Sieben Haubitzen für Kiew
Verteidigungsministerin Lambrecht kündigt Lieferung moderner Artilleriegeschütze an
- Deutschland liefert weitere schwere Waffen an die Ukraine. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) bestätigte am Freitag am Rande eines Besuchs in der Slowakei, dass die Bundeswehr sieben Panzerhaubitzen 2000 abgeben werde. Zusammen mit einer bereits bekannten Lieferung der Niederlande bekomme die Ukraine damit zwölf Stück dieser schweren Artilleriesysteme. Diese Größenordnung entspreche den ukrainischen Wünschen und „macht Sinn“, sagte Lambrecht.
Die deutschen Waffensysteme sollen demnach aus einer derzeit laufenden Instandsetzung kommen, die ersten bereits binnen weniger Tage. „Sie werden der Bundeswehr nicht weggenommen“, betonte Lambrecht.
Das Artilleriegeschütz gilt als eines der modernsten und schlagkräftigsten der Welt und ähnelt mit seiner Kanone auf einem Kettenfahrzeug einem Panzer. Aufgrund seiner Schnelligkeit und Wendigkeit kann sich das Geschütz nach einem Angriff rasch vor Gegenschlägen in Sicherheit bringen. Die Waffe hat eine Reichweite von bis zu 40 Kilometern, damit steigt womöglich die Wahrscheinlichkeit, dass die Ukrainer auch russisches Gebiet unter Beschuss nehmen. Nach Angaben aus Militärkreisen sind Einsatzeinschränkungen mit der deutschen Lieferung aber nicht verbunden, die auch kaum kontrollierbar wären.
Auf dem Papier verfügt die Bundeswehr über knapp 120 der Panzerhaubitzen 2000, tatsächlich einsatzfähig ist aber allenfalls die Hälfte. Aus Militärkreisen waren deswegen intern auch Bedenken gegen die Abgabe angemeldet worden. Es wurden Bündnisverpflichtungen und die befürchtete Einschränkung der eigenen Kampffähigkeit angeführt.
Geliefert werden soll von Deutschland auch Munition für die Panzerhaubitzen. Es werde „Anfangsmunition“mitgegeben, sagte Generalinspekteur Eberhard Zorn. Zudem werde an einer Vereinbarung mit der Industrie über weitere Lieferungen gesprochen.
Bereits vor einigen Tagen war zudem vereinbart worden, dass die Bundeswehr ukrainische Soldaten in Deutschland an dem Waffensystem schult. „Die Ausbildung geht nächste Woche los“, sagte Lambrecht. In einer ersten Runde sollen rund 20 ukrainische Soldaten in der Artillerieschule in Idar-Oberstein ausgebildet werden. Die Bundeswehr setzt für die Ausbildung 43 Tage an. Wie lange die Ukrainer tatsächlich brauchen, wird auch von deren Vorkenntnissen abhängen. Wann genau und auf welchen Wegen die Panzerhaubitzen dann in die Ukraine geliefert werden, sagte Lambrecht nicht.
Die SPD-Politikerin besuchte am Freitag im ukrainischen Nachbarland Slowakei auch deutsche Soldaten, die mit dem Flugabwehrsystem Patriot zur Verstärkung an die NatoOstflanke verlegt wurden. Dies sei laut Lambrecht ein „ganz wichtiges Zeichen Richtung Putin: Die Nato steht geschlossen zusammen“.
Zur Unterstützung der Ukraine hat Deutschland außerdem die Ausfuhr von Flugabwehrpanzern Gepard erlaubt, von denen der Hersteller KMW noch 50 Stück in den Beständen hat. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Florian Hahn (CSU), ist hinsichtlich der Gepard-Lieferungen ausgesprochen skeptisch. Er sei „überrascht“gewesen, als die Verteidigungsministerin
„von den vielen möglichen Systemen“ausgerechnet dieses ausgewählt habe. Bei den 50 Gepard-Panzern, die bei der Industrie eingelagert sind, gebe es jede Menge „Fragezeichen“in Sachen Ausbildung und „noch mehr Fragezeichen, was die Munition betrifft“. Nennenswerte Bestände gebe es nur im Ausland.
Die Schweiz habe sich mit dem Hinweis auf ihre Neutralität schon geweigert, zu liefern. Und auch bei Brasilien vermutet Hahn kaum Bereitschaft für Kooperation. „Mir ist völlig schleierhaft, wie die Bundesregierung Waffenlieferungen ankündigen kann, ohne sicher zu sein, diese auch realisieren zu können.“
Die Ankündigung Panzerhaubitzen 2000 zu liefern, wertet der CSUPolitiker als „Zeichen dafür, dass die Luft bei den Geparden sehr dünn wird“.
Bei der Entscheidung für den Gepard habe wohl eine entscheidende Rolle gespielt, dass es von der Bevölkerung, aber auch von der SPDMitgliedschaft am ehesten als Verteidigungssystem akzeptiert würde. Man habe dabei in Kauf genommen, dass viele Fragen ungeklärt seien. Während ihres Besuches in der Slowakei bestätigten die deutsche Verteidigungsministerin Lambrecht und ihr slowakischer Kollege Jaroslav Nad auf Nachfrage, dass sie über einen Ringtausch reden. Nad sprach von 30 T72 Panzern, die an die Ukraine abgegeben werden könnten.
Bislang ist auch ein Ringtausch mit Slowenien in Arbeit: Das Land will Kampfpanzer sowjetischer Bauart an die Ukraine abgeben und sollte dafür ursprünglichen Plänen zufolge Schützenpanzer Marder aus Deutschland bekommen. Die Verhandlungen sind aber nach einem Regierungswechsel in Slowenien noch nicht abgeschlossen. Offenbar haben sich die Wünsche der Slowenen inzwischen geändert.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte nach einem Treffen mit dem tschechischen Regierungschef Petr Fiala am Donnerstag zudem einen weiteren Ringtausch an: Tschechien soll demnach schweres Gerät ebenfalls aus sowjetischen Beständen an die ukrainischen Truppen abgeben. Im Gegenzug könne Deutschland Tschechien mit Waffen beliefern.