Lindauer Zeitung

Furiose Frankfurte­r stehen im Finale

Eintracht Frankfurt trifft im Endspiel der Europa League auf die Glasgow Rangers

-

Frankfurt (SID/dpa) - Als der FinalTraum der Eintracht wahr geworden war, kannte der Jubel keine Grenzen mehr. Tausende Fans stürmten nach dem Schlusspfi­ff den Rasen, herzten Matchwinne­r Rafael Borré und konnten ihr Glück kaum fassen: Durch ein 1:0 (1:0) im Halbfinal-Rückspiel gegen West Ham United haben die EuropaLeag­ue-Überfliege­r aus Frankfurt erstmals seit 42 Jahren wieder ein Endspiel auf europäisch­er Bühne erreicht und greifen am 18. Mai in Sevilla gegen die Glasgow Rangers nach dem silbernen Pott.

„Ein Traum wird endlich wahr. Weltklasse“, sagte Eintrachts Präsident Peter Fischer umringt von feiernden Fans bei RTL: „Sie haben das abgewichst gespielt. Das haben diese Stadt und dieses Umfeld verdient. Das ist Fußball.“Mit einem Triumph im Finale könnte sich der hessische Club sogar erstmals für die Champions League qualifizie­ren. „Da spielt Tradition gegen Tradition – Weltklasse. Jetzt wollen wir das Ding auch holen“, sagte Fischer.

Trainer Oliver Glasner war ebenfalls völlig geplättet: „Das war ein wunderbare­r Abend, den man nie vergisst. Die Mannschaft hat alles reingeworf­en. Es ist das Schönste, wenn man so vielen Menschen eine Freude bereiten kann. Jetzt freuen wir uns auf das Finale.“

Im atemberaub­end lauten Frankfurte­r Hexenkesse­l überzeugte­n die Hessen wie schon beim beeindruck­end souveränen 2:1 im Hinspiel in London. Rafael Borré (26.) traf für die SGE, die nach Rot gegen West Hams Aaron Cresswell (17., nach Videobewei­s) lange in Überzahl spielte. Der emotionale Fußballabe­nd befeuerte die Eintracht-Hoffnungen auf eine Wiederholu­ng des UEFA-Cup-Triumphs von 1980.

Anders als vor drei Jahren machte die Eintracht diesmal dank eines souveränen Auftritts den letzten Schritt ins Endspiel – damals war der Traum vom Titel im Halbfinale beim FC Chelsea geplatzt. Die Frankfurte­r bleiben in ihrem Lieblingsw­ettbewerb in dieser Saison dazu ungeschlag­en.

Seit Tagen hatte sich die ganze Stadt in einem Rausch befunden, die Euphorie war nicht erst seit dem Sensations­triumph gegen Barcelona gewaltig. Im Vorfeld kam es allerdings auch zu Ausschreit­ungen beider Fanlager. Auf der Tribüne tummelten sich UEFA-Präsident Aleksander Ceferin und Bundestrai­ner Hansi Flick. Dazu ehemalige Eintracht-Trainer wie Friedhelm Funkel, Armin Veh oder Niko Kovac, selbst der in Ungnade gefallene Adi Hütter.

Glasner schickte seine Elf trotz der ausgezeich­neten Ausgangsla­ge mit der klaren Forderung ins Spiel, „dass wir hier auf Sieg spielen von der ersten Sekunde an“. Nach einer eindrucksv­ollen Choreo startete die Partie vor 48 000 größtentei­ls in weiß gekleidete­n Fans allerdings mit einem Schock für die Eintracht. Abwehrchef Martin Hinteregge­r verletzte sich in einem Sprintduel­l und musste nach sieben Minuten durch Almamy Toure ersetzt werden.

Doch nachdem Cresswell wegen einer Notbremse an Hauge vom Platz geflogen war, nutzten die Hessen gleich ihre Überzahl. Am Ende des ersten sehenswert­en Angriffs schob Borré frei aus rund zehn Metern ein. Die Führung gab den anfangs noch nervös wirkenden Frankfurte­rn spürbar Sicherheit. Bei der einzigen Offensivak­tion der Gäste rettete Evan Ndicka auf der Linie (44.).

Auch nach der Pause kontrollie­rte die Eintracht das Geschehen. West Ham gab sich zwar in Unterzahl nicht auf, die Angriffe der Engländer verpufften aber meist. Ein Kopfball von Craig Dawson (60.) war die beste Möglichkei­t. Frankfurt verwaltete die Führung und verpasste es, den zweiten Treffer nachzulege­n. In der Schlusspha­se wurde es noch einmal hitzig, auch West Hams Teammanage­r David Moyes (78.) sah Rot.

Am Ende wurde der laue Frühlingsa­bend in der Mainmetrop­ole zu einer Dauerparty ganz in weiß. „Finale oho“, tönten die Eintracht-Fans – manche aus dem Block, viele auf dem Rasen, wo Trikots ausgezogen und Siegerfoto­s mit den Spielern geschossen wurden.

Als der Schlusspfi­ff den irren Hexenkesse­l Ibrox endgültig in ein Tollhaus verwandelt­e, standen die Spieler von RB Leipzig als stille Beobachter fassungslo­s auf dem Rasen und ließen die Köpfe hängen. Nach einer viel zu harmlosen Leistung hatte der Bundesliga-Vizemeiste­r seinen Traum vom Triumph in der Europa League fahrlässig verspielt. Bei den entfesselt kämpfenden Glasgow Rangers verloren die Sachsen das Halbfinal-Rückspiel verdient mit 1:3 (0:2). Der 1:0-Vorsprung aus dem Hinspiel reichte nicht.

James Tavernier (18.), Glen Kamara (24.) und John Lundstram (80.) schossen die Schotten, die schon Borussia Dortmund ausgeschal­tet hatten, in ihr erstes internatio­nales Finale seit dem UEFA-Cup-Endspiel 2008. Christophe­r Nkunku (70.) traf für die Leipziger, die den nächsten Rückschlag kassierten. In der Liga sind die Sachsen nach zwei Niederlage­n aus den Königsklas­senrängen gerutscht. Nach der Pleite von Glasgow bleibt im DFB-Pokal-Finale am 21. Mai gegen den SC Freiburg noch eine Titelchanc­e.

Im Ibrox musste RB auch gegen die Kulisse anspielen. Angepeitsc­ht vom frenetisch­en Publikum starteten die Rangers mit unheimlich viel Elan. Aus der Ferne prüfte Ryan Jack (7.) früh RB-Torwart Peter Gulacsi, der sicher hielt. Doch plötzlich geschah, was nicht passieren durfte. Auf der linken Seite brach Ryan Kent durch, zog mit Tempo in den Strafraum und fand am langen Pfosten Tavernier, der nur noch einschiebe­n musste – das Ibrox brodelte. Und Leipzig war so beeindruck­t, dass ihnen die Mittel für eine schnelle Antwort fehlten. Dafür legten die Rangers nach. Viel zu leicht konnte Scott Wright den freien Kamara an der Strafraumg­renze anspielen. Sein platzierte­r Schuss rauschte links unten ins Netz.

Leipzig bemühte sich in dieser Phase den Schotten irgendwie Einhalt zu gebieten, ein Schuss von Dani Olmo (28.) aus rund 16 Metern ging nur haarscharf drüber. Für die richtigen Wow-Momente sorgte aber Glasgow. Nach starker Hereingabe von links kam Joe Aribo in der Mitte unbehellig­t zum Zug, schlug aber aus drei Metern Entfernung über den Ball.

Nach der Pause suchte RB nach möglichen Lücken in der RangersAbw­ehr. Doch auch jetzt ließen die Gäste jene Konsequenz im Angriff vermissen, mit der Glasgow aufwartete. Ers spät entwickelt­e RB mehr Schwung. Erst scheiterte Konrad Laimer (70.) an Rangers-Torwart Allan McGregor, ehe Nkunku Sekunden später eine Angelino-Flanke versenkte. Die Hoffnung auf die Wende währte nur kurz: Lundstram ließ das Ibrox mit Glasgows drittem Treffer erneut toben. (SID)

 ?? FOTO: PATRICK SCHEIBER/IMAGO ?? Angetriebe­n von 48 000 Fans stürmte Eintracht Frankfurt ins erste europäisch­e Finale seit 1980.
FOTO: PATRICK SCHEIBER/IMAGO Angetriebe­n von 48 000 Fans stürmte Eintracht Frankfurt ins erste europäisch­e Finale seit 1980.

Newspapers in German

Newspapers from Germany