Scholz schickt Baerbock in die Ukraine
Versöhnliches Telefonat zwischen Selenskyj und Steinmeier – Außenministerin reist nach Kiew
- Nach wochenlanger Verstimmung zwischen Berlin und Kiew soll Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) „demnächst“in die Ukraine reisen. Das kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Donnerstagabend in Berlin an. Wenige Stunden zuvor hatte der zunächst in Kiew unerwünschte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ein versöhnliches Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj geführt. „Die Irritationen wurden ausgeräumt“, hieß es aus dem Bundespräsidialamt nach dem dreiviertelstündigen Gespräch. Steinmeier habe seine „Solidarität, Respekt und Unterstützung für den mutigen Kampf des ukrainischen Volkes gegen die russischen Aggressoren“betont.
Das sei eine „gute Sache“, sagte Scholz, der sich zunächst aber nicht zu eventuellen eigenen Reiseplänen äußerte. Der Kanzler hatte in einem Fernsehinterview den Affront gegen den Bundespräsidenten als einen Grund dafür angeführt, dass er nicht nach Kiew reise. Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hatte ihn daraufhin als „beleidigte Leberwurst“bezeichnet.
Nach dem Telefonat erklärte nun jedoch Selenskyj, „die gesamte deutsche Staatsspitze“sei in Kiew herzlich willkommen. Als Erstes wird am 8./9. Mai Bundestagspräsidentin Bärbel Bas zu den Feierlichkeiten am Tag der Befreiung fahren. Dieser Termin war von Kiew als „hochrangiges Zeichen“der Unterstützung gewünscht worden.
Wegen der Absage des geplanten Besuchs Steinmeiers in der Ukraine war das diplomatische Verhältnis zwischen beiden Ländern merklich abgekühlt. Ursprünglich hatte das deutsche Staatsoberhaupt Mitte April nach Kiew reisen wollen. Am Abend vor der Abreise wurde er jedoch von der ukrainischen Seite ohne Begründung ausgeladen. Allgemein wurde die Absage als Kritik an Steinmeiers früherer Tätigkeit als deutscher Außenminister bewertet. Er hatte gemeinsam mit seinen Kollegen aus Frankreich, Russland und der Ukraine im Jahr 2015 das Abkommen von Minsk ausgehandelt, das eine faktische Autonomie der von russischen Söldnern besetzten Gebiete im Donbass vorsah.