Das Kunsthaus Bregenz in Venedig
Im Jubiläumsjahr gibt das KUB bei der Kunstbiennale ein Gastspiel in einem Palazzo
Von Antje Merke
- 25 Jahre Kunsthaus Bregenz (KUB) – ein Haus unverwechselbar in Architektur und Programm. Im Superkunstjahr mit Biennale und documenta eine Außenstelle in Venedig aufzumachen, ist da ein kluger Schachzug. Direktor Thomas D. Trummer hat mit der Scuola di San Pasquale, einem ehemaligen Hospiz aus dem 17. Jahrhundert in einem ruhigen Eck zwischen Arsenale und San Marco gelegen, einen idealen Ausstellungsraum gefunden. Das schlichte Gebäude mit seinem quadratischen Aufbau und den schönen hohen Sälen kommt dem KUB mit seiner reduzierten Museumsarchitektur sehr nahe. „Auch hier gibt es diesen besonderen Lichteinfall und wie mir scheint denselben Klang“, sagte Trummer bei der Pressekonferenz in Venedig.
Zwei Künstlerinnen werden in dem Palazzo präsentiert: die Nigerianerin Otobong Nkanga und die aus Kairo stammende Anna Boghiguian. In ihren Arbeiten thematisieren sie auf ganz unterschiedliche Weise gesellschaftspolitische Fragen der Gegenwart. Nkanga zeigt im Erdgeschoss der Scuola einen farbenprächtigen Wandteppich und eine speziell für die Akustik des Ortes kreierte Soundinstallation. Vier ihrer Textilarbeiten waren bereits heuer im KUB zu sehen. „Ich wollte eine fünfte Arbeit schaffen, in der alles zusammenfließt“, erklärte die 48Jährige in Venedig. Diese kombiniere nun alle Aspekte von Leben, Tod und Spiritualität. Wie schon in Bregenz geht es auch hier um die Suche nach Rohstoffen auf dem Meeresgrund.
Zugleich finden sich menschliche Körperteile, die selbst wieder zu neuen Nährstoffen werden. Für Nkanga endet das Leben nicht im Tod, sondern wird nur in etwas Neues umgewandelt.
Einen anderen Ansatz wählt Anna Boghiguian. Im ersten Stock stellt sie ein riesiges, aus Spiegeln und schwarzem Plexiglas bestehendes Schachbrett aus. Bevölkert wird „The Chess Game“von auf Papier gezeichneten und auf Holzsilhouetten befestigten historischen Figuren. „Bis auf zwei Personen sind alle Österreicher“, sagte die 76-Jährige mit schelmischem Grinsen vor Ort. Die Hauptfigur ist Marie Antoinette. Die Erzherzogin von Österreich galt als oberflächlich und verschwenderisch. Als Königin von Frankreich wurde sie schließlich mit geschorenem Kopf zur Guillotine geführt.
Um sie herum finden sich noch 14 weitere Persönlichkeiten: der Psychoanalytiker Sigmund Freud etwa, die Pazifistin Bertha von Suttner, die 1905 als erste Frau mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, oder der KZ-Arzt von Mauthausen, Aribert Heim, der bis zu seinem Tod 1992 unbehelligt in Kairo lebte. Für Anna Boghiguian „ein Panoptikum politischer Ideen und Konflikte“. Und zugleich ein Sinnbild von Gut und Böse. Im Spätherbst gibt es mehr von der Grande Dame der ägyptischen Gegenwartskunst im KUB zu sehen.
Das Gastspiel in Venedig am Rande der Kunstbiennale ist der Auftakt für ein mehrtägiges Festprogramm, das dann Mitte Juli in Bregenz veranstaltet wird.