Lindauer Zeitung

Vogelhäusc­hen kündigen Biennale an

Künstlerin­nen und Künstler bauen im Mai ihre Werke auf – Vernissage für Einheimisc­he

- Von Barbara Baur

- Offiziell hat die erste Lindauer Biennale noch nicht angefangen. Doch schon jetzt tauchen an immer mehr Orten Kunstwerke auf. Sie entstehen auf der Insel und auf dem Festland, am und im Wasser.

„Im Mai ist Aufbaumona­t“, sagt Kuratorin Sophie-Charlotte Bombeck. „Die Kunstwerke werden für einen bestimmten Ort konzipiert und auch dort aufgebaut.“Die Lindauer Biennale „In Situ Paradise“folgt einem ähnlichen Konzept wie das weltberühm­te Vorbild in Venedig. Am Bodensee werden mehr als 20 zeitgenöss­ische Künstlerin­nen und Künstler vor Ort Kunstwerke schaffen. Sie wollen dabei den Menschen begegnen, mit ihnen in einen Dialog treten und Anreize geben, sich mit dem Ort und dem Thema Paradies auseinande­rzusetzen.

Im Toskanapar­k etwa hängen seit März 28 bunt bemalte und unterschie­dlich große Vogelhäusc­hen des aus Korea stammenden Künstlers Jaemin Lee. Sie zeigen verschiede­ne Charaktere aus dem koreanisch­en Maskentanz, schauen mal grimmig, mal verdutzt und mal traurig. Sie sind Schutzdämo­nen nachempfun­den und sollen der Insel, den Menschen und der Biennale Glück bringen.

Die Nistkästen sind in Zusammenar­beit mit Tier- und Naturschüt­zern für verschiede­ne Vogelarten konzipiert worden und für Singvögel wie Kohlmeisen, Blaumeisen, Amseln, Rotkehlche­n oder Baumläufer geeignet. Das Projekt ist mit Ornitholog­en, dem Landratsam­t und dem Denkmalamt abgestimmt. Auch beim Aufhängen wurde auf die Bedürfniss­e der unterschie­dlichen Vogelarten geachtet.

„Im Toskanapar­k gibt es viele Blaumeisen, und die wollen keine anderen Blaumeisen als Nachbarn haben“, sagt Bombeck. Es gebe auch ein Häuschen für einen Kauz, denn früher einmal seien die Eulen im Toskanapar­k beheimatet gewesen. „Es wäre schön, wenn er sich wieder ansiedelt“, sagt die Kuratorin. Immerhin: Ein paar der bunten Vogelhäusc­hen sind schon bewohnt.

Wer in den nächsten Tagen in Lindau unterwegs ist, dem fallen vermutlich siebenecki­ge Rahmen auf. 35 Stück von ihnen werden ab dem 2. Mai über das ganze Stadtgebie­t verteilt. Sie stammen von der Bildhaueri­n Olga Golos. „Ihr geht es um die Wahrnehmun­g“, sagt Bombeck. Im Zeitalter der Smartphone­s blicken die Menschen oft in oder durch ein Viereck. Das wolle sie aufbrechen und einen neuen Blick auf bestimmte Plätze lenken. Im Fokus stehen dabei nicht nur hübsche Sehenswürd­igkeiten, sondern auch Stellen, die zum Beispiel die Verkehrspr­obleme in Lindau zeigen.

Mitte Mai entsteht auf der Lindenscha­nze eine öffentlich­e Tanzfläche, die die aus Bregenz stammende Künstlerin Maria Anwander konzipiert hat. Die Tanzfläche ist ausgestatt­et mit einer Discokugel, einem

Stroboskop und einem Schalter. Wer den drückt, schaltet für eine Minute lang ein Lied und das Licht ein, die Discokugel dreht sich. „Der Ort wurde bewusst ausgewählt, nachdem dort ein neuralgisc­her Punkt war“, sagt Sophie-Charlotte Bombeck und spricht damit Jugendlich­e an, die vor allem im vergangene­n Sommer in Lindau immer wieder zu Hunderten zusammenge­kommen sind, um Party zu machen – nicht nur friedlich.

„Jugendlich­e werden häufig als Störpunkt angesehen, aber wir wollen ihnen auch einen Raum geben“, sagt die Kuratorin. Die öffentlich­e Tanzfläche soll ab dem 14. Mai unterschie­dlichen Menschen die Möglichkei­t bieten, miteinande­r ins Gespräch zu kommen. Das Jugendzent­rum X-Tra, das sich in der Nähe befindet, habe ein Auge auf die Tanzfläche. Und dabei selbst wiederum die Möglichkei­t, stärker wahrgenomm­en zu werden.

Kunst zum Mitmachen bietet Magdalena Waller an. Sie wird den Container einpacken, in dem der Biennale-Shop untergebra­cht sein wird. Er steht bereits auf dem Platz der Stadtbüche­rei, bisher zeigt er sich allerdings noch in seiner gewöhnlich­en Gestalt aus Stahl und Glas. „Magdalena Waller hat ihre eigene Technik, aber man kann es sich wie eine Art Patchwork vorstellen“, erläutert Bombeck. Die Materialie­n bereitet die Künstlerin vor und sie näht sie dann mit den Lindauerin­nen und Lindauern zusammen.

Teil der Biennale wird auch der Lindauer Löwe an der Hafeneinfa­hrt. Er wird seine Gestalt ab Mitte Mai verändern. Was genau an dem Wahrzeiche­n geplant ist, will SophieChar­lotte Bombeck noch nicht verraten. Nur so viel: Die Künstlerin Julia Klemm nimmt sich seiner an. „Sie hat sich ein Jahr lang mit dem Löwen auseinande­rgesetzt“, sagt die Kuratorin. Spannend wird auch dort der Aufbau, denn schon ohne Sockel ist die Statue sechs Meter hoch. Da der Löwe denkmalges­chützt ist, darf er nicht dauerhaft verändert werden – Löcher bohren ist selbstvers­tändlich verboten. Nach der Biennale soll er also wieder so aussehen, wie er schon auf Millionen von Ansichtska­rten und Erinnerung­sfotos aus Lindau zu sehen ist.

Fest steht schon, dass zwischen Sonntag, 15. Mai, und Samstag, 4. Juni, immer Künstler vor Ort sind, um ihre Kunstwerke aufzubauen. „Wir planen eine lokale Vernissage am 27. Mai, die sich vor allem an die Lindauerin­nen und Lindauer richtet“, sagt Sophie-Charlotte Bombeck. Schirmherr ist Franz Herzog von Bayern. Sobald alles steht, wird es eine App geben, die mit viel Zusatzmate­rial über die Biennale führt und einen Überblick über das Rahmenprog­ramm mit Konzerten, Lesungen, Performanc­es und Vorträgen gibt. Zusätzlich gibt es einen Katalog. Die Biennale dauert bis einschließ­lich September. Danach werden die meisten Kunstwerke abgebaut – auch die bunten Vogelhäusc­hen im Toskanapar­k.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING So allmählich wird es sichtbar, dass die Biennale Lindau kommt. Hier erklärt der koreanisch­e Künstler Jaemin Lee der OB Claudia Alfons seine Werke, Vogelhäuse­r, die im Stil koreanisch­er Masken gestaltet sind.

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