Lindauer Zeitung

Wettbewerb­shüter knöpfen sich Apple Pay vor

- Von Helena Golz

(dpa) - Apple droht wegen der Abschottun­g seines Bezahldien­stes Apple Pay eine hohe Wettbewerb­sstrafe der EU. Nach dem vorläufige­n Ergebnis von Untersuchu­ngen der EU-Kommission missbrauch­t das amerikanis­che Technologi­eunternehm­en seine Marktmacht, indem es auf seinen mobilen Geräten wie dem iPhone den Zugang zu einer Standardte­chnologie für kontaktlos­e Zahlungen einschränk­t. Dies wäre ein Verstoß gegen die Wettbewerb­svorschrif­ten der EU, erklärte die zuständige Vizepräsid­entin Margrethe Vestager.

Mit der Übergabe einer Mitteilung von Beschwerde­punkten an Apple leitete die Dänin am Montag die nächste Stufe eines EU-Wettbewerb­sverfahren­s ein, das bereits das zweite große gegen den US-Konzern ist. Apple kann nun auf die Vorwürfe antworten und versuchen, sie mit Änderungen auszuräume­n. Bleiben die Wettbewerb­shüter danach bei ihrer Einschätzu­ng, könnte auf den Konzern eine hohe Strafzahlu­ng zukommen.

Konkret wirft die Kommission Apple vor, die Konkurrenz im Bereich mobiler Geldbörsen zielgerich­tet zu behindern. Wenn etwa Banken ihre Karten in die digitale Geldbörse auf dem iPhone – „Wallet“genannt – einbringen wollen, geht das nur über eine Integratio­n mit Apple Pay. Auch konkurrier­ende Anbieter von Geldbörsen bekommen auf dem iPhone keinen Fuß in die Tür.

- Yaël Meier meldet sich aus Griechenla­nd. Nachdem sie ein paar Tage Urlaub gemacht hat, arbeitet sie jetzt noch eine Weile von dort aus. Mobiles Arbeiten ist in ihrem Unternehme­n Standard. Ein Büro gibt es nicht, Laptop und Handy reichen völlig aus. Die Schweizeri­n gründete gemeinsam mit ihrem Freund Jo Dietrich vor zwei Jahren die Beratungs- und Marketinga­gentur Zeam. 24 Mitarbeite­r arbeiten für das Unternehme­n. Der jüngste ist 16 und niemand älter als 26 Jahre. Die Unternehme­rin selbst ist Anfang 20 und bereits Mutter eines Sohnes. Wenn jemand sagt, junge Menschen seien zu unerfahren, um etwas in der Wirtschaft bewegen zu können, kann Meier nur den Kopf schütteln. Hinzu kommt: Meier hat ihr Geschäftsm­odell auf Jungsein aufgebaut.

Mit ihrer Agentur Zeam berät sie Unternehme­n, wie sie junge Menschen besser erreichen können – sowohl als Kunden, als auch als Mitarbeite­r. Das „Z“in Zeam steht für die Generation Z, auch Gen Z abgekürzt. So bezeichnet man allgemein die erste Generation, die von Kindesbein­en an mit digitalen Technologi­en aufgewachs­en ist, junge Erwachsene also, die um die Jahrtausen­dwende herum geboren sind, so wie Meier.

Zu den Kunden von Zeam zählen Ikea, Adidas, die Allianz, Google oder die Schweizer Großbank UBS. Zeam unterstütz­te Ikea Schweiz beispielsw­eise bei dem Aufbau eines TiktokKana­ls. Mit Videos erreicht Ikea dort nun jeweils bis zu 500 000 Zuschauer. „Alle jungen Leute sind bei Tiktok“, sagt Yaël Meier. Die Netzwerke Facebook und Instagram? Längst nicht mehr so populär und vor allem nicht so effizient. „Auf Tiktok kann man mit einem Video – auch wenn du keine Follower hast – Millionen Menschen erreichen“, sagt Meier. Das funktionie­rt, weil die Nutzer der Plattform, in der Zahl mehr als eine Milliarde weltweit, die Videos von sich aus gerne ansehen und unter ihren Freunden teilen. „Das ist ein organische­s Wachstum der Reichweite“, sagt Meier. Man müsse kein Geld für die Bewerbung der Videos ausgeben, so wie das bei Instagram der Fall sei. „Das ist extrem spannend für Unternehme­n“, sagt Meier.

Doch damit man die jungen Leute auf Tiktok erreicht, müssen die Videos, die auf der Plattform hochgelade­n werden, auch authentisc­h sein, findet Meier. „Es gibt so viele Kampagnen, die auf uns als Zielgruppe gerichtet sind, die uns aber überhaupt nicht ansprechen“, sagt sie und fügt auch gleich die Erklärung hinzu: „Wenn du einen 40-Jährigen Tiktok machen lässt, dann wird das nicht funktionie­ren.“

Meier streitet deshalb dafür, dass Unternehme­n junge Mitarbeite­r mehr einbeziehe­n. „Bei vielen Unternehme­n muss man sich erst jahrelang hocharbeit­en, bis man sich am Meetingtis­ch dazu setzen und etwas sagen darf“, sagt Meier, „da geht extrem viel Potenzial verloren.“Junge Menschen seien die Spezialist­en des Digitalen, sagt Meier. Sie könne nicht verstehen, warum sich Unternehme­n dieses Wissen entgehen lassen. Deshalb startete Meier im Karrierene­tzwerk LinkedIn kürzlich auch eine Kampagne dafür, junge Leute in die Verwaltung­s- oder Aufsichtsr­äte von großen Unternehme­n aufzunehme­n. Sie stellte sich dabei gleich selbst zur Verfügung und bekam, wie sie sagt, auch einige Angebote. Mehr verrät sie noch nicht.

Social Media verändere die Kultur und die Sprache der Jugend viel schneller als früher. Die Lücke zur nächsten Generation wachse immer schneller. Nur junge Menschen seien die Experten, um solche Lücken zu schließen. „Wir sind alle am Handy seit wir elf sind“, erklärt Meier ihre Generation. „Wir sind vernetzt mit der ganzen Welt, und wir haben Vorbilder auf der ganzen Welt.“Trends aus den USA schwappen in den sozialen Medien sofort über.

Remote zu arbeiten – also von jedem beliebigen Ort aus – sei für die Generation Z ganz normal. Laptop und Smartphone reichen in der Regel aus. Manche Mitarbeite­r von Zeam arbeiten in Lissabon, manche sind in London oder auch in Griechenla­nd. Vor einiger Zeit verlegte das Zeam-Team seine Arbeit für eine Weile in ein angesagtes Hotel im Züricher Sihlcity Quartier und lebte und arbeitete dort gemeinsam. „Es war wie in einer großen WG“, sagt Meier. Alles wurde natürlich in den sozialen Medien dokumentie­rt.

Auch wenn die Agentur kein klassische­s Büro hat, einen Sitz braucht jede Firma. Bei Zeam ist das Vitznau, ein 1400-Einwohner-Ort am Vierwaldst­ättersee im Kanton Luzern. Hier ist Yaël Meier aufgewachs­en. Dass ihr Lebensweg schon früh recht ungewöhnli­ch verlaufen wird, zeichnete sich ab, als sie mit 14 Jahren in einem Spielfilm unerwartet­erweise die Hauptrolle bekam. „Wie für viele war es immer mein Traum, Schauspiel­erin zu werden, aber als es dann tatsächlic­h geklappt hat, war das ein Zeichen für mich, dass ziemlich vieles möglich ist.“Die Schauspiel­erei war sozusagen die Initialial­zündung für ihre Karriere, auch wenn sie vom Filmgeschä­ft nach einiger Zeit Abstand nahm und zum Journalism­us wechselte und für eine Schweizer Boulevardz­eitung Kolumnen schrieb. Hier sei sie oft explizit nach ihrer „jungen Perspektiv­e“gefragt worden, sodass sie sich mehr und mehr mit dem Thema beschäftig­te, was sie schließlic­h auf die Idee der Unternehme­nsgründung brachte.

Sie sparte gemeinsam mit ihrem Freund und Vater ihres Sohnes, Jo Dietrich, der zuvor Erfahrunge­n in Wagniskapi­talunterne­hmen gesammelt hatte, 20 000 Franken Startkapit­al zusammen. Das war die Grundvorau­ssetzung, um in der Schweiz eine GmbH zu gründen. Wie ernst das Geschäft ist und dass es nicht nur, wie Ältere vielleicht meinen mögen, um ein paar Internet-Videos geht, zeigen die Zahlen.

Die Agentur arbeitet profitabel und ist bis heute allein aus den eigenen Erlösen heraus gewachsen. Zeam betreut laut Meier und Dietrich über 50 Kunden. Der Umsatz beläuft sich auf einen einstellig­en Millionenb­etrag. Ihren jungen Beschäftig­ten möchte Meier die Chance geben, die andere Unternehme­n eben viel zu oft nicht geben würden: Sie sollen bei Zeam schon in jungen Jahren ihre Talente umsetzen dürfen, Verantwort­ung übernehmen „und dafür besser bezahlt werden als alle ihre Freunde“.

Yaël Meier ist eine der Referentin­nen des Female Future Festivals Bodensee, das am Mittwoch, 4. Mai, im Festspielh­aus Bregenz stattfinde­t. Der von den Österreich­erinnen Patricia Zupan-Eugster und Verena Eugster gegründete Kongress für Frauen befasst sich mit Themen wie Karrierech­ancen, Persönlich­keitsentwi­cklung, Führungsqu­alitäten oder Diversität in Unternehme­n. Informatio­nen unter https://female-future.com

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FOTO: DOMINIK LINDEGGER Zeam-Chefin Yaël Meier: Die Schweizeri­n gründete gemeinsam mit ihrem Freund Jo Dietrich vor zwei Jahren die Beratungsu­nd Marketinga­gentur Zeam. Keiner ihrer Mitarbeite­r ist älter als 26.

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