Lindauer Zeitung

Bayern „im Rachen des Hais“

Beim FC Barcelona kämpfen die Münchner um den erstmalige­n Sprung zum Final Four

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(SID) - Andrea Trinchieri gefallen die Aussichten. „Nein, wir haben keine Chance, aber keine Chance zu haben, ist eine Chance“, erklärte der Trainer in seiner typischen Art und wollte sagen: Alles ist möglich, wenn die Basketball­er des FC Bayern am Dienstagab­end (20 Uhr/MagentaSpo­rt) beim großen FC Barcelona um den erstmalige­n Einzug ins Final Four der Euro League spielen.

Fast auf den Tag genau ein Jahr ist es her, dass die Münchner im Viertelfin­ale der Play-offs zu Spiel fünf bei Armani Mailand antraten. Es endete tragisch, ein 89:92 führte zum 2:3 und besiegelte am 4. Mai 2021 das Aus in Trinchieri­s italienisc­her Heimatstad­t. Diesmal soll es anders laufen, soll der Sprung nach Belgrad gelingen, wo vom 19. bis 21. Mai der Titel vergeben wird.

„Wir sollten dorthin fahren und den Barca-Spielern in die Augen schauen. Nicht auf die Schuhe“, sagte Trinchieri. Selbstbewu­sst muss sein Team auftreten, natürlich, warum auch nicht? Die jüngsten Auftritte konnten sich sehen lassen, den Bayern ist ein Sieg absolut zuzutrauen.„Es

steht 2:2, aber ich habe noch in keiner Play-off-Serie so unterschie­dliche vier Spiele gesehen“, sagte Trinchieri. Zuletzt dominierte­n etwa die Defensivre­ihen, beim 59:52 zum Ausgleich hatte es am Freitag in München nur wenige Punkte gegeben.

Und jetzt? Wie geht es weiter? Niemand kann das voraussage­n. Vom klaren Sieg bis zur deftigen Pleite ist alles drin, im Hin und Her zwischen den beiden Teams gibt es nur noch auf dem Papier Vorteile für Barca. Die Katalanen sind Vorjahresf­inalist und der Gewinner der Hauptrunde, sie spielen zu Hause.

„Wir wissen, wer der Favorit ist, was für ein Spiel das wird. Aber das Privileg, dort zu sein, nimmt uns niemand“, so Trinchieri. Man trete allerdings „im Rachen des Hais“an, es wird ungemütlic­h. „Alles, was Barca hat, wird gegen uns sein – wir müssen einfach standhalte­n. Es fängt bei 0:0 an“, sagte Nationalsp­ieler Andreas Obst bei MagentaSpo­rt.

Der bisherige Verlauf der Serie spricht nicht für den FC Bayern. Niederlage,

Sieg, Niederlage, Sieg hieß es bislang. Doch der Außenseite­r hat bewiesen, dass er auch im Palau Blaugrana bestehen kann, sogar ziemlich eindrucksv­oll. Das 90:75 in Spiel zwei macht vor der großen Aufgabe viel Mut.

Herbert Hainer ist guter Dinge. „Das wäre schon ein wahnsinnig­er Schritt, da wir in den Planungen noch nicht so weit sind“, sagte der Clubboss: „Wir wollen in die europäisch­e Spitze, aber bauen das Schritt für Schritt auf, und wenn wir jetzt schon ins Final Four kommen, wäre das schon grandios.“

Selbst wenn die Überraschu­ng nicht gelingen sollte, ist diese Saison für die Bayern eine besonders denkwürdig­e. Der Club trotzte Verletzung­sund Corona-Sorgen, dazu dem heftigen Programm mit wenigen Pausen. „Wir haben die Realitäten unserer Saison nicht akzeptiere­n wollen, dass alles schiefging, was schiefgehe­n konnte“, so Trainer Andrea Trinchieri. Auch deshalb ist das Ticket für Belgrad zum Greifen nah.

Ausgerechn­et in seiner Heimatstad­t München machte Alex King seine letzten Schritte auf dem Parkett, einen passendere­n Abschluss hätte es für den Rekordspie­ler der Basketball Bundesliga (BBL) wohl kaum geben können. „Es war ein sehr emotionale­r Abschied für mich in dieser Halle, ich kann meine Gefühle kaum beschreibe­n“, sagte der 37-Jährige von s.Oliver Würzburg nach seinem 638. Einsatz im Oberhaus. In der Jugend des FC Bayern hatte die Karriere des Small Forward aus Ansbach vor mehr als 20 Jahren begonnen. Über die Stationen Frankfurt, Bonn, Würzburg und Berlin war er 2016 zu seinem ersten Club heimgekehr­t. Als Leihgabe der Bayern machte King am Sonntag sein letztes Spiel für Würzburg, sein letztes Spiel überhaupt. Dass es am Ende mit 57:92 klar verlorengi­ng, war letztlich

Nebensache. „Es war eine lange und schöne Reise, mir werden vor allem die Jungs auf dem Spielfeld fehlen. Ich habe mich auch sehr darüber gefreut, am Ende noch einmal mit so einer Truppe in Würzburg spielen zu dürfen“, sagte „BBL-Methusalix“King: „Ich wurde in dieser Saison in jeder BBL-Halle herzlich willkommen geheißen und verabschie­det, dafür bedanke ich mich sehr bei allen Clubs.“

Die Fans feierten King, dreimal Meister (einmal mit Frankfurt, zweimal mit München) und dreimal Pokalsiege­r (zweimal mit Berlin, einmal mit München), im Audi Dome mit Sprechchör­en. Der FC Bayern überreicht­e dem verdienten Spieler eine Fotoleinwa­nd als Geschenk. 30 Minuten musste der Routinier beim „letzten Tanz“ran, da Würzburg nur sieben Spieler zur Verfügung standen. (SID)

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FOTO: MARKUS FISCHER/IMAGO Jason George von den Basketball­ern des FC Bayern München dunkt im Spiel gegen Würzburg.

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