Zecken pirschen sich auch in Höhenlagen an
Blut saugende Spinnentiere kommen sogar in Bergregionen vor In welchem Fall eine Impfung ratsam ist
- Diese kleinen Spinnentierchen sorgen vom Frühjahr bis zum Herbst für Ekelalarm: Zecken. Sie haben acht Beine, sind eine Unterart der Milben und nur einige Millimeter groß – wenn sie noch kein Blut gesaugt haben. Ansonsten ähneln sie Mini-Weintrauben, die zum Beispiel an der Kniekehle hängen – und sich gar nicht so einfach lösen lassen. Ekel oder gar Angst tritt bei manchem Menschen auf, weil diese Mini-Blutsauger schwere Krankheiten wie die Lyme-Borreliose oder Frühsommer-Meningo- Enzephalitis (FSME) übertragen können. Gegen das FSME-Virus gibt es eine wirksame Impfung. Aber ist die auch bei den Allgäuern gefragt?
Ja, sagt der Oberallgäuer Hausärztesprecher Dr. Alexander Scharmann aus Sonthofen. 100 bis 200 Impfungen jährlich führt er in seiner Praxis durch. Es gibt eine Erstimpfung, eine Auffrischungsimpfung und einen „Booster“. Diesen Booster sollte man im Allgäu alle drei Jahre wiederholen.
Scharmann vergleicht das Prozedere mit der Impfung gegen Corona: „Die Impfung kann zwar nicht zu 100 Prozent vor einer Infektion schützen, aber sie reduziert das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs erheblich.“Bei einem schweren Verlauf – ohne Impfung – komme es zu einer Entzündung des Gehirns und der Hirnhäute mit schweren und bleibenden Schäden des Nervensystems. Im schlimmsten Falle sei die Krankheit tödlich, sagt der Mediziner.
Laut LGL (Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) werden den Behörden in Bayern jährlich ungefähr 200 Fälle von FSME gemeldet. Laut Landesamt sind inzwischen 92 der 96 Landkreise und kreisfreien Städte FSME-Risikogebiet. Kempten und das Oberallgäu zählen auch dazu.
Sogar in Höhenlagen von über 1000 Metern sind laut LGL Infektionen durch Zeckenbisse festgestellt worden. Waldarbeiter, Landwirte, Pilzsucher – kurzum Menschen, die auf Wiesen und in und an Wäldern unterwegs sind, sollten sich impfen lassen, empfiehlt der Sonthofer Arzt Scharmann.
In seiner Praxis hat er aber noch nie einen Patienten behandeln müssen, der an FSME in Folge eines Zeckenbisses erkrankt war. Behandlungen wegen der Borreliose, die ebenfalls von den Blut saugenden Zecken übertragen werden kann, seien jedoch in seiner Praxis schon mehrfach aufgetreten. Scharmann: „Das Tückische an der Borelliose ist, dass Komplikationen erst Jahre später auftreten können.“
Wenn sich einige Tage nach einem Zeckenbiss um die Bissstelle eine mehrere Zentimeter große Rötung zeigt, „besonders wenn diese mit wandernden Gelenkschwellungen einhergeht, ist eine Infektion mit Borrelien wahrscheinlich“, sagt Alexander Scharmann. Eine Untersuchung des Blutes gebe dabei Gewissheit. Gegen Borreliose seien Antibiotika wirksam (anders als bei der FSME).
Diese sogenannte Lyme-Borreliose „ist die häufigste durch Zecken übertragene Infektion in Europa“, informiert der Versicherungskonzern ARAG. Das Risiko, eine Infektion mit Borrelien zu bekommen, sei zudem um vieles größer als bei der FSME. Aber nicht jede Zecke überträgt krankmachende Bakterien oder Viren. Wer aber eine Zecke an sich entdeckt, beispielsweise nach einem Waldspaziergang, der sollte sie möglichst schnell entfernen.
„Am besten mit einer Zeckenzange oder einem geschlitzten Zeckenhebel aus der Apotheke“, rät der Arzt. Wichtig sei, die Instrumente zwischen Kopf und Beißwerkzeug, also direkt über der Haut, anzusetzen. Drehen sollte man die Zecke dabei nicht, „sondern mit einen Rutsch rausreißen“.
Wer sich das nicht zutraut oder wem das misslingt, der kann Hilfe beim Hausarzt suchen. Scharmann sagt: „Auch die Notfallambulanzen sind mit dem notwendigen Werkzeug ausgestattet.“Es komme regelmäßig vor, dass Ärzte Zecken oder stecken gebliebene Zeckenteile aus der Haut entfernen müssen.