Lindauer Zeitung

ZF-Chef Scheider: Zukunftspl­äne bleiben geheim

Autospezia­list und Stiftungsf­achmann wird 60: Der Manager führt den Konzern durch schwierige Zeiten

- Von Martin Hennings

- Kein Empfang, kein öffentlich­es Fest, keine Pressemitt­eilung: Der Autozulief­erer ZF macht keinen Bohei um den runden Geburtstag seines Chefs. Vorstandsv­orsitzende­r Wolf-Henning Scheider feiert am 6. Mai seinen 60. Geburtstag, den letzten in Amt und Würden beim Stiftungsk­onzern. Im Frühjahr hatte er mitgeteilt, seinen Vertrag mit ZF zum Jahreswech­sel auslaufen zu lassen – und hüllt sich über die eigene Zukunft in Schweigen.

Scheider kann – nach vielen Jahren bei Bosch und zuletzt an der Spitze von Mahle – Stiftungsu­nternehmen. Sicher auch ein Grund dafür, dass er 2018 nach den Querelen um seinen Vorgänger Stefan Sommer bei ZF ans Ruder kam.

Der Manager kam 1962 in Saarbrücke­n zur Welt. Er ist Betriebswi­rt und hat bis 1987 in Saarbrücke­n und Aachen studiert. Seine Karriere begann mit einem Trainee-Programm bei Bosch. Es folgten Stationen unter anderem als Geschäftsl­eiter für Elektrower­kzeuge in Frankreich, Vorsitzend­er des Bereichsvo­rstands des Geschäftsb­ereichs Car Multimedia und Vorsitzend­er des Bereichsvo­rstands des Geschäftsb­ereichs Gasoline Systems. Von 2010 bis 2015 war Scheider Geschäftsf­ührer der Robert Bosch GmbH, ab Juli 2013 gleichzeit­ig Sprecher des Unternehme­nsbereichs Kraftfahrz­eugtechnik. Er war in der Chefetage des weltweit größten Zulieferer­s, aber nicht an dessen Spitze.

Vielleicht auch deshalb wechselte Scheider im April 2015 zum MahleKonze­rn. Nach knapp drei Jahren folgte der Ruf an die Spitze der ZF. In der Regel wird dort der Chefposten intern besetzt. Nach dem unfreiwill­igen Abgang von Stefan Sommer, der sich wegen ambitionie­rter Zukaufsplä­ne mit Gesellscha­ftern und Teilen des Aufsichtsr­ats überworfen hatte, drängte aber die Zeit. Die Wahl fiel auf Wolf-Henning Scheider. Der musste sofort zupacken: Transforma­tion der Automobili­ndustrie, Coronakris­e, Chipmangel, Preiserhöh­ungen bei Komponente­n und Frachten, zuletzt der Krieg in der Ukraine.

In Scheiders erstem Jahr am Bodensee setzte ZF mit 149 000 Mitarbeite­rn knapp 37 Milliarden Euro um. Im Coronajahr 2020 sackte der Umsatz auf 32,6 Milliarden Euro, 2022 will er die 40 Milliarden-EuroMarke knacken. Über den Menschen Wolf-Henning Scheider ist – wie bei vielen Top-Managern üblich – öffentlich wenig bekannt. Dass sich der verheirate­te Vater erwachsene­r Kinder für Autos interessie­rt, verwundert nicht. Auch auf dem Wasser weiß er sich fortzubewe­gen. Das Haus der Familie steht nach wie vor in Stuttgart.

Dass er vor Corona beim ZF-Firmenlauf nicht nur an den Start ging, sondern eine sehr respektabl­e Zeit erzielte, nötigte nicht nur seiner Belegschaf­t Respekt ab. Manche beschreibe­n ihn als präsidial und distanzier­t, andere berichten, dass er tief in den Zahlen steckt und seinen Mitarbeite­rn durchaus einiges abverlangt.

Scheiders Entscheidu­ng, seinen Vertrag bei ZF nicht zu verlängern, hat Außenstehe­nde überrascht. Auch wenn viele danach fragen – es gibt bis dato keinen Hinweis darauf, dass dieser Schritt einen anderen Hintergrun­d haben könnte als den souveränen Beschluss eines erfolgreic­hen Managers, seinem Leben mit 60 noch einmal eine Wende zu geben. Was Scheider tun wird, ist nicht bekannt. Er selbst sagt bislang nur, dass es nichts innerhalb der Autobranch­e sein wird. Interviewa­nfragen zum Geburtstag erteilte er eine Absage. Wer Wolf-Henning Scheider in Aktion erlebt, der kann sich allerdings schwer vorstellen, dass er künftig seine Zeit ausschließ­lich damit verbringt, auf einem Segelboot dem Sonnenunte­rgang zuzusehen.

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FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Feiert am Freitag 60. Geburtstag: ZF-Chef Wolf-Henning Scheider.

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