„Gerechtigkeit ist keine Sozialromantik“
Lindauer Gewerkschaftsfeier am 1. Mai stand auch unter Einfluss des Krieges in der Ukraine
- „Gemeinsam Zukunft gestalten“– unter dem DGB-Motto zum 1. Mai versammelten sich rund 40 Zuhörer zur Gewerkschaftsfeier im Lindauer Hafen. Hauptredner Werner Gloning, langjähriger Vorsitzender des DGB-Bezirks Allgäu, ging gleich auf den Krieg in der Ukraine ein. „Nie habe ich gedacht, dass Krieg in Europa Thema einer meiner Mai-Reden wird“, sagte er. „Doch seit dem 24. Februar ist die Welt eine andere. Putins Russland – nicht „die Russen“– habe Krieg wieder zur Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln gemacht. Gerade deshalb dürften die Gewerkschaften und die Menschen überhaupt das Ziel „mehr Frieden schaffen mit weniger Waffen“nicht aufgeben.
Trotzdem, sagte Gloning weiter, halte er „derzeit Waffenlieferungen an die Ukraine für gerechtfertigt“. Dafür gab es aus dem Publikum keinen Beifall. Zustimmung erhielt er erst, als er ergänzte: „Doch die Rüstungsspirale reflexartig hochzudrehen, lehnen wir entschieden ab. Und das für die Zukunft auch noch im Grundgesetz festzuschreiben, erst recht.“
Anschließend ging Gloning auf das Motto „Gemeinsam Zukunft gestalten“ein und verlangte, dass dabei die „schreiend ungleiche Verteilung von Besitz und Einkommen in der deutschen Gesellschaft“beendet werde. Sollten beispielsweise die Folgekosten des Ukrainekrieges und jene zur Rettung des Weltklimas „auch so ungerecht verteilt werden, wie die der Pandemie, spaltet das unsere Gesellschaft noch weiter und bedroht unsere Demokratie“. Auch deshalb sei Gerechtigkeit „keine Sozialromantik und kein Luxus für Schönwetterperioden, sondern der Kitt, der eine demokratische Gesellschaft“zusammenhalte. Seine Forderung: „Wir brauchen eine höhere
Besteuerung von großen Vermögen, Spitzeneinkommen und großen Erbschaften. Wenn die BRD die hiesigen Vermögen so besteuern würde, wie die OECD-Staaten dies im Durchschnitt tun, wäre das Steueraufkommen Deutschlands jährlich um rund 30 Milliarden Euro höher. Wir wollen die mehr belasten, die das ohne Finanzberater gar nicht merken und die deswegen nicht einen Millimeter von ihrem Lebensstandard aufgeben müssen.“