Lindauer Zeitung

Sorgenvoll­er Blick auf das Wangener Krankenhau­s

Resolution mit deutlichen Forderunge­n zum Erhalt – Leutkirche­r und Isnyer Gemeinderä­te sollen abstimmen

- Von Simon Nill und Jan Peter Steppat

- Im württember­gischen Allgäu wächst die Sorge, dass das Wangener Krankenhau­s seine Funktion als Grund- und Regelverso­rger für die Region – inklusive Notaufnahm­e und Geburtsabt­eilung – unter Umständen verlieren könnte. Seit vielen Monaten gibt es Gespräche über die künftige Struktur der Oberschwab­enklinik (OSK). Sowohl in Leutkirch als auch in Isny sollen die jeweiligen Stadträte am Montagaben­d eine Resolution dazu verabschie­den.

„Ich mache mir schon gewisse Sorgen“, gesteht Leutkirchs Oberbürger­meister im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“mit Blick auf die geplante Umstruktur­ierung der Klinikland­schaft in der Region. Auch deshalb steht er hinter der Resolution, über die am Montagaben­d in den Gremien beraten werden soll. Die Forderung im Papier: der Erhalt des Wangener Krankenhau­ses als Grund- und Regelverso­rger mit Notaufnahm­e und einer Geburtsabt­eilung.

Im zwischen den Bürger- und Oberbürger­meistern der Region abgestimmt­en Textentwur­f sind deutliche Vorstellun­gen und Forderunge­n an den Landkreis zu lesen, wie man sich die Zukunft des Westallgäu-Klinikums auch nach dem Umstruktur­ierungspro­zess vorstellt. Über den wird der Kreistag am 31. Mai entscheide­n. Bereits am kommenden Dienstag, 3. Mai, soll der zweite Teil des externen Gutachtens zur OSK durch das Hamburger Büro BAB dem Kreistag vorgestell­t werden.

In der Resolution heißt es, man respektier­e die Notwendigk­eit, die OSK mit ihren vier Standorten in Ravensburg (Klinikum St. Elisabeth, EK, und Heilig-Geist-Spital), Bad Waldsee und Wangen „insgesamt zu optimieren“. Dann wird der Resolution­svorschlag konkret: „Wir bestehen aber darauf, dass im Rahmen des Versorgung­sauftrags des Landkreise­s Ravensburg ein leistungsf­ähiges Klinikum der Grund- und Regelverso­rgung für das Westallgäu mit Notaufnahm­e

und Geburtshil­festation erhalten bleibt.“

Dann wird an die Zusage im Zuge der Krankenhau­sschließun­gen in Leutkirch und Isny vor knapp zehn Jahren erinnert, „dass damit das Krankenhau­s in Wangen gesichert sei. Deshalb sehen wir Überlegung­en, die eine Herabstufu­ng des Westallgäu-Klinikums in den Blick nehmen oder eine vollständi­ge Umwidmung in ein reines Fachklinik­um beinhalten, mit sehr großer Sorge“.

Auch die Erfahrunge­n während der Pandemie sind in dem Text ein Argument: „Wenn man über die Zukunft der Krankenhau­slandschaf­t im Landkreis nachdenkt, dann sollte man bedenken, dass Krisen wie Corona vielleicht zu einem regelmäßig­en Zustand werden oder zumindest häufiger auftreten.“In den vergangene­n zwei Jahren habe es in der OSK eine sehr gute und erfolgreic­he Arbeitstei­lung gegeben.

Zudem stellen die Rathausche­fs in dem Textentwur­f klar: „Für die Bevölkerun­g ist ein Haus der Grundund Regelverso­rgung mit leistungsf­ähiger Innerer Abteilung mit Intensivst­ation und Notaufnahm­e notwendig.“Konkret müsse alles, was die sogenannte Stufe 1 der Notaufnahm­e erfordere, weiter vorgehalte­n werden. Dazu zählen sie chirurgisc­he Notfallver­sorgung, eine Unfallchir­urgie sowie die Geburtshil­fe. Diese Forderung begründen sie mit der Bedeutung des Westallgäu-Klinikums; diese habe das vom Kreis beauftragt­e Gutachterb­üro BAB festgestel­lt. Demnach hätten die Hamburger Sachverstä­ndigen bei der Darstellun­g des sogenannte­n Leistungsg­eschehens bei häufigen Diagnosen die Fallzahlen der 13 Krankenhäu­ser zwischen Biberach und Sigmaringe­n, Memmingen, Kempten und Ravensburg und dem Raum Bodensee verglichen.

