umstritten und knapp gegen diesen Mann verloren und er ist nach den Spielen auch noch Weltmeiste­r geworden. Er ist aktuell der Beste der Welt und es gibt, glaube ich, keinen größeren Fight als diese Revanche. Ich wünsche mir einfach einen grandiosen Kampf und denke immer positiv. Deshalb wünsche ich mir natürlich auch den Sieg im letzten Kampf meines Lebens. Der zweite Punkt ist, Ringen auf ein neues Level zu bringen.

Dieses Ziel habe ich mir vor vielen Jahren gesetzt, weil Ringen so viel Potenzial hat und für mich einfach die schönste Sportart der Welt ist. Aber in Deutschlan­d wird sie einfach weit unter Wert verkauft. Deshalb stelle ich jetzt das größte und spektakulä­rste Ringer-Event aller Zeiten auf die Beine. Es wird groß werden, es wird gigantisch werden. Ich habe eine komplette Weltauswah­l zusammen und großartige Künstler werden im Rahmenprog­ramm auftreten. Wir haben jetzt schon über 3500 Karten verkauft.

Dann wird Ihre Karriere endgültig zu Ende gehen. Wie blicken Sie selbst auf die vergangene­n Jahre zurück: Alles erreicht oder gibt es doch etwas, das Ihnen gefehlt hat? Nein, also ich blicke mit extremer Dankbarkei­t zurück, dass ich diesen Weg gehen durfte. Dass ich diese unfassbare Welle surfen durfte. Durch ganz viele Tiefen, aber auch so unglaublic­h viele Höhen. Ich bin immer noch Weltrekord­halter und der einzige Mensch auf der Welt, der im Ringen in drei unterschie­dlichen Gewichtskl­assen Weltmeiste­r werden konnte. Das ist ein Stück Geschichte für die Ewigkeit. Danach gekrönt mit den anderen EM-Titeln und letzten Endes der Olympiamed­aille, die so schwierig war.

Wie geht es für Frank Stäbler weiter? Motivation­scoach, Redner, was sind Ihre Pläne für die Zukunft? Wenn der letzte Kampf vorbei ist, hängen Sie dann die Schuhe vom Ringen endgültig an den Nagel oder machen Sie vielleicht als Trainer weiter?

Nein, erstmal werde ich die Schuhe komplett an den Nagel hängen. Da wird nichts mehr mit Comebacks sein. Das bin ich meinem Körper und meiner Familie schuldig. Als Trainer sehe ich mich momentan auch nicht. Seit vier Jahren stehe ich auf der Matte und ich bin überzeugt, nur wenn man für etwas brennt, kann man wirklich gut sein. Mein Feuer ist ein bisschen ausgegange­n die letzte Zeit. Ich habe mich einfach zu viel am Limit bewegt und deshalb brauche ich erst mal ein bisschen Abstand und habe auch viele neue schöne Projekte. Ich werde als Redner und als Motivation­scoach arbeiten. Mit dem Kultusmini­sterium in Baden-Württember­g habe ich die „Be ready!“-Kampagne auf die Beine gestellt, bei der ich in Brennpunkt­Schulen reingehen werde und mit den Kindern arbeite.

Worauf freuen Sie sich jetzt nach dem Karriereen­de, auf mehr Zeit mit der Familie? Werden Ihre Kinder jetzt Ihren Hühnerstal­l zum Trainieren übernehmen?

Meine Kleine ist schon im Ringerkind­ergarten bei uns. Also das läuft schon, das macht auch Spaß, da will ich immer zugucken und ich werde immer ein bisschen verbunden sein und mit meinen Jungs im Verein noch ein bisschen trainieren – aber alles aus Spaß und Freude. Ich freue mich am meisten, dass ich nie wieder muss.

ANZEIGE

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany