Russischer Außenminister empört Israel
Lawrow vergleicht ukrainischen Präsidenten mit Hitler – Rettung von Menschen im Stahlwerk Mariupol geht voran
(dpa) - Die Rettung von Zivilisten aus dem schwer umkämpften Werk Azovstal in der ostukrainischen Hafenstadt Mariupol geht voran: Es seien seit dem Wochenende 126 Menschen in Sicherheit gebracht worden, teilte das russische Verteidigungsministerium am Montag mit. Das Militär garantiere die Sicherheit des humanitären Korridors.
Die ukrainische Nationalgarde sprach davon, dass noch 200 Zivilisten in dem Stahlwerk seien, unter ihnen 20 Kinder. Zudem hielten sich dort noch rund 500 verletzte ukrainische Verteidiger des zerstörten Mariupol auf, die dringend medizinische Hilfe bräuchten. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte ihnen eine Behandlung zugesichert, sollten sie die Waffen niederlegen und sich den russischen Angreifern ergeben.
Ein Buskonvoi hatte am Wochenende rund 100 Zivilisten aus dem von russischen Soldaten belagerten Stahlwerk Azovstal gebracht. Beteiligt waren auch die Vereinten Nationen und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). Nach ukrainischen Angaben sollen allein in den Bunkeranlagen des Stahlwerks noch etwa 1000 Zivilisten eingeschlossen sein. Russland spricht von etwa 2500 Menschen, darunter Militärs und ausländische Söldner.
Für Empörung sorgte dagegen Russlands Außenminister Sergej Lawrow: Mit einem Nazivergleich in Bezug auf den Ukraine-Krieg erregte er nicht nur in Israel die Gemüter. Die Regierung in Jerusalem bestellte den russischen Botschafter ein. Lawrow hatte die Kriegsbegründung wiederholt, in der Ukraine seien Nazis am Werk.
Als Gegenargument werde gesagt: „Wie kann es eine Nazifizierung geben, wenn er (Selenskyj, d.Red.) Jude ist? Ich kann mich irren. Aber Adolf Hitler hatte auch jüdisches Blut. Das heißt überhaupt nichts. Das weise jüdische Volk sagt, dass die eifrigsten Antisemiten in der Regel Juden sind.“
Der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett sagte am Montag nach Angaben seines Büros: „Seine Äußerungen sind unwahr, und sie dienen einem falschen Zweck. Es ist das Ziel solcher Lügen, den Juden selbst die Schuld an den schlimmsten Verbrechen der Geschichte zu geben, die gegen sie verübt wurden.“
Israel hat traditionell sowohl zu Russland als auch zur Ukraine gute Beziehungen. An Russlands Vorgehen hatte Bennett bislang nur verhalten Kritik geäußert.
Währenddessen gerät die an die Ukraine angrenzende Republik Moldau stärker in den Fokus. Aus der Ampel-Koalition kommen Warnungen vor einem Übergreifen des russischen Angriffskrieges auf das Separatistengebiet Transnistrien in Moldau. „Man muss befürchten, dass Moldau das nächste Ziel ist. Und deswegen sind wir ja auch so fest davon überzeugt, dass man Putin jetzt in der Ukraine stoppen muss“, sagt Anton Hofreiter (Grüne), Vorsitzender des Europaausschusses im Bundestag, der Deutschen Presse-Agentur. Moldau grenzt im Westen an den EU-Staat Rumänien und ist im Osten von der Ukraine umgeben. Auch die FDP-Verteidigungsexpertin MarieAgnes Strack-Zimmermann sagte: „Es geht um die grundsätzliche Frage, autarke Länder wieder in ein großes russisches Reich einzuverleiben.“
Ein Bild vor Ort will sich nun auch der Linken-Außenpolitiker Gregor Gysi machen. Er will von diesem Dienstag an bis Sonntag durch die Ukraine reisen und neben der Hauptstadt Kiew auch die Vororte Butscha und Irpin sowie die westukrainische Stadt Lwiw besuchen. Die Reise durch das Kriegsgebiet findet ohne Personenschutz durch das Bundeskriminalamt statt. Auch CDU-Chef Friedrich Merz will nach Kiew reisen.
Im Land wird weiterhin an zahlreichen Orten gekämpft. Moskau meldete am Montag zahlreiche neue Luft- und Raketenangriffe gegen die Ukraine. Dabei hätten die taktische Luftwaffe und Heeresflieger 27 Ziele beschossen, mit flugzeugbasierten „Hochpräzisionsraketen“seien weitere 38 Militärobjekte getroffen worden, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow.
Ukrainische Streitkräfte haben nach eigener Darstellung eine Reihe russischer Angriffe in Richtung der Großstadt Saporischschja im Süden des Landes abgewehrt. Die inzwischen eingetretene Kampfpause werde genutzt, um die Abwehrstellungen zu festigen, berichtete die Agentur Unian unter Berufung auf die regionale Zivil- und Militärverwaltung. Russische Einheiten hätten östlich von Saporischschja mehrfach erfolglos versucht, ukrainische Truppen einzukesseln.