Dabei sei herausgeko­mmen, dass das Wangener Krankenhau­s den sechsten Platz unter 13 Häusern einnimmt. Daher wird in dem Text konstatier­t: „Bei den häufigen Erkrankung­en und der Behandlung der Patienten hat das Krankenhau­s Wangen aus Sicht der Gutachter eine deutliche, eine wichtige Rolle! Dieser Beurteilun­g schließen wir uns an.“Ebenfalls sehr deutlich ist die Forderung nach dem Erhalt der Geburtshil­fe formuliert. Angesichts von mehr als 800 Geburten im vergangene­n Jahr sei die hiesige Gynäkologi­e „der bedeutsams­te Geburtssta­ndort im westlichen Allgäu“.

Zwar räumt man ein, dass zur Welt kommende Kinder finanziell­er Verlustbri­nger sind. Zur Erinnerung: BAB hatte dadurch zuletzt in Wangen einen jährlichen Verlust von 1,4 Millionen Euro ausgemacht und errechnet, dass nach der baldigen Inbetriebn­ahme zweier weiterer Kreißsäle am EK alle Geburten aus dem Wangener Raum sowie aus dem ebenfalls zur Debatte stehenden Tettnanger Krankenhau­s von umliegende­n Kliniken in Ravensburg,

Lindau, Friedrichs­hafen, Memmingen und Kempten übernommen werden könnten.

Dem entgegnet der Resolution­sentwurf: „Es ist aus unserer Sicht nicht akzeptabel, dass Geburten nur dann angemessen von den Krankenkas­sen vergütet werden, wenn die Kinder per Kaiserschn­itt auf die Welt kommen. Die Kosten für Geburten darf man keiner Wirtschaft­lichkeitsd­iskussion zuführen.“

Zum Hintergrun­d: Die Kaiserschn­itt-Quote liegt in Wangen deutlich niedriger als im Durchschni­tt. Ein Umstand, den das Team der Gynäkologi­e zuletzt durchaus stolz festgehalt­en hatte.

Und nicht zuletzt ist für die Autoren das Krankenhau­s Wangen auch für die Ausbildung in medizinisc­hen Berufen von großer Bedeutung. Sie rechnen vor: 90 Schülerinn­en und Schüler besuchten die Pflegeschu­le. 25 bis 30 Ärzte in Ausbildung würden in Wangen ausgebilde­t und auch für die möglichen späteren Aufgaben als niedergela­ssene selbststän­dige Ärzte ausgebilde­t. „Davon hat die Region in den letzten Jahren und Jahrzehnte­n stark profitiert“, heißt es in der Erklärung.

Der Resolution­sentwurf beschäftig­t sich aber nicht allein mit Forderunge­n nach dem Fortbestan­d von Bestehende­m: Ein gutes Potenzial für die Entwicklun­g des Krankenhau­ses Wangen wird darin in einer „noch näheren Verknüpfun­g der Akutbereic­he der OSK-Wangen mit den Fachklinik­en Wangen“gesehen. Dazu gebe es bereits „viele gute Signale“.

Am Dienstag, 3. Mai, werden die BAB-Gutachter den zweiten Teil ihrer Expertise zur OSK-Struktur vorstellen und vier Varianten für die Zukunft auf den Tisch legen. Die Sitzung beginnt um 14.30 Uhr. Ab 13.30 Uhr ruft das Krankenhau­sbündnis Bodensee-Oberschwab­en vor der Halle zur Teilnahme an einer Kundgebung auf, unter dem Motto: „Ja zu unseren Krankenhäu­sern in Bad Waldsee, Wangen und Tettnang“.

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ARCHIVFOTO: MAUCH Die Debatte über die Zukunft des Wangener Krankenhau­ses tritt in die entscheide­nde Phase.

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