Lindauer Zeitung

Von der Liebe zu alten Autos

Schätzchen in Chrom und Leder – Oldtimertr­effen in Wasserburg zieht viele Besucher an

- Von Susi Donner

Das Oldtimertr­effen war ein Publikumsm­agnet. Gutes Wetter und schicke Autos haben am 1. Mai zahlreiche Gäste auf das Gelände beim Wasserburg­er Freibad Aquamarin gelockt. Warum manche der Oldtimer-Fans gern Autos kaufen, die eine Macke haben.

Gunnar Huleja und Sabine Merkle vom Wasserburg­er Oldtimer-Club begrüßen freudig jedes Fahrzeug, das durch das Willkommen­stor fährt. Mit einem kleinen Interview stellen sie die Fahrerinne­n und Fahrer und deren Oldtimer vor, die teils von weit angereist sind. Schon bald steht ein motorisier­tes Schmuckstü­ck neben dem anderen auf der Wiese am See.

Wenn sie denn reden könnten – ganz sicher könnte jedes der Autos eine eigene Geschichte erzählen. Das übernehmen in dem Fall aber die stolzen Besitzer. Die Wasserburg­er Ulrich Müller-Lüneschloß und Manuela Riedesser haben es sich mit ihrer „Tomate“in Regiestühl­en direkt am See gemütlich gemacht. Tomate? So heißt ihr tomatenrot­er Fiat 500 L, Baujahr 1972, den sie vor rund zwölf Jahren gekauft haben.

Mit seinen 18 Pferdestär­ken kutschiert er die beiden bei schönem Wetter zuverlässi­g durch den Alltag – denn er ist nicht nur Schmuckstü­ck, sondern will durchaus regelmäßig bewegt werden. „Man kennt die Tomate. Sie steht, wenn es trocken ist, regelmäßig vor der Stadtverwa­ltung“, sagt Müller-Lüneschloß, der im Lindauer Stadtbauam­t arbeitet. Die beiden besitzen mehrere Oldtimer „Ulrich kauft immer bastelwürd­ige, damit er noch daran rumschraub­en und sie verbessern kann“, verrät Manuela Riedesser.

Mit ihrer „Tomate“haben sie von Anfang an lustige Geschichte­n erlebt. Sein Vorbesitze­r habe den Fiat 500 L zu seinem 50. Geburtstag geschenkt bekommen, sei aber fast nie damit gefahren und wollte ihn nach vier Jahren wieder verkaufen. „Als ich ihn abgeholt habe, ist er nicht richtig angesprung­en. Da habe ich den Vorbesitze­r gefragt, wie alt denn der Sprit sei und er meinte, das weiß er nicht, er habe ihn nie getankt“, berichtet Oldtimerli­ebhaber MüllerLüne­schloß.

Von Anfang an habe dann die Heizung nicht funktionie­rt. „Es wurde im Auto einfach nicht warm“, erzählt Riedesser. Ihr Ulrich habe nachgescha­ut und hinter den Pedalen ein Mäusenest gefunden. Die Mäuse hatten beim Nestbau alle relevanten Öffnungen zugebaut. Das hatte niemand bemerkt, weil das Auto ja immer stand. Die Mäuse waren nicht mehr da, aber Nussschale­n – die Reste einer Mäusemahlz­eit. Inzwischen hat der neue Besitzer den Fiat komplett zerlegt und keine weiteren Untermiete­r

mehr gefunden. Die Karosserie sei noch im damaligen Zustand, aber die Technik habe er komplett erneuert. Und weil die „Tomate“mit ihrem Köfferchen auf dem Rücken so bezaubernd ist, kommen immer wieder Leute vorbei und fragen, ob sie sie kaufen können.

Ein paar Meter weiter stehen Hanna und Tomas Kaspar aus Weißensber­g bei ihrem auf Hochglanz polierten und chromglänz­enden Ford V8 Phaeton mit leichtem, aufklappba­rem Verdeck, der am 1. Juli 1936 vom Band gelaufen ist. Die Flügel seiner Motorhaube sind hochgeklap­pt und geben den Blick frei auf die sagenhafte­n 160 PS, die in seinem interessan­ten Innenleben stecken. „Das Automobil habe ich seit drei Monaten“, sagt Tomas Kaspar auf Nachfrage und ergänzt schelmisch: „Meine Frau schon länger.“

Zu seinem vergangene­n und runden Geburtstag habe sie ihm erlaubt, dass er sich den Phaeton kaufe, den er „durch einen Zufall gefunden“habe. „Wir sind Sammler, wir haben bereits

Tomas Kaspar aus Weißensber­g etliche Oldtimer, die wir alle selbst bewegen. Dieses Jahr sind wir schon ausgebucht mit Oldtimertr­effen und Ausfahrten. Deshalb wird es wohl der Letzte sein, den wir gekauft haben.“Im Gegensatz zu Ulrich Müller-Lüneschloß schaue er immer darauf, dass die Autos schon beim Kauf in einem so guten Zustand sind, damit er nicht viel daran machen muss.

Er schraube zwar schon auch selbst, aber bei so alten Autos werde es immer schwierige­r mit den Ersatzteil­en und ihre Technik sei teilweise schon recht komplizier­t, da benötige er dann einen Fachmann. Das koste viel Zeit und viel Geld. „Ich bin begeistert von Oldtimern, aber ich liebe doch vor allem den Fahrspaß mit meiner Hanna zusammen und genieße das Leben“, erklärt er und schaut seine Hanna liebevoll an. Das

„Leben genießen“werde bei den Oldtimerli­ebhaberinn­en und -liebhabern sowieso großgeschr­ieben. „Es ist mehr als die Begeisteru­ng für die alten Autos. Das Lebensgefü­hl bei gemeinsame­n Ausfahrten und Ausflügen ist unbeschrei­blich schön.“

Diese Aussage passt zum Wasserburg­er Oldtimer-Club, der im kommenden Herbst seinen elften Geburtstag feiert und dessen Leitsatz ist: „Es zählen vor allem Spaß und Freude an alten Fahrzeugen, mit netten Menschen in geselliger, freundscha­ftlicher Runde.“

Eine Bildergale­rie gibt es unter www.schwaebisc­he.de/ oldtimer-wabu

des Treffens

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Hanna und Tomas Kaspar sind mit ihrem Ford V8 Phaeton zum Oldtimertr­effen nach Wasserburg gefahren.
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