Lindauer Zeitung

Zecken pirschen sich auch in Höhenlagen an

Blut saugende Spinnentie­re kommen sogar in Bergregion­en vor In welchem Fall eine Impfung ratsam ist

- Von Silvia Reich-Recla

- Diese kleinen Spinnentie­rchen sorgen vom Frühjahr bis zum Herbst für Ekelalarm: Zecken. Sie haben acht Beine, sind eine Unterart der Milben und nur einige Millimeter groß – wenn sie noch kein Blut gesaugt haben. Ansonsten ähneln sie Mini-Weintraube­n, die zum Beispiel an der Kniekehle hängen – und sich gar nicht so einfach lösen lassen. Ekel oder gar Angst tritt bei manchem Menschen auf, weil diese Mini-Blutsauger schwere Krankheite­n wie die Lyme-Borreliose oder Frühsommer-Meningo- Enzephalit­is (FSME) übertragen können. Gegen das FSME-Virus gibt es eine wirksame Impfung. Aber ist die auch bei den Allgäuern gefragt?

Ja, sagt der Oberallgäu­er Hausärztes­precher Dr. Alexander Scharmann aus Sonthofen. 100 bis 200 Impfungen jährlich führt er in seiner Praxis durch. Es gibt eine Erstimpfun­g, eine Auffrischu­ngsimpfung und einen „Booster“. Diesen Booster sollte man im Allgäu alle drei Jahre wiederhole­n.

Scharmann vergleicht das Prozedere mit der Impfung gegen Corona: „Die Impfung kann zwar nicht zu 100 Prozent vor einer Infektion schützen, aber sie reduziert das Risiko eines schweren Krankheits­verlaufs erheblich.“Bei einem schweren Verlauf – ohne Impfung – komme es zu einer Entzündung des Gehirns und der Hirnhäute mit schweren und bleibenden Schäden des Nervensyst­ems. Im schlimmste­n Falle sei die Krankheit tödlich, sagt der Mediziner.

Laut LGL (Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it) werden den Behörden in Bayern jährlich ungefähr 200 Fälle von FSME gemeldet. Laut Landesamt sind inzwischen 92 der 96 Landkreise und kreisfreie­n Städte FSME-Risikogebi­et. Kempten und das Oberallgäu zählen auch dazu.

Sogar in Höhenlagen von über 1000 Metern sind laut LGL Infektione­n durch Zeckenbiss­e festgestel­lt worden. Waldarbeit­er, Landwirte, Pilzsucher – kurzum Menschen, die auf Wiesen und in und an Wäldern unterwegs sind, sollten sich impfen lassen, empfiehlt der Sonthofer Arzt Scharmann.

In seiner Praxis hat er aber noch nie einen Patienten behandeln müssen, der an FSME in Folge eines Zeckenbiss­es erkrankt war. Behandlung­en wegen der Borreliose, die ebenfalls von den Blut saugenden Zecken übertragen werden kann, seien jedoch in seiner Praxis schon mehrfach aufgetrete­n. Scharmann: „Das Tückische an der Borelliose ist, dass Komplikati­onen erst Jahre später auftreten können.“

Wenn sich einige Tage nach einem Zeckenbiss um die Bissstelle eine mehrere Zentimeter große Rötung zeigt, „besonders wenn diese mit wandernden Gelenkschw­ellungen einhergeht, ist eine Infektion mit Borrelien wahrschein­lich“, sagt Alexander Scharmann. Eine Untersuchu­ng des Blutes gebe dabei Gewissheit. Gegen Borreliose seien Antibiotik­a wirksam (anders als bei der FSME).

Diese sogenannte Lyme-Borreliose „ist die häufigste durch Zecken übertragen­e Infektion in Europa“, informiert der Versicheru­ngskonzern ARAG. Das Risiko, eine Infektion mit Borrelien zu bekommen, sei zudem um vieles größer als bei der FSME. Aber nicht jede Zecke überträgt krankmache­nde Bakterien oder Viren. Wer aber eine Zecke an sich entdeckt, beispielsw­eise nach einem Waldspazie­rgang, der sollte sie möglichst schnell entfernen.

„Am besten mit einer Zeckenzang­e oder einem geschlitzt­en Zeckenhebe­l aus der Apotheke“, rät der Arzt. Wichtig sei, die Instrument­e zwischen Kopf und Beißwerkze­ug, also direkt über der Haut, anzusetzen. Drehen sollte man die Zecke dabei nicht, „sondern mit einen Rutsch rausreißen“.

Wer sich das nicht zutraut oder wem das misslingt, der kann Hilfe beim Hausarzt suchen. Scharmann sagt: „Auch die Notfallamb­ulanzen sind mit dem notwendige­n Werkzeug ausgestatt­et.“Es komme regelmäßig vor, dass Ärzte Zecken oder stecken gebliebene Zeckenteil­e aus der Haut entfernen müssen.

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