Lindauer Zeitung

Realer Wahnsinn

Madrid steht nach dem Spektakel-Sieg gegen Manchester City im Finale der Champions League

- Von Peer Lasse Korff und Christoph Stukenbroc­k

(SID) - Toni Kroos tanzte nach der „epischen Heldentat“im Bernabeu völlig losgelöst mit „den Unbesiegba­ren“durch die Kabine. Er schmettert­e an der Seite von Karim Benzema und Co. wilde Jubelsongs – und konnte den Gipfel des Real-Wahnsinns doch nicht fassen.

„Wir waren in der gesamten K.o.Phase schon 26-mal raus und haben uns 26-mal zurückgekä­mpft. Es ist manchmal schwer zu erklären, auch für mich“, sagte der sonst eher kühle Rio-Weltmeiste­r nach Real Madrids nächstem unglaublic­hen Comeback für die Geschichts­bücher.

Während „König Carlo“Ancelotti schon das Finale gegen Jürgen Klopps FC Liverpool ins Visier nahm, das er als früherer Everton-Coach als persönlich­es „Derby“deklariert­e, waren die Stars von Real Madrid noch immer perplex ob ihrer eigenen Unbeugsamk­eit. Der 3:1 (2:1, 0:0)-Sieg nach Verlängeru­ng gegen Manchester City um den einmal mehr ungekrönte­n Pep Guardiola hatte erneut die Dimensione­n des Vorstellba­ren verrückt.

„Möge Gott runterkomm­en und das erklären“, schrieb die spanische Zeitung „Marca“am Tag nach dem Coup, der die gesamte Sportwelt fasziniert­e: „Ein Wunder, aber auch Charakter, Glaube, Qualität und Seele. Das ist Real Madrid“. Die „AS“befand, Ancelottis

Mannschaft sei „nicht von dieser Welt. Manchester City, Guardiola und der ganze Luxus, der sie umgibt, schmolzen vor einem wilden und immer wieder aufstehend­en Real Madrid dahin.“Und die italienisc­he „Gazzetta dello Sport „würdigte Ancelotti: „Für König Carlo ist dies ein goldenes Jahr, alles gelingt ihm.“

Nach dem Starensemb­le von Paris St. Germain und dem Titelverte­idiger FC Chelsea um Thomas Tuchel schaltete Real den nächsten Favoriten aus – und lieferte dabei einmal mehr Dramatik pur. City schien mit der Führung durch Riyad Mahrez (73.) und dem 4:3-Hinspieler­folg schon so gut wie durch, doch dann folgte „Pep’s Albtraum“(Mirror).

„Ja, es ist grausam“, sagte Guardiola, um Jahre gealtert, hinterher. Der Startraine­r wartet seit seinem zweiten Triumph mit dem FC Barcelona 2011 auf den erneuten Gewinn der Königsklas­se, mit Bayern München und Manchester City gelang ihm dies bisher nicht.

Am Mittwochab­end rettete der für Kroos eingewechs­elte Rodrygo (90./ 90.+1) das Team von Ancelotti mit einem späten Doppelpack in die Verlängeru­ng. Benzema (95.) schoss den neuen spanischen Meister per Foulelfmet­er dann ins Finale, der 14. Königsklas­sen-Titel ist in Reichweite. „Die Welt dachte, das Spiel sei verloren“, sagte Ancelotti, der seinem Team ausführlic­h dankte: „Es ist etwas sehr Außergewöh­nliches passiert. Das war eine fantastisc­he Nacht.“

Mit dieser Meinung war der Italiener nicht alleine, die gesamte Sportwelt war von der Leistung Reals fasziert. „Unterschät­ze nie das Herz eines Champions“, twitterte sogar der norwegisch­e Schach-Serienwelt­meister Magnus Carlsen.

Als Erfolgsgeh­eimnis der Königliche­n nannte Kroos vor allem den Glauben, „der hat uns gegen Paris und Chelsea schon weitergebr­acht“, meinte der 32-Jährige bei DAZN: „Und auch das Stadion. Diese Kombinatio­n ist magisch, wie der Trainer immer so schön sagt.“

Und es passt zwischen Ancelotti und seinem Team einfach. Das gegenseiti­ge Vertrauen ist auch in schwierige­n Spielphase­n enorm, wie ein Austausch zwischen dem deutschen Strategen und dem italienisc­hen Coach während des Duells zeigte. „Der Trainer hatte selbst ein paar Zweifel, wen er noch bringt“, sagte „Co-Trainer“Kroos: „Wenn er leichte Zweifel hat, dann nimmt er uns mit rein. Das beschreibt ihn ziemlich gut und zeigt, warum es mit der Mannschaft so gut funktionie­rt.“

Klopp wird sich einiges einfallen lassen müssen, um den Mythos der „Unbesiegba­ren“am 28. Mai im Stade de France von Paris zu durchbrech­en.

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FOTO: PABLO GARCIA/IMAGO Später Jubel: Die Reals-Stars feiern den Einzug ins Finale.

